Der neue Berater des Davis-Cup-Teams: Totale Präsenz
Der 75-jährige Niki Pilic leitet wieder das deutsche Davis-Cup-Team – akribisch und diszipliniert. Den Franzosen gibt schon seine Anwesenheit zu denken.
Nahezu regungslos saß er auf der kleinen Tribüne des Fernsehstudios. Gemeinsam mit dem neuen Chef des deutschen Davis-Cup-Teams, Michael Kohlmann, und den Spielern Kohlschreiber und Begemann war Niki Pilic Gast der Sendung „Heimspiel“ des Hessischen Rundfunks, und es sah so aus, als interessiere ihn das zuerst abgehandelte Thema Fußball eher weniger.
Aber als dann Philipp Kohlschreiber an die Reihe kam und der gefragt wurde, ob er diesmal am Wochenende für alle Spiele gegen Frankreich zur Verfügung stehe, da kam Pilic dem Augsburger zuvor, hob den Zeigefinger und sagte: „Egal, was passiert – er muss alle spielen.“
Es war gewissermaßen der Moment, in dem der neue Berater öffentlich zu erkennen gab, was er vom Eklat vor einem Jahr hielt, als sich weder Kohlschreiber noch Tommy Haas zum Unmut des Frankfurter Publikums in der Lage gesehen hatten, zur letzten (bedeutungslosen) Begegnung der Partie gegen Spanien noch anzutreten.
Pilic’ Zeigefinger dokumentierte: Das wird es nicht wieder geben. Die Ereignisse von vor einem Jahr waren der Ausgangspunkt einer unschönen Entwicklung. Am Ende verlor der damalige Teamchef Carsten Arriens seinen Job, Kohlschreiber kehrte in die Mannschaft zurück, Assistent Kohlmann stieg zum Chef auf. Und Niki Pilic kehrte zurück.
Eine Erfolgsgeschichte
Es gibt keinen in der Welt des Tennis, der als Coach, Kapitän, Teamchef oder Berater mehr Trophäen und Erfolge im Davis Cup gesammelt hat als der inzwischen 75 Jahre alte Kroate. Dreimal gewann er mit und für Deutschland – 1988, 89 und 93 – einmal für Kroatien (2005) und zuletzt für Serbien (2010).
Als er damals inmitten des Freudentaumels in Belgrad gefragt wurde, ob es das nun gewesen sei oder er sich einen weiteren Auftritt vorstellen könne, da hatte er gesagt: mal sehen.
Als er im vergangenen Jahr mit seiner Frau von München zurück nach Kroatien gezogen war, hatte er mit dem großen Tennis abgeschlossen. Es ging ihm seither gut im Seebad Opatija. Er fand es schön, endlich Zeit zu haben für Oper und Theater.
Ein Kompliment
Dann klingelte Mitte Februar das Telefon, in der Leitung war der Sportdirektor des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Klaus Eberhard, und der fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, noch einmal einer deutschen Mannschaft im Davis Cup zu helfen.
Musste er lange nachdenken? „Nein“, sagt Pilic, „es ging sehr schnell. Ich habe sofort reagiert, weil das ein Kompliment für mich ist. Die Leute haben nicht vergessen, dass ich 15 Jahre lang einen guten Job gemacht habe.“
Nun gehört er also wieder dazu; manches ist so wie früher, manches ist anders. Nach wie vor kümmert er sich akribisch um jedes Detail; Genauigkeit, Pünktlichkeit und Disziplin sind Attribute, die ihm einst den Spitznamen „der Preuße vom Balkan“ eingebracht haben.
Aber er steht nicht mehr auf dem Platz, sondern eher am Rande desselben. Beim Training sieht er von draußen zu, wenn Kohlmann dieser Tage mit der Mannschaft arbeitet, zu der neben Philipp Kohlschreiber und Doppelfachmann Andre Begemann auch Benjamin Becker und Jan-Lennard Struff gehören.
Alles für die Mannschaft
Auch bei den offiziellen Auftritten lässt er Kohlmann den Vortritt, aber das ändert nichts an seiner alten, über Jahrzehnte genährten Maxime, die da lautet: Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Mannschaft meine ist, dann mache ich alles für diese Mannschaft.
Er ist als Erster in der Halle und geht als Letzter, er führt sich auch jedes Training der Gäste zu Gemüte, und allein seine Anwesenheit gibt den Franzosen ein wenig zu denken; sie können sich ziemlich gut daran erinnern, welchen Beitrag Pilic vor fünf Jahren in Belgrad im Finale der Serben gegen Frankreich leistete.
Pilic sagt: „Solange du Freude an deiner Arbeit hast, dann ist alles kein Problem.“ Man kann davon ausgehen, dass er auch ohne Brille aus der zweiten Reihe Dinge bemerken wird, die andere nicht sehen. Er beherrsche die Kunst, sich nicht in den Vordergrund zu drängen, aber total präsent zu sein, meinte ein kenntnisreicher Beobachter dieser Tage. Und wenn es wichtig wird, macht er sich auch ohne erhobenen Zeigefinger bemerkbar.
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