Der Sommer kann kommen: Endlich wieder Partyhauptstadt
In Berlins Clubs darf wieder getanzt werden – wenn auch nur bis Mitternacht. Ob sich damit illegale Raves in Parks erübrigen, wird sich zeigen.
Ab heute wird Berlin endlich wieder wirklich Berlin sein: Es darf getanzt werden! Bis zu 250 Menschen dürfen auf freien Flächen zusammenkommen und tanzen, wie der Senat am Dienstag verkündet hat. Sie müssen sich vorher testen lassen oder vollständig geimpft sein. Das Tragen von OP-Masken beim Tanzen ist verpflichtend.
Die Clubcommission hat das Aufheben des Tanzverbotes schon seit Wochen gefordert. Kultursenator Klaus Lederer hatte sich ebenfalls dafür stark gemacht. Pamela Schobeß, Vorstandsvorsitzende der Clubcommission, äußert sich so zu der nun gefallenen Entscheidung: „Wir haben nicht verstanden, warum es nicht schon früher möglich war, wieder tanzen zu dürfen. Die Übertragungsrisiken draußen sind schließlich total gering, im Freien gibt es keine Superspreaderevents. Um so froher sind wir darüber, dass Tanzen nun wieder möglich ist.“ Endlich könnten die Partyläden wieder das machen, worin ihre Kernkompetenz liegt: „Das sind ja schließlich Clubs und keine Biergärten.“
Und somit könnte Berlin, man traut sich kaum es auszusprechen, tatsächlich ein echtes Partywochenende bevorstehen. Das Birgit&Bier etwa lädt gleich zu „4 Tage Open-Air-Party“. Im Sisyphos darf man „Antanzen“, das About Blank öffnet seinen Sektgarten wieder und im Ritter Butzke greift man gleich in die Vollen: Am Freitag legt Star-DJ Oliver Koletzki auf, einen Tag danach Monika Kruse. Und zu deren Musik darf man tatsächlich nicht nur auf dem Sitzplatz ein wenig mit den Beinen wippen, sondern regelrecht ausflippen, falls einem danach sein sollte.
Diverse Streitereien und Ärgernisse der letzten Wochen dürften damit erst einmal abflauen. Im Treptower Park etwa gab es angemeldete Tanzdemonstrationen, gegen die argumentiert wurde: Fänden diese in der Nähe des Sowjetischen Ehrenmals im Park statt, sei das pietätlos. Schließlich sei dies auch die Grabstätte gefallener Soldaten. Und den Grünflächen würde die Tanzerei bei den Demos auch schaden. Wenn nun aber wieder auf den Freiflächen der Clubs problemlos getanzt werden darf, wird das Interesse, derartige Demos anzumelden, sicherlich schnell sinken.
Danach doch noch in den Park?
Bleibt die Frage, ob die Tanzerlaubnis zu einem Rückgang der illegalen Partys in der Hasenheide führen wird. Spätestens um Mitternacht ist auf den Freiflächen der Clubs wegen Lärmschutz Schluss mit dem Spaß. Danach will man vielleicht erst recht noch weiter etwas erleben und zieht deswegen auf der Suche nach noch mehr Vergnügen durch die Parks.
Weitere Möglichkeiten, endlich wieder Partys feiern zu können, sollen auch extra bereitgestellte Freiflächen im Rahmen der von Kulturverwaltung und Clubcommission organisierten „Draußenstadt“ bieten. Hier jedoch brauche es noch etwas Vorbereitung, so Schobeß. Sie hofft, dass ab Anfang Juli im Rahmen der Draußenstadt getanzt werden kann.
Die gerade noch kursierten Meldungen, dass – Ätsch! Bätsch! – in Brandenburg die Clubs auch indoor wieder geöffnet werden dürfen, anders als in der eigentlichen Partyhauptstadt, haben sich übrigens schnell wieder relativiert. „Nicht mehr als ein Gast pro zehn Quadratmeter begehbarer Fläche“ sei in den Clubs erlaubt, steht in den Anweisungen zu den möglichen Cluböffnungen in Brandenburg.Hat ein Club also 250 Quadratmeter dieser Fläche, wären 25 Gäste erlaubt. Abstände müssten außerdem eingehalten werden. Das würde sicher zu den denkbar traurigsten Partys führen. Abgesehen davon, dass das rein wirtschaftlich niemals tragbar wäre. Schobeß sagt: „So etwas macht überhaupt keinen Sinn. Unter solchen Bedingungen wollen wir indoor gar nicht öffnen.“
Wenn schon, dann also richtig. Erste Modellprojekte zum Neustart in den Clubs soll es schon bald geben, sagt sie. Denn auch der schönste Sommer ist schneller vorbei, als man denkt. Und noch einen Winter ohne Tanzen ist einfach nicht vorstellbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier