piwik no script img

Der Schlichterspruch zu "Stuttgart 21""Geißler fehlte der Mut"

Geißler habe nicht alles ausgereizt, ist sich der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Werner Wölfle, sicher. Jetzt wird es auf den Stresstest für "Stuttgart 21" ankommen.

"Richtig schlecht finde ich, dass Geißler für sich selbst nicht den Weg gesehen hat, die Bürger zu befragen." Bild: dpa
Nadine Michel
Interview von Nadine Michel

taz: Herr Wölfle, der Schlichterspruch blieb unter Ihren Erwartungen. Wie bewerten Sie ihn?

Werner Wölfle: Man kann jetzt sagen, das Glas ist halb voll oder das Glas ist halb leer. Wenn wir aber die Bahn nötigen, diese Verbesserungen durchzuführen, und wenn die Bahn den Stresstest nicht besteht, dann haben wir zumindest für die Bahnkunden einiges erreicht.

Zufrieden sind Sie trotzdem nicht, oder?

Im Interview: 

Werner Wölfle, 55 Jahre, ist verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. In der Schlichtung saß er für das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 mit am Tisch.

Nein. Richtig schlecht finde ich, dass Geißler für sich selbst nicht den Weg gesehen hat, die Bürger zu befragen. Nach so einer unglaublichen Informationsmenge wären die Leute in der Lage gewesen, das zu beurteilen. Zumindest haben wir aber bewiesen, zu was eine Bürgerbewegung imstande ist.

Geißler hat sich mit der Begründung der S-21-Befürworter gegen Ihr Konzept entschieden.

Er hat die Verbesserung des Kopfbahnhofs nur mit Blick auf die Planungsdauer ausgeschlossen. Aber es stimmt, das war die schwächste Passage des Schlichterspruchs. Da hat Geißler abgeschrieben. Jeder, der zugucken konnte, hat erkannt, dass das der O-Ton der Befürworter war. Letztlich fehlte wohl der Mut. Da spürte man die CDU-Wurzeln von Geißler.

Er hat dem Alternativkonzept eine Absage erteilt.

Nein, das hat er nicht gemacht.

Aber er hat sich deutlich für S 21 ausgesprochen?

Ja - mit den Verbesserungen. Das habe ich nicht anders erwartet. Geißler hätte es anders gemacht und anders gewollt, wenn er einen größeren Korridor an Möglichkeiten gehabt hätte.

Wie viel Hoffnung legen Sie jetzt in den Stresstest und dass dann mit gegebenenfalls notwendigen Verbesserungen die Kosten steigen?

Es gibt in der Bahn noch ein paar Mitarbeiter, die ernsthaft an die Bahnkunden denken, und wir werden mit unseren Experten diesen Stresstest kontrollieren. Die Bahn wird die notwendigen Verbesserungen als Wünsche der Landesregierung präsentieren und so wie sich Ministerpräsident Mappus an das Projekt kettet, dann auch bekommen.

Sie gehen davon aus, dass die Landesregierung mehr Geld für das Projekt bezahlen wird?

Da werden wir jetzt noch einmal alles dafür tun, dass diese Landesregierung erst mal nichts mehr zahlt. Das wäre für uns dann der ideale Punkt, rechtlich die Bevölkerung doch noch fragen zu können: Wollt ihr dieses Projekt oder nicht.

INTERVIEW: NADINE MICHEL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • G
    gernot

    Zu Josef Riga:

    Wir haben schon eine wunderbare Kultur und die dazu passenden Repräsentanten:

    Recht hat, wer am wenigsten nachdenkt und am schnellsten anfängt Fakten zu schaffen.

  • G
    gernot

    Zu Bakuninist:

    Kapitel 1: Herr M befindet sich in bester Gesellschaft mit einem Herrn Dr.K.A, von der C-Partei, der von Abgrund von Landesverrat geschwafelt hat, als Journalisten vor Jahren Mängel der Bundeswehr aufdeckten.

    Kapitel 2, 3, 4. Herr G war zeitlebens einer der effektivsten Arbeiter für die Durchsetzung der C-Partei-Interressen, er hat erkannt, dass beim Volk/Stimmvieh nicht auffällt, wer unter dem Schafspalz agiert.

    Auffällig ist, dass Herr G. nur die Vorbehalte der S21-Gegner aufgenommen hat, die mit einfachsten intellektuellen Mitteln zu erfassen sind: Z.B. b

    Brandschutz, Rampen für Behinderte, (Mängel, die bei einem späteren Unfall auffallen und an die man sich erinnert), offensichtlich deutliche Zweifel an der Leistungsfähigkeit.

    Ob dies der -von Herrn G angenommenen- beschränkten Erkenntnisfähigkeit des Publikums oder vieleicht doch einem beschränkten Verständnis für komplexere technische Zusammenhänge eines 80-jährigen Juristenhirns geschuldet ist? Man erinnere sich daran, wie von der DB vorgeführt wurde wie man die Kreisfläche berechnet und wie stolz H. G. darauf war, damit einen faßbare Erkenntnis präsentieren zu können und wie stolz Herr G. dabei seine guten Mathematiknoten beim Abitur gerühmt hat!!!

  • R
    Rico

    Heiner Geißler betonte und mahnte während der "Schlichtungsrunden" immer wieder: " Die Fakten müssen für die Menschen da draußen einfach und verständlich vorgetragen werden." Die Bevölkerung soll im Sinne des Philosophen Immanuel Kant selbständig denken und erkennen können.

    Dies hat Geißler souverän und unterhaltsam ermöglicht.

     

    Klasse, Heiner!!

     

    Preisfrage: Und jetzt?? Herr Geißler, Sie haben den richtigen Weg eingeschlagen, das tun nur wenige Politiker.Doch leider gehen auch Sie ihn nicht zu Ende. -Das widerum tun sehr viele Politiker.

    Selbst mit respektablen 80 Jahren, fehlt Ihnen der Mut, sich öffentlich für einen Volksentscheid auszusprechen, nachdem DIESES-jene Volk zuvor mit Ihrer Unterstützung hervorragend aufgeklärt wurde.

     

    Ein Satz zum Schluß: In diesen Wochen hört man ständig von der "Dagegen-Partei"-die Grünen, die bekanntlich FÜR ein effizientes, und selbst inklusive Ausstiegskosten aus S21, bedeutend wirtschaftlicheres Projekt kämpfen.

     

    Die tatsächliche "Dagegen-Partei" sind eigentich Zwei an der Zahl, ihre Farben passen zu den Fässern deren Müll unsere Welt noch nach tausenden Jahren zerstören kann, von welcher ausgedienten Form der Energiegewinnung ich rede, kann sich jeder denken.

     

    Schwarz-Gelb ist gegen jede Vernunft, gegen die Abschaltung der ersten bereits fälligen AKW´s, gegen echte Demokratie.

     

    Scwarz-Gelb hat ausgedient- sowohl die beiden Parteien, als auch die Atomkraft.

  • MN
    Mein Name

    Herr Wölfle ist schon ein geiler Wählerverarscher: Statt acht gibt es jetzt zehn Gleise. Gleichzeitig, das erfährt man im letzten Abschnitt des Interviews, sorgt Herr Wölfle dafür, daß es nicht teurer wird. Wähler verarschen macht Spaß. Herr Mappus und Herr Wölfle passen wunderbar zusammen. Wenn es etwas Blöderes als den gemeinen CDU-Wähler gibt, dann sind das die Wählerschaft der Grünen und die taz. Nichtsdestoweniger bin ich der taz dankbar. Ich weiß jetzt wieder, weshalb ich nicht zur Wahl gehe.

  • BI
    Beobachter IV

    Heiner Geißler wird niemals mehr als Schlichter fungieren können, weil ihm keine Bürger-Protest-Bewegung mehr vertrauen wird. Eine Dreier-Schlichtungskommission wäre wohl die bessere Lösung gewesen.

    Ob die Demokratisierung ähnlicher Projekte befördert werden wird, ob die Politik tatsächlich etwas gelernt hat, wird sich noch erweisen. Ich bin da sehr skeptisch !

  • JR
    Josef Riga

    S 21 und K 21 sind beide möglich. Stimmt doch so! Leider ist aber für K 21 die Zeit, bzw. der Zug bereits weit abgefahren. Man ist zu spät massiv geworden. Leider!

    Ich kann nur hoffen, dass die DB das 9./10. Gleis bauen muss, denn dqann erst wird S 21 ein guter Bahnhof, betriebstechnisch gesehen. Dass er für die Reisenden eine zumutung bleibt, ist aUCH KLAR: aber das ist nun mal der Zug der Zeit, immer schneller, gewinnmaximiert für Anleger, fatal für Alte, Behinderte, schwache. Die können sehen wo sie bleiben in der schönen neuen "rafaello-weißen" Bahnwelt des Herrn Kefer (Rafaello, die mit dem roten ICE-Bändchen).

  • B
    Bakuninist

    Also nur noch mal um das Ganze zu rekapitulieren:

     

    Kapitel 1.: Ein gewisser Politiker M., der einer bestimmten Partei angehört- nennen wir sie einfach C-Partei- sorgt dafür, dass ein höchst umstrittenes Bauprojekt, trotz massiver Bürgerproteste, mit brachialer Polizeigewalt durchgeprügelt wird.

     

    Kapitel 2.: Nachdem das "Volk" (auch als Stimmvieh bekannt) die "Auseinandersetzung" mit der Exekutiven verloren hat, willigt es ein, einen "Schlichter"* einzusetzen. Dieser "Schlichter"* ist ebenfalls ein Politiker, sein Name ist G. Besagter G. ist schon jahrzehntelang Mitglied einer gewissen c.-Partei.

     

    Kapitel 3. Der "Schlichter"* führt wochenlange Gespräche und stellt sich dann -unglaublicherweise von einigen nicht erwartet- auf die Seite des Politikers M. der, -dies ist aber natürlich nur ein Zufall-, zur selben Partei gehört wie G. ÜBERRASCHUNG!

     

    Kapitel 4.: die Kritiker - und z.T. blinden Opfer des umstrittenen Bauprojekts wundern sich anschließend akut darüber, dass der "Schlichter"* G. im Sinne der neoliberalen, sozialdarwinistischen und reaktionären Partei entscheidet, der er angehört.

     

    Alles klar, nächstes Mal wenn ich eine Auseinandersetzung mit meinem Fleischer über die Vorteile des Vegetarismus habe, plädiere ich dafür, seinen Fleischerkollegen aus der Schlachterei nebenan, als Mediator einzusetzen. Der hilft mir ganz sicher!

     

    L'État a besoin de toi. Tu n' as pas besoin de l'État!

     

    * Ich dachte immer das zum "schlichten", zwei Parteien gehören, die sich beide in irgendeiner Art und Weise falsch verhalten haben. Mir ist nur immer noch nicht ganz klar, worin das konkrete Fehlverhalten der wrklich zahlreichen Opfer des Gewaltmonopols bestand.

  • M
    Michael

    Es gibt einen Ausdruck für jemanden wie Herrn Wölfle:

    Schlechter Verlierer

  • Y
    yotago

    Sich auf die Schlichtung einzulassen war von den S21 Gegner ein grober strategische Fehler. Sie wurden über den Tisch gezogen. Mappus und Kefer lachen sich ins Fäustchen, in der Tasche einen Freifahrschein, wenn die Kosten weiter steigen. Den steigenden Kosten liegt ja der Wille der Gegner zugrunde. Meine Frau fährt jeden Tag 80km mit der Bahn zur Arbeit. Heute war bei zwei Wagen die Heizung ausgefallen (-10°C). Ständig sind Außentüren uns Zwischentüren defekt. Oft Verspätungen. Die Wartung in den Nahverkehrszügen ist noch schlechter als beim ICE! Für den geplanten Börsengang wird das Geld dagegen für uneffektive Prestigeobjekte verpulvert.

  • V
    vicxer

    Von nix eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung.

    Diplom Sozialarbeiter eben, genau die unproduktiven Typen, von denen dieses schöne Land seit 20 Jahren überschwemmt wird. Ein Desaster.

  • HJ
    H. Jeschke

    Herr Wölfle, akzetieren Sie doch einfach einmal eine weitere Niederlage und unterlassen Sie öffentlich polemische Unterstellungen ("...es gibt in der Bahn noch ein paar Mitarbeiter, die ernsthaft an die Bahnkunden denken...". Sie können (leider) Ihren Protest auch weiterhin verbissen fortsetzen - DER BAHNHOF SOLL NUN ENDLICH GEBAUT WERDEN!