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Der Protestsong im 21. JahrhundertAlles könnte anders sein

„Libertatia“ ist der Titelsong des neuen Albums von Ja, Panik. Im Internet ist er bereits ein Hit. Was das Lied so besonders macht.

Tabelle: youtube.com / ja, panik

Mit dem Titelsong ihres letzten Albums „DMD KIU LIT“ hatte die österreichisch-berliner Band Ja, Panik 2011 den besten Über-13-Minuten-Song der letzten Jahre hingelegt – klar vor Bob Dylan („Tempest“) und sogar noch vor Neil Young („Walk Like a Giant“). Das nur, damit die Güteklasse schon mal klar ist.

Was macht den Song so großartig? Man kann in ihn eintauchen wie in eine US-Fernsehserie, fühlt sich individuell und politisch angesprochen, integriert, inspiriert, verstört, unterhalten und aufgehoben in seiner Melancholie. Und am Ende geht man mit dem Gefühl raus: Das kann es noch nicht gewesen sein.

Und nun ist „Libertatia“ da, Titelsong ihres nächste Woche erscheinenden neuen Albums. Sein Video wird im Netz wie verrückt geklickt. Die Musik verhält sich zu „DMD KIU LIT“ wie „You’re the Best Thing“ von Style Council zu „Going Underground“ von Paul Wellers Vorgängerband The Jam. Also Groovy-Pop statt Sinister-Rock.

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Die erste Songzeile lautet: „Ich wünsch’ mich dahin zurück, wo’s nach vorne geht“. Das ist smart. Und bringt den kulturell-mentalen Irrealismus von traditionell-larmoyanten Grünen- und SPD-Milieus genauso auf den Punkt wie ihre Unfähigkeit einzusehen, dass uns in einer komplizierten Welt plötzlich das reparieren kann, was uns grade noch zerstört hat.

Und weiter: „Wo wir nicht sind, woll’n wir nicht hin“. Das ist nicht defätistisch, denn jetzt kommt der Refrain: „Wo wir sind, ist immer Libertatia“. Wobei Libertatia eben nicht ein utopisch-fernes Sozialparadies meint, sondern zum einen ein von anachronistischem Nationalverständnis („Dieses Land hier ist es nicht“) emanzipiertes Europa. Zum anderen ein von Anachronismen des 20. Jahrhunderts befreites Denken. Also die Grundlage für individuelle und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit.

Insofern markiert „Libertatia“ nicht das Ende des Protestsongs, sondern seine Ankunft im 21. Jahrhundert. Es geht nicht um die gute alte Anklage der Schweine und schon gar nicht um selbstgefälligen Aufruf zur Weltrevolution. Ja, Panik sind in ihrem Ansatz eher beim Philosophen Harald Welzer und das übrigens auch in der lässigen Herangehensweise: Alles könnte anders sein. Es geht jetzt darum, realistisch zu sein und das Unmögliche zu wagen: Widerstand neu zu denken. Und sich erstmal bei sich selbst einzumischen. „Libertatia“ ist der Leitartikel des Jahres.

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2 Kommentare

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  • Naja, schon hart für so eine junge Band. Von Unfried in den Himmel gehoben zu werden und mit dem Label "gut für das Seelenheil rot- grüner Lageristen" sowie einem Verweis auf Harald Welzer getaggt zu werden....

    Nicht zu beneiden.

    Aber bissl sind die auch selbst schuld. Etwas weniger Geschwurbel bei den Texten täte gut. Schließlich, wollen die den nur von Gymnasiasten gehört werden?

    Da lobe ich mir doch die die gute alte englische Schule des aufgeklärten proletarischen Rocksongs.

    Mit Songs wie etwa Pulps "Common People" etwa erreicht man doch ganz andere Hörerschaften. Immerhin erwähnen die ja auf ihrer Homepage auch sowas wie Klassenbewusstsein.

    Das täte wirklich mal wieder Not. Was Unfried wohl davon hält?

  • Immer dieses elitäre Französisch in den Liedern (Ist das überhaupt Französisch?) Ich kann kein Französisch! Und - Protest! - mit einem Gummi-Handschuh die Haare gewaschen zu bekommen ist 1. unglaubwürdig und 2. fühlt es sich scheiße an, weil es ziept.