Der Privatkredit des Bundespräsidenten: Union über Wulff verärgert
In Unionskreisen wächst der Unmut über Christian Wulff. CDU-Politiker Peter Altmaier forderte, den von Wulff angekündigten Fragenkatalog nun auch wirklich zu veröffentlichen.
BERLIN dpa | In der Union wächst der Unmut über Bundespräsident Christian Wulff und seinen Umgang mit der Kredit- und Medienaffäre. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, kritisierte Wulffs Rückzieher bei der ursprünglich angekündigten Veröffentlichung aller Fragen und Antworten zur Affäre. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb Altmaier: "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt."
Im Hamburger Abendblatt erklärte Altmaier: "Ich hielte es für unglücklich, wenn der Eindruck entstünde, dass die Anwälte des Bundespräsidenten jetzt hinter dem zurückbleiben, was er selbst in einem Fernsehinterview angekündigt hat."
Wulff hatte vor einer Woche im Interview von ARD und ZDF angekündigt: "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Details zu diesen Abläufen sehen und bewertet sehen, auch rechtlich." Seine Anwälte legten am folgenden Tag aber nur eine sechsseitige Zusammenfassung zur Kreditfinanzierung seines Hauses und zu diversen Urlaubsreisen vor.
In der Union gibt es nach Darstellung aus Fraktionskreisen wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement im Bundespräsidialamt. Mit der Weigerung, die Details zu veröffentlichen, ziehe sich die Affäre weiter hin. Damit schade sich Wulff nicht nur selbst, sondern auf Dauer der gesamten Union. Wenn der Präsident per Interview neue Transparenz ankündige, müsse er dies auch umsetzen.
Das Amt "strapaziert"
In den Kreisen wurde die Lage Wulffs nach wie vor als kritisch eingeschätzt. Auch in der niedersächsischen CDU seien wegen des dort drohenden Untersuchungsausschusses deutliche Absetzbewegungen zu spüren. Die Vorwürfe müssten komplett aufgeklärt werden, sonst werde die Affäre weitergehen.
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der als möglicher Nachfolger Wulffs genannt wurde, meldete sich in der Affäre zu Wort "Die wochenlange Auseinandersetzung hat sicherlich nicht nur den Amtsinhaber persönlich strapaziert, sondern leider wohl auch das Amt. Und über diesen Effekt kann niemand glücklich sein", sagte Lammert dem Hamburger Magazin Stern. Die Situation sei "nicht banal", allerdings auch "keine Staatskrise".
Ambitionen auf das höchste Staatsamt habe er nicht. Er habe schon 2009 nicht Bundespräsident werden wollen, sagte Lammert. "Ich will es auch jetzt nicht und bin froh, dass sich die Frage gar nicht stellt."
Im Fall eines Wulff-Rücktritts wäre der frühere DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck nach einer Forsa-Umfrage Favorit der Bürger für die Wahl des Nachfolgers durch die Bundesversammlung. Er bekam in der Erhebung für den "Stern" weit mehr Zustimmung (31 Prozent) als andere, etwa Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf Platz zwei (11 Prozent). Gauck war Wulff 2010 als Kandidat von Rot-Grün unterlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins