Der Ökodiktator – § 9: Verbot aller Weihnachtsbeleuchtung
Die weise Regierung der Klimarepublik kümmert sich um ihre Bürger. Ihr Auftrag: Unheil vom Volk abwenden. Ihr Mittel: verbieten.
Die weise und wohlmeinende Regierung der ersten Klimarepublik des Planeten verkündet folgenden Erlass: Mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 ist auf dem Gebiet der Klimarepublik Deutschland die Weihnachtsbeleuchtung verboten. Das umfasst Lichterketten ebenso wie Schwippbögen, beleuchtete Rentierschlitten und jede weitere Form elektrisch betriebenen Festschmucks.
Begründung: Deutschland verbraucht in der Weihnachtssaison so viel Strom für Lichterzauber wie die Stadt Braunschweig im ganzen Jahr. Das hat das klimarepublikanische Marktforschungsinstitut YouGov in Zusammenarbeit mit der staatseigenen Stromversorgerin LichtBlick ermittelt. Da es aber für die weise Klimaregierung nach reiflicher Überlegung nicht infrage kommt, die Stadt Braunschweig zu verbieten, ist es stattdessen ab sofort untersagt, weihnachtlich zu leuchten.
Durchführungsbestimmung: In den kommunalen Annahmestellen für klimaschädliche Güter, an denen auch die bereits verbotenen Plastikverpackungen, Skiausrüstungen, Heizstrahler und Rinder abgegeben werden können, ist eine zusätzliche Deponie für den christlich-heidnischen Lampensalat eingerichtet worden.
Jedem Haushalt wird in der Adventszeit eine wöchentliche Licht-Ration im Umfang von einer Kerze zugeteilt. Lichterketten für Christbäume fallen ohnehin weg, da das Schlagen von Nadelbäumen für das Wohnzimmer klimamoralisch obszön ist. Bürger*innen der Klimarepublik werden sich zukünftig am 24. Dezember mit ihren Familien im Wald um eine lebendige Tanne versammeln und – befreit von Lichtverschmutzung – die Dunkelheit genießen.
Zuwiderhandlungen: Wer in der eigenen Nachbarschaft ein Leuchten, Blinken oder gleichförmiges Glitzern wahrnimmt, hat die Klimabürgerpflicht, dies zu melden. Die Klimagehorsamsbehörde (KGB) nimmt alle Hinweise ernst. Wer sich der elektrischen Leuchterei schuldig gemacht hat, verliert den Anspruch auf Weihnachtstofu und hat einen Aufsatz über die Bedeutung der Zeile „tragt in die Welt nun EIN Licht“ zu verfassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner