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Illustration: Manuel Fazzini

„Der Nachwendekindertalk“ Vom Wehrdienst-Revival und dem Patriarchat im Pop

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Chipi macht sich Gedanken über die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Auf TikTok stößt Marie auf die Debatte zu Sabrina Carpenters Albumcover.

In der einundzwanzigsten Folge „Mauerecho“ diskutieren Marie und Chipi zwei ganz unterschiedliche, aber gleichermaßen kontroverse Themen: Die mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht und die feministische Debatte rund um das neue Albumcover von Sabrina Carpenter. Beide Themen sorgen aktuell für hitzige Diskussionen – in der Gesellschaft, in den Medien und ganz besonders in den sozialen Netzwerken.

Im ersten Teil geht es um Boris Pistorius’ Pläne, den Wehrdienst neu zu gestalten. Vorgesehen sei zunächst ein freiwilliges Modell. Sollten sich nicht genügend Freiwillige melden, sei jedoch eine Pflicht nicht ausgeschlossen. Laut einer Forsa-Umfrage sprechen sich nur 29 % der 18- bis 29-Jährigen gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, während es bei den über 60-Jährigen 66 % sind. Woher kommt diese große Ablehnung in der Generation der Nachwendekinder?

Marie meint: Es sei einfacher, die Wehrpflicht zu befürworten, wenn man selbst nicht von ihr betroffen sei. Sie selbst könne sich nicht vorstellen, zur Bundeswehr zu gehen. Chipi stellt dabei einen Generationenunterschied fest. Als einer der letzten Jahrgänge, die noch gemustert wurden, musste er sich zumindest einmal in seinem Leben mit der Frage auseinandersetzen: Würde ich zum Bund gehen? Die Wehrpflicht wurde abgeschafft, bevor sein Wehrdienst begonnen hätte. Er erzählt, dass er ohnehin verweigert hätte.

Damals sei jedoch auch die sicherheitspolitische Situation eine andere gewesen: „Wir sind in Zeiten von Frieden aufgewachsen. Aber jetzt habe ich das Gefühl, wir müssen in Deutschland ein bisschen aufwachen und uns bewusst machen, dass das, was wir lange Jahre nicht geleistet haben, Amerika gemacht hat – und jetzt machen sie es nicht. Das heißt, wir müssen uns selbst verteidigen“, sagt Chipi. Marie stimmt ihm zu und findet dennoch: Die Wehrpflicht ist ein Einschnitt in die Freiheitsrechte des Einzelnen. Ihr ist wichtig, dass zuerst auf Basis von Freiwilligkeit versucht werde, genügend neue Leute für die Bundeswehr zu finden.

Deutschland auf dem Weg in die Militarisierung?

Die Warnung vor einer zunehmenden Militarisierung Deutschlands, die vor allem aus linken Kreisen kommt, stellen die beiden in Frage. Trotzdem müsse immer abgewogen werden, wie viel Aufrüstung tatsächlich notwendig sei, gerade wenn so viele Milliarden in die Verteidigung investiert werden, die an anderer Stelle fehlen könnten. „Es gibt auch andere Interessen in der Gesellschaft, die für die Stabilität einer Demokratie auf eine andere Weise notwendig sind. Ich finde, das muss sich auch die Waage halten“, meint Marie.

Im popkulturellen Teil des Podcasts sprechen Chipi und Marie über Sabrina Carpenters neues Albumcover. Im Internet hat dieses Kontroversen ausgelöst. Auf dem Cover ist zu sehen: Carpenter kniet in einem kurzen schwarzen Kleid auf allen Vieren auf dem Boden und blickt mit laszivem Blick in die Kamera. Dabei zieht ihr ein Mann – der jedoch nicht ganz zu sehen ist – an den Haaren, als führe er sie an einer Leine.

Feminismus im Pop

Einerseits wird ihr vorgeworfen, mit dem Bild patriarchale Stereotype zu reproduzieren, was gerade vor dem Hintergrund von Trumps Präsidentschaft und den Missbrauchsvorwürfen gegen den Rapper P. Diddy unangebracht sei. Andererseits wird sie dafür gelobt, eine selbstermächtigte, weibliche Sexualität darzustellen und satirisch mit sexistischen Rollenbildern umzugehen.

Marie fühlt sich erinnert an feministische Debatten, die seit den 1970er-Jahren geführt werden: Gibt es im Patriarchat eine selbstbestimmte weibliche und heterosexuelle Sexualität, oder ist diese immer nur in der Reproduktion eines männlichen Begehrens möglich? Es sei gut, dass diese Debatte geführt werde, allerdings stellt sie in Frage, ob TikTok der richtige Ort für einen produktiven Diskurs ist. Vielmehr scheine es darum zu gehen, sich an Popstars wie Sabrina Carpenter abzuarbeiten, als diese Fragen auszuhandeln.

Popkünstlerinnen werden selten auf Basis ihrer Kunst beurteilt.

Auch bei Lil’ Kim, Nicki Minaj, Katja Krasavice und Shirin David werde diese Frage immer wieder gestellt, fügt Chipi hinzu. Er fragt sich: Wie viel Sexismus steckt in diesen Debatten, wenn gerade Frauen immer wieder vorgeschrieben werde, wie sie ihre Weiblichkeit auszuleben haben? Marie stellt die These auf, dass gerade Popkünstlerinnen seltener auf Basis ihrer Kunst beurteilt werden, sondern vielmehr danach, was sie als Person darstellen. Dabei spiele im Pop die Inszenierung eine wichtige Rolle. Dabei falle auf, dass man Sabrina Carpenter nicht zutraue, dass gerade die Provokation dieser Debatte eine bewusste künstlerische Entscheidung war. Sie plädiert dafür, Popstars zunächst als Künstlerinnen ernst zu nehmen und dann zu beurteilen, ob künstlerische Entscheidungen gelungen seien – auch aus feministischer Perspektive.

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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