: Der Kühlturm erhitzt die Gemüter
■ Jury hebt Gerkan-Entwurf für das neue Tempodrom aufs Schild. Grüne bemängeln „wenig innovative Planung“ und schlechten Stil
Auf Kritik ist die Entscheidung des „Stiftungsrates Neues Tempodrom“ gestoßen, das Kulturzelt am Anhalter Bahnhof nach dem Entwurf der Hamburger Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) zu bauen. Sowohl Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Abgeordnetenhaus, als auch Mitglieder der Kreuzberger Bündnisgrünen äußerten gestern ihr Unverständnis gegenüber dem Beschluß. Ströver mißfällt an dem Entwurf insbesondere sein „wenig innovativer Charakter“ sowie das Verfahren, das zu der jetzigen Entscheidung für das Projekt geführt hatte.
Der Stiftungsrat hatte sich am Dienstag abend für den Plan der Hamburger Architekten ausgesprochen. Gerkans Entwurf für das 32 Millionen Mark teure neue Tempodrom sieht eine große Freitreppe auf dem Areal vor, die zu einer Plattform hinaufführt. Über der Arena für 3.500 Personen hat der Architekt eine 35 Meter hohe Dachkonstruktion vorgesehen, die an einen Kühlturm erinnert. Tempodrom-Chefin Irene Moessinger erklärte, Gerkan sei derhalb ausgewählt worden, da sich seine Idee am besten in das Gelände einfüge. Leer ging in dem internen Wettbewerb dagegen die Architektin Jutta Kalepky (Berlin) aus.
Nach Ansicht Strövers ist die Tempodrom-Entscheidung deshalb enttäuschend, da der gmp-Entwurf „architektonisch nicht überzeugt“. Sowohl die große Freitreppe als auch die „enorme Versiegelung“ der Grünfläche durch die Plattform hätten nur noch wenig mit der einstigen ökologischen Konzeption zu tun, wie sie im Projekt Kalepkys erwogen worden war. Ströver kritisierte zudem, daß die Architektin, die seit Jahren an der Planung mitgewirkt habe, durch das Verfahren außen vor bliebe.
Arno Paulus, Mitglied der Grünen im Bezirk Kreuzberg und Mitarbeiter der Ideenwerkstatt Tempodrom, bemängelte, daß durch den repräsentativen Gerkan-Entwurf der einstige Charakter des Tempodroms beerdigt worden sei. rola
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen