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Der Iran und die US-AußenpolitikKein Grund aufzuatmen

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Trump will die Welt sich selbst überlassen und strebt gleichzeitig nach Dominanz. Er sollte sich entscheiden – zum Wohl der Menschheit.

Sucht wohl schon die nächste Muskelprobe: Donald Trump Foto: Jonathan Ernst/reuters

D ie US-Außenpolitik, zerrissen zwischen der Sehnsucht nach alter imperialer Größe und trotzigem Isolationismus, hat mit der Tötung Quasim Soleimanis gerade alle Gewissheiten der vergangenen 15 Jahre US-Nahostpoltik hinweggefegt. Ein neuer Krieg, wie er vielerorts als Horrorszenario beschworen wurde, ist zwar nicht eingetreten. Allgemeines Aufatmen bestimmt am Ende dieser Krisenwoche vielmehr die weltpolitische Stimmungslage. Ein toter General und ein symbolischer Raketen­regen auf eine zuvor gewarnte Basis mit US-Soldaten, das erscheint nicht wie eine politische Katastrophe.

Dennoch wäre es naiv anzunehmen, dass damit schon alles ausgestanden sei. Die iranische Führung hat bei den Trauerfeierlichkeiten für den getöteten General den Teufel Amerika heraufbeschworen wie lange nicht. Mit Quasim Soleimani hat Amerika einen strahlenden Märtyrer für die religiöse Diktatur in Teheran erschaffen. Aus ihm wird höchstwahrscheinlich eine ganze Generation neuer Kämpfer erwachsen. Anschläge im Namen des Generals sind absehbar. 


In der Person Trump bündeln sich die beiden Sehnsüchte der US-Amerikaner. Auf der einen Seite das traditionelle Streben nach einer globalen Dominanz. In der Rolle als Weltpolizist lässt Amerika die Muskeln spielen, droht mit seinem enormen Militärapparat und sanktioniert mit seiner überbordenden wirtschaftlichen Macht. Diese Politik verkörperte die Regierung von Trumps Vorvorgänger George W. Bush.

Auf der anderen Seite steht der Wunsch, endlich den Rest der Welt mit seinen Problemen sich selbst zu überlassen. Diese Politik des „Retrenchments“, des maßvollen Rückzugs, war der außenpolitische Kern der Politik von Trumps Vorgänger Barack Obama.



Angetreten ist Trump als überzeugter Isolationist. Seine Politik des „America first“ zielt auf die einseitige Bevorteilung US-amerikanischer Unternehmen ab. Rabiat kündigt Trump dafür geltende internationale Verträge auf. Und weltweit sollen amerikanische Soldaten nach Hause geholt werden. Die Nato? Obsolet. Syrien? Bloß raus da. Die Ukraine? Sollen sich doch die Europäer mit rumschlagen.

Allein, die Welt macht es Trump nicht so leicht, dem Isolationisten in sich treu zu bleiben – und da scheint zugleich diese diabolische Lust in ihm zu lodern, jeden Konflikt auf die Frage zu reduzieren, wer der Stärkere ist. Vieles spricht dafür, dass dieses impulsive Verlangen nach Stärke auch den Ausschlag gab, Soleimani zu töten.

Nach einer Reihe von Provokationen durch Teheran hatten die Militärs Trump verschiedene Eskalationsszenarien vorgelegt. Er entschied sich für maximale Härte. In jenem Moment, als er von Florida aus den Einsatzbefehl gab, siegte der Interventionist über den Isolationisten.

Man darf bezweifeln, dass eine reine Strategie der Härte zur Befriedung der Region beiträgt. Aber noch schlimmer ist eine Politik, die alles und nichts zugleich tut, die tötet (im Fall Irans) und sich zurückzieht (aus dem Kampf gegen den IS), die signalisiert, dass Amerika sich keinen Deut um die Region mehr schert und zugleich völlig unberechenbar interveniert.

Bremse und Gas gleichzeitig

Bremse und Gas gleichzeitig zu betätigen, führt beim Autofahren im schlimmsten Ausgang zum Unfall. Der schlimmste Fall muss nicht immer eintreten, genauso wenig wie ein großer Krieg. Konsistentes Fahrverhalten sieht aber anders aus.

Iran konnte erst zur Regionalmacht aufsteigen, weil sich die USA Stück für Stück zurückgezogen haben. Trump hat sich vor Soleimani wenig für die Region interessiert und daran wird sich kaum etwas ändern. Die Folgen der Exekution werden den Nahen Osten aber noch lange beschäftigen, auch dann noch, wenn der US-Präsident längst zu seiner nächsten Muskelprobe weitergezogen ist. In einer Weltregion in der es keine guten Optionen gibt, ist die Mischung aus Vakuum und Hyperintervention die denkbar schlechteste.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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10 Kommentare

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  • "Trump hat sich vor Soleimani wenig für die Region interessiert....."

    "Such respect for the people of Iran as they try to take back their corrupt government. You will see great support from the United States at the appropriate time!​"

    Dies twitterte Trump auf den Tag genau 2 Jahre vor der Liquidierung Soleimanis. Und heute hat er nochmal nachgelegt:



    "To the leaders of Iran - DO NOT KILL YOUR PROTESTERS. Thousands have already been killed or imprisoned by you, and the World is watching. More importantly, the USA is watching. Turn your internet back on and let reporters roam free! Stop the killing of your great Iranian people!"

    Der letzte US Präsident der das Militär so sparsam einsetzte wie Trump war Jimmy Carter. Wenn Trump allerdings zuschlägt, dann da, wo es den Feind am härtesten trifft - wie das iranische Regime gelernt hat. Und nun stellt er sich auch noch schützend vor die Demonstranten. Dies ist angesichts von 1500 Toten vielleicht etwas spät, aber immerhin tut er es. Und nach Soleimanis Tod werden sich die aktuellen Befehlshaber sicher zweimal überlegen, ob sie wieder auf Demonstranten schießen lassen sollen.

    Also: Aktuell sind die einzigsten, die nicht aufatmen können die Mitglieder des iranischen Regimes.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Tobias Schmidt:

      Da schließe ich mich mal an.

      Bitter genug, dass Trump der einzige ist, der die Demonstrantinnen und Demonstranten unterstützt.

  • Ein Papst, der Pädophilie in seiner Kirche nicht wichtig nimmt und die Kirchensteuereinnahmen steigen doch. Die meisten nehmen es nicht als Qualitaetsmasstab für wichtig. Geschwollenes Gequatsche wird stattdessen zelebriert. Eine NATO, die ihren Vorteil als Armee umgekehrt einsetzt. Ein amerikanischer Präsident, der Öl statt Frieden schaffen fördert. Insgesamt entspricht Trump dem Zeitgeist. Habe den Käfig für den Hamster meiner Kinder in Trump Tower umbenannt. Natürlich waren Epstein und Trump nicht Freunde. Andrew und Co. vertreiben die Royals schon bis nach Kanada. Für Frauen ist Trump durch Eppstein nicht mehr wählbar. Esso BP Total und Shell sind noch Wetterbewerber. Der Mainstream wählt Trump trotzdem. Den Jungen ist geheuchelte Pseudomoral wichtiger als rechtliche Moral, die Einhaltung der staatlichen Gesetze. Mehr Moral als unsere Gesetzbücher haben wir nicht. In Deutschland steht Meinungsfreiheit vor Religionsfreiheit. In Österreich ist es umgekehrt. Moral kann verschieden sein.

  • "Aus ihm wird höchstwahrscheinlich eine ganze Generation neuer Kämpfer erwachsen. Anschläge im Namen des Generals sind absehbar."

    Anschläge sind absehbar? Wirklich? Ich glaube Sie gehen dem Saudisch-Amerikanischen Narrativ auf den Leim. Terroranschläge werden eher von Sunniten Terrorvereinigungen auf Schiiten verübt, und oft von Saudi-Arabien indirekt gesponsert.



    Bitte korrigieren Sie mich wenn ich damit falsch liege.

  • "...diese diabolische Lust in ihm zu lodern, ....."



    Der Artikel ist gespickt mit Unterstellungen bezüglich Trump.



    Wie auch immer.



    Auf der letzten Pressekonferenz , als die Welt darauf wartete wie die USA reagieren , waren Trumps allerersten Worte:



    Solange ich Präsident bin, hat der Iran keine Atombombe.

    Und das ist das WICHTIGSTE bei dieser Angelgenheit.

  • Der Typ wird sich immer zuerst für sich und die Seinen interessieren! Er hat als Kind mit großer Wahrscheinlichkeit nie soziales Verhalten kennengelernt. Angesichts der Machtverhältnisse muss die Welt mit ihm noch 1 oder 5 Jahre leben - wenn er sie nicht zum Untergang bringt.

  • Dominanz - Ja. Uneingeschränkt.



    Sich selbst überlassen - Nein. Es ist mehr das Umzugskartonphänomen. Also dass, mit den gepackten Kartons, die man seit dem letzten Umzug noch im Keller hat. Offensichtlich braucht man den Inhalt nicht, sonst hätte man es ausgepackt. Aber wehe man schaut rein, dann fallen einem sofort jede Menge Gründe ein, warum man dieseps und jenes nicht wegwerfen kann. Auf Trum übertragen heisst das, sobald seine Aufmerksamkeit durch was auch immer auf ein Ereignis gelenkt wird, schon will er da mitmischen und dominieren. Solange er keinen externen Einfluss bekommt, ist es ihm egal.

  • Schon mal Sun Tzu gelesen? Trump handelt wie aus dem Lehrbuch. Logisch, besonnen und erfolgreich. Daß es nicht jeder versteht ist Absicht.

  • Trump ist ein asozialer, völlig durchgeknallter Narzisst. Solche Menschen trifft man mutmaßlich in den forensischen Abteilungen der Psychiatrien!

  • Es geht nur um Öl und Gas das ist berechenbar. Darum ist der Konflikt bereits so gut wie erledigt und die Konfliktparteien können darüber lachen, wo nichts verbb Lloyd