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Der Ex-Bürgermeister

■ Henning Voscherau versuchte sich als roter Sheriff. Jetzt gibt er den Stern ab

Berlin (taz) – Henning Voscherau, seit 1988 Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, ist zurückgetreten. Voscherau übernahm gestern abend die politische Verantwortung für die Wahlniederlage seiner Partei. Er habe um „klare Verhältnisse für Hamburg und eine Rückenstärkung für den Bürgermeister geworben“ und diese nicht erhalten. Der Bürgermeister, der mit einem Wahlkampf über Innere Sicherheit die Hamburger zu überzeugen versuchte, bekam nur 36,5 Prozent der Wählerstimmen. Das sei „als Grundlage für seine zukünftige Arbeit zu wenig“.

Voscherau war mit einiger Siegeszuversicht in die Wahl gegangen. Der 1941 geborene Jurist hatte in den vergangenen Wochen deutlich bessere Umfragewerte erzielt als seine Partei. Voscherau war in den letzten Monaten auch bundespolitisch eine immer wichtigere Rolle zugefallen. Der Hamburger Regierungschef profilierte sich als Experte in Fragen der Inneren Sicherheit und Koordinator der SPD-Steuerpolitik. Als Steuerpolitiker der SPD saß er Bundesfinanzminister Theo Waigel bei den Verhandlungen um die Steuerreform gegenüber.

In die SPD war Voscherau 1966 eingetreten. 1974 wurde der Sohn eines bekannten Schauspielers in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. 1981 machte ihn die SPD zum Fraktionsvorsitzenden. 1988 übernahm Voscherau als Erster Bürgermeister die Nachfolge Klaus von Dohnanyis.

Vor der Wahl hatte Voscherau erklärt, für ihn gebe es eine Schmerzgrenze, bei der er nicht weiter zur Verfügung stehe. Wo die Schmerzgrenze liegt, hatte er allerdings nicht gesagt.

Gestern abend dann erklärte Voscherau, die Hamburgerinnen und Hamburger hätten mit dem Wahlergebnis „die Schmerzgrenze unterschritten“. Er habe „die brachiale Grundstimmung“ in der Stadt gespürt. Dies habe sich nun leider im Ergebnis für die DVU gezeigt. Der rote Sheriff hat den Stern abgegeben. ten

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