Der Donbass und seine Bedeutung: Reich an Kohle und wichtig für Angriffe
Die Ukraine soll laut Putin den Donbass an Russland abtreten. In der gibt es viele Bodenschätze. Und sie würde Russland den Weg nach Westen ebnen.

Der Donbass ist der Preis, den – geht es nach Wladimir Putin – die Ukraine für ein Ende des Krieges abtreten soll. Er ist ein großes historisches Gebiet, dessen Name sich aus der Abkürzung für das Donetsker Kohlebecken ableitet. Da der Donbass aber nie eine politische oder administrative Einheit war, hat er auch keine klaren Grenzen.
Heute wird der Donbass meist mit den zwei ukrainischen Verwaltungsbezirken Donezk und Luhansk gleichgesetzt. Dort hatten sich im Jahr 2014 von Russland unterstützte Separatisten von der Ukraine losgesagt. 2022 hatte Russland einseitig annektiert. Aktuell sind fast 90 Prozent der beiden Bezirke unter Kontrolle des russischen Militärs.
Der ursprüngliche Kohlebergbau-Donbass war größer. Forbes Ukraine hat den Wert aller ukrainischen Bodenschätze auf 14,8 Billionen US-Dollar geschätzt. Über 70 Prozent der Ressourcen befinden sich in nur drei Regionen: Donezk, Dnipro und Luhansk. Es gibt im Donbass immense Steinkohlelagerstätten und – weiter südlich – Eisenerz; beides bildet die Grundlage der ukrainischen Schwerindustrie. Neben der Kohle, die zu Zeiten der Sowjetunion 40 Prozent der Vorräte der UdSSR ausmachte, sind das Salz, Eisenerz, Ton, Kalk, Gips und mehr.
Eines der ersten Bergwerke entstand in der Nähe der heutigen Stadt Lisitschansk in den Jahren 1721 bis 1724 – während der Regierungszeit von Peter dem Großen. Als der Zar von einem Feldzug zurückkehrte, erfuhr er von der Kohle, was er mit prophetischen Worten kommentierte: „Dieses Mineral wird, wenn nicht uns, so doch unseren Nachkommen sehr nützlich sein.“ Es dauerte zwar noch über 100 Jahre, doch dann begann im Donbass eine Entwicklung, die man mit der des Ruhrgebietes oder Oberschlesiens vergleichen kann. Mit westeuropäischem Know-how und westeuropäischem Geld, unterstützt von der Eisenbahn, brachen kapitalistische Zeiten über diese stille Region herein. Englische, französische, belgische, auch deutsche Unternehmer gaben den Ton an.
Empfohlener externer Inhalt
In Donezk gründete der Waliser John Hughes 1869 eine metallurgische Fabrik. Die Siedlung, die sich daran anschloss, hatte dann um die Jahrhundertwende schon 50.000 Einwohner. Russland stieg in jener Zeit dank der Kohle und des Stahls aus dem Donbass zu einem der führenden Stahlhersteller der Welt auf. Der Aufstieg der Sowjetmacht und die Rüstungsindustrie verstärkten diese Entwicklung.
Im Zweiten Weltkrieg kam im Gefolge der Wehrmacht die deutsche Großindustrie, die zahlreiche Betriebe übernahm. Die Stahlwerke in Mariupol arbeiteten als „Asow-Werke“ für die Friedrich Krupp AG. Nach dem Krieg, unter dem Druck des militärisch-industriellen Komplexes in der Sowjetunion, wurden die Bodenschätze immer stärker ausgebeutet.
Die Ausbeutung der Bodenschätze geht weiter in dem inzwischen von Russland annektierten Gebiet. Besonders wichtig ist die weltweit begehrte Anthrazitkohle. Denn diese hat einen höheren Kohlenstoffgehalt als normale Kohle. Anthrazitkohle ist als relativ sauberer Brennstoff effektiv, führt zu weniger Treibhausgasen.
In den Städten des Donbass wird mehrheitlich Russisch gesprochen. Die von Moskau eingesetzten Herrscher versuchen, das Ukrainische noch weiter zurückzudrängen.
Auch militärisch ist der Donbass wichtig. Über die an der Grenze zu Russland liegende Region lassen sich Waffen und Truppen in die Ukraine schaffen. Der Donbass ist für das russische Militär ein wichtiger Brückenkopf für weitere Angriffe. Die Fabriken können für die Kriegsindustrie genutzt werden. Über das dichte Schienennetz lassen sich Truppen und Nachschub schnell bewegen.
Gleichzeitig kann man über das Gebiet Donezk auf dem Landweg auf die Krim gelangen, die Russland bereits 2014 annektiert hatte. Sollte Russland die Regionen Luhansk und Donezk vollständig kontrollieren, wird es für die russische Armee leichter sein, nach Odessa, der Küstenstadt im Südwesten der Ukraine vorzudringen.
Mitarbeit: Thomas Gerlach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Migration neu denken
So könnte eine humane Fluchtpolitik aussehen
Debatten um Religionsunterricht
Religiöse Bildung für alle
Europas Rolle nach Alaska-Gipfel
Sanktionen reichen nicht
Badeverbote und Hitzewellen
Gefangen in der Betonwüste
Trump-Putin-Gipfel in Alaska
Zwei Reichsbürger unter sich
CDU-Mann Altmaier zum Flüchtlingssommer
„Wir standen vor einer sehr, sehr schwierigen Situation“