Der Berliner Wochenkommentar II: Bezirk unter Zugzwang
Die Hauptmann-Schule ist nicht mehr besetzt: Jetzt sollte der Bezirk in dem Gebäude möglichst schnell seine Pläne für ein Flüchtlingszentrum umsetzen.
Es war ein langes Ringen: Im Sommer 2014 versuchte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg erstmals, die bis dato rund anderthalb Jahre besetzte ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule leerzuziehen. Ein Teil der AktivistInnen erstritt sich damals das Recht, im Südflügel des Gebäudes wohnen zu bleiben. Anschließende Versuche des Bezirks, die Schule ohne Räumungstitel zu leeren, wurden von Gerichten kassiert. Im letzten Sommer schließlich erwirkte der Bezirk auf zivilrechtlichem Wege einen Titel. Die für diesen Donnerstag angesetzte Räumung musste nicht stattfinden: Die verbliebenen zwölf Besetzer waren bereits freiwillig gegangen.
Damit ist der Weg nun frei für die Pläne des Bezirks, in diesem Teil des Gebäudes ein Beratungszentrum für Flüchtlinge einzurichten. Allerdings: Wie dieses Zentrum aussehen, wer Träger wird und wann es eröffnen soll, ist bisher nicht bekannt. Und es darf schon verwundern, was Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Tag der Räumung im Abgeordnetenhaus sagte, als er auf die künftige Nutzung des Gebäudes angesprochen wurde: Angesichts des Mangels an Schul- und Kitaplätzen in Berlin, so der Senator, würde sich ein ehemaliges Schulgebäude doch für eine solche Nutzung anbieten.
Dazu muss man wissen, dass der Bezirk erst im letzten Jahr endgültig festschrieb, dass die ehemalige Schule definitiv nicht mehr als Bildungseinrichtung genutzt werden soll. Es wirft kein gutes Licht auf die Absprachen zwischen Senat und Bezirk, dass der Senator diese Option jetzt wieder ins Spiel bringt. Und es lässt ahnen, dass die Pläne für ein Beratungszentrum wohl noch nicht weit gediehen sind.
Das gilt offenbar auch für den Plan, die Notunterkunft im Nordflügel des Hauses in eine Gemeinschaftsunterkunft umzuwandeln. Dabei hörte es sich zur Eröffnung von Seiten des Bezirks noch so an, als stünde dieser Schritt kurz bevor. Es mag sein, dass bei den Plänen zur künftigen Nutzung mehrere Akteure eine Rolle spielen. Doch wenn der Bezirk seine Ankündigungen nicht bald umsetzt, steht er noch unglaubwürdiger da, als es während der gesamten Auseinandersetzung um die Schule bereits der Fall war.
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