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Der Anwalt Robert Kennedy Jr.Vom Umweltanwalt zum Wirrkopf

Bei der Demo der Coronaskeptiker in Berlin wurde der Neffe von John F. Kennedy gefeiert. In den USA distanzieren sich selbst Verwandte von ihm.

Redenschwinger: Robert Kennedy junior beim Protest gegen die Coronamaßnahmen an der Siegessäule Foto: Christoph Soeder/dpa

Es war sein Onkel, der 1963 als US-Präsident jenen legendären Satz vor dem Rathaus in Berlin-Schöneberg sagte: „Ich bin ein Berliner.“ Robert F. Kennedy Jr. aber postete jetzt auf Instagram die Phrase „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“. Damit demonstrierte der Sohn des 1968 im Wahlkampf ermordeten Senators und Justizministers Robert F. Kennedy – dem jüngeren Bruder von John F. Kennedy – zwar ebenfalls rudimentäre Deutschkenntnisse, aber sonst ist hier mit den Gemeinsamkeiten der Kennedys schon Schluss.

Robert F. Kennedy Jr. wurde am Samstag bei einer Rede an der Siegessäule in Berlin von Coronagegnern gefeiert, die sicher stolz waren, einen Kronzeugen mit großem Namen für ihre wirre Gedankenwelt präsentiert zu bekommen. Kennedy sagte dort unter anderem, der Microsoftgründer Bill Gates und der US-Seuchenexperte Anthony Fauci hätten „die Coronapandemie seit Jahrzehnten geplant“.

Daheim in den USA aber schüttelt eine große Mehrheit ungläubig den Kopf über die seltsame Wendung des 66 Jahre alten Kennedy-Sprosses, der einst als engagierter Umweltanwalt für Gewässerschutz, die Rechte von Minderheiten und gegen Atomkraft stritt. Er kritisierte 2004 die Umweltpolitik von Präsident George W. Bush in einem Bestseller. In der Amtszeit Barack Obamas beschuldigte er den Kongress in Washington, nichts gegen den Klimawandel getan zu haben.

Doch dann kam die Sache mit den Allergien und Impfstoffen: Nachdem sein Sohn Conor eine Allergie gegen Erdnüsse entwickelte, vertrat Kennedy die These, dass bestimmte Impfstoffe verantwortlich für solche Allergien seien. Mehr noch: Das früher in Impfstoffen enthaltene Quecksilber sei Ursache für vielerlei Krankheiten, darunter Autismus.

Dem Faktencheck nicht standgehalten

Ein 2005 dazu veröffentlichter Artikel Kennedys im Onlinemagazin Salon wurde von der Redaktion zurückgezogen, als sich erwies, dass er dem Faktencheck nicht standhielt. Kennedy wurde Vorsitzender von Children’s Health Defense, einer Lobbygruppe gegen Impfprogramme und Mobilfunkstrahlung.

2017 warf er auf einer Pressekonferenz den Medien vor, Propaganda im Interesse der Pharmalobby und ihrer Milliardenumsätze zu betreiben. Im gleichen Jahr wollte US-Präsident Donald Trump ihn zum Chef einer Arbeitsgruppe über die Sicherheit von Impfstoffen ernennen.

2019 distanzierten sich drei nahe Verwandte, die als ÄrztInnen, AnwältInnen und PolitikerInnen tätig sind, von den pseudomedizinischen Ansichten Robert F. Kennedys. Er sei für viele bewundernswerte Anliegen eingetreten, helfe heute aber, „über die sozialen Medien gefährliche Falschinformationen zu verbreiten, die Misstrauen über die Wissenschaft der Impfstoffe säen“. Inzwischen sagt ein Viertel der US-BürgerInnen, sie würden sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollen.

Sein Instagram-Account hat 607.000 AbonnentInnen. Dennoch wirft Kennedy den sozialen Medien vor, ihn zu zensieren. Die Faktenchecks, die ihn widerlegen, seien von der Pharmaindustrie gekauft, sagt er gegenüber The New European.

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15 Kommentare

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  • Lieber Stefan Schaaf,



    ein trauriger Beitrag! RFKjr ist gewiss kein Heiliger, aber ein ernst zu nehmender Sachverständiger. Oder meinen Sie, Alan Dershowitz, renommierter Harvard-Professor nimmt sich Zeit für jeden "Wirrkopf"? Alec Baldwin, begnadeter Trump-Parodist auch. Beide diskutieren jeweils mehr als 60 Minuten mit Bobby.

    Seine Kritik an Fauci sollten Sie mal recherchieren. Eine höchst kontroverse Person. Gewiss, kaum ein aktiver Wissenschaftler traut sich, ihn zu kritisieren. Außer Luc Montagnier, der Fauci und seinen Pal Robert Gallo seit 1984 und einer merkwürdigen Publikation über HIV kennen gelernt hat. Judy Mikovits hat darüber geschrieben... ach ja, die ist ja auch unten durch und diskreditiert. Oder nicht?

    Zur Impf-Debatte: einer seiner Nichten, die RFK kritisiert hatten, ist übrigens im April tragisch verunglückt... ein Fluch über den Kenndys. Kennt man ja...

    Dr. Andrew Zimmerman sagt Ihnen was? Nein? Schauen Sie mal hier nach: sharylattkisson.co...s-govt-covered-up/

    Die Anzahl von Followern auf eine Instagram Account sagt wohl nichts darüber aus, wieviel Statements beispielsweise YouTube gelöscht hat. In diesem Zusammenhang dürfte es Sie interessieren, dass Google/Alphabet selbst nennenswerte Interessen im Bereich Pharmazie/Impfung hat.

    Dass Ihnen der Platz zu schade war,RFK selbst kritisch zu interviewen sagt leider mehr über Ihr journalistisches Selbstverständnis aus, als Ihnen bewusst sein wird. Schade.

    Letztes Wort: Faktenchecker. Schauen Sie da doch mal nach Finanzierung und Beteiligungen. Snopes, Poynter... auch in Deutschland, wo Correctiv sich an Facebook verkauft hat. Dass die "Faktencheckerin" Mai Lab mit einem Pharma-Manager verheiratet ist, könnte auch mal hinterfragt werden. Natürlich nur, wenn Sie Ihren Job ernst nehmen. Sie können es sich aber natürlich auch leicht machen und in diesem Stil fortfahren.

    It's up to you...

  • Sie hätten auch gerne erwähnen können, dass RFK sogar von hochrangigen Politikern der Grünen, allen voran Frau Künast, hofiert wurde, obwohl dessen Postition als Impfgegner längst bekannt war:

    twitter.com/Renate...299494872139866112

    • @Harald Müller:

      Sie sollten Renate Knasts tweet nochmal genau lesen: Sie stellt RFK jr. nur die Frage, warum er mit Rechten, die von Nazis und Neonazis unterstützt werden, demonstrieren will.



      Sie "hofiert" ihn nicht!

  • 0G
    04369 (Profil gelöscht)

    Ja ich empfinde es auch sehr betrüblich was aus dem Menschenrechtler und Umweltaktivist geworden ist...In Arlington werden die Särge rotieren.

  • Von Beruf Neffe...



    Manchen steigt der angeborene Familienname eben arg zu Kopfe.

  • Ich meinerseits finde derlei Kommentare wie den IHren betrüblich.



    Welcher Bundestagsabgeordnete vertritt ÜBERWiEGEND welche Interessen welches Geldgebers?



    Wir leben in einem fehleranfälligen System. Ein nicht so anfälliges System ist dann meist etwas intoleranter zum Individuum. Wie verbessern das System ständig, und Verstöße werden geahndet ...fertig. Aber wo ist dann Ihr Problem um sogar Verschwörungstheorien bei anderen akzeptieren zu können?

  • Ich teile die Thesen von Kennedy nicht. Aber: Dass man gegenüber den Gesundheitsystemen westlicher Länder Misstrauen entwickeln kann - dafür gibt es nachvollziehbare Gründe.



    Etwa der, dass Lobbyismus und Wissenschaft sich hier und da vermischen "dürfen". Wissenschaftler werden nicht bestraft, wenn sie das Produkt Ihrer Firma etwas zu "freundlich" beforschen. Auch werden Krankenhäuser nicht bestraft, wenn sie ganz regulär die profitablere Therapie der medizinisch notwendigeren vorziehen (vgl. Ärzte-Appell 2019 im Stern).



    Und leider werden auch Politiker nicht bestraft, wenn sie Nebentätigkeiten haben, wodurch sie dann überwiegend die Interessen dieses Geldgebers im Bundestag vertreten - nicht nur, aber auch im Gesundheitswesen.



    Das alles betrübt mich sehr und ist vermutlich ein Grund, weshalb viele Menschen dabei an Verschwörungstheorien glauben.



    Ich finde, stattdessen hier geht es leider einfach um (inakzeptable) Ökonomie-Realitäten. Die hoffentlich bald ein Ende finden werden!!!

    • @Harald Hansen:

      Absolut: das Misstrauen ist angebracht und hausgemacht durch intransparenten Lobbyismus - und immer wieder aufgedeckte Connections und Bezahlungen.

      Aber man muss dann auch Misstrauen gegen das Misstrauen haben - denn nicht jede Fantasie ist belastbar.



      Da lassen sich viele von populistischen Pseudargumenten mitreissen und ignorieren z.B. die Vorteile breitflächiger Impfung, weil die Krankheiten schon lange nicht mehr präsent sind....WEIL sich fast alle impfen lassen.

  • na ja



    noch gibt es keinen ausgereiften Impfstoff. Trump und Putin machen damit Politik, was gefährlich ist, da niemand die Wirkung und schon gar nicht die Nebenwirkungen einschätzen kann. Also ist dieser Aspekt des Kennedy-Neffen harmlos. Wieso wie er in die Schublade der Verschwörungstheorien geschoben? Er ist ja kein Impfgegner. Er glaubt nur nicht an die bislang existierenden Stoffe.

    • @Monika Frommel :

      Politik mit einem nicht ausgereiften Impfstoff wird genauso auch hierzulande betrieben.

      Die Firma CureVac forscht gerade an einem mRNA-Impfstoff. Ein solcher Impfstoff wurde bisher noch nie für die dritte klinische Testphase zugelassen.

      Jetzt soll genau dieser Impfstoff im Schnellverfahren eingeführt werden? Und ich soll nicht skeptisch sein?

      Russland möchte einen schnellen Erfolg bei der Suche nach einem Impfstoff. Sollte man das kritisieren?

      Ja. Nur gilt das genauso für das deutsche Projekt (Das ich im übrigen aus genau diesen Gründen schon länger kritisiere).

      Warum kriegen die rechten die Lufthoheit in der Debatte zum Coronavirus?

      Die Linke versagt. Es ist leider genau so. Die linken und linksliebralen lassen keine Debatte zu.

      Als Lektüre empfehle ich diesen Artikel aus der "Zeit":

      Identitätspolitik: Die digitalen linken Spießer

      www.zeit.de/kultur...e-meinungsfreiheit

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Ku Wert:

        Das Märchen wieder von den Linken, die keine Debatte zulassen. Wie wäre es, diese einmal ohne pauschale Verallgemeinerungen und dafür mit konkreten und belastbaren Fragestellungen.



        Wo wird denn keine Debatte zugelassen? Sie können doch ihre Bedenken äußern. Es haben sich im Übrigen auch im ARD und im ZDF mehrmals offizielle Vertreter der Ärzteschaft dahin geäußert, dass für eine Zulassung eines Impfstoffes selbstverständlich ausreichende Daten transparent zur Verfügung stehen müssen und die vorgeschriebenen Prozeduren eingehalten werden müssen.



        Wenn Sie nicht mehr als heiße Luft haben, weise ich Sie einmal auf die vielfältigen Diskussionen über die ungerechte Verteilung der Lasten und Unterstützungen, über ein BGE als Alternative oder über die besondere Benachteiligung von Care-Arbeit und Kulturarbeit in der Coronazeit hin. Das sind Themen, über die Rechte gar nicht reden. Die führen lieber wie Sie es bezeichnen, einen Luftkrieg gegen die Zivilisation.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Jetzt ein ganz anderer Gedanke.

          Sind die Maßnahmen noch zu rechtfertigen?

          Ich habe enorme Zweifel.

          Lockerungen - unter Auflagen - wurden Anfang Mai überlegt.



          Wichtig war, dass der Richtwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner



          in _keinem_ Landkreis überschritten wird.

          Wie viele Kreise haben diesen Wert in Deutschland überschritten (Stand 1. Sep. 2020; 20:14)?

          Kein Einziger. Die höchste Inzidenz für einen einzelnen Kreis liegt bei 40,2 Fällen pro 100.000 Einwohner.



          Der schnitt für Deutschland liegt bei 9,3 Fällen pro 100.000 Einwohner.

          Ebenso ist die Zahl der Intensivmedizinisch Betreuten extrem klein (Bundesweit 235 Fälle).

          Quelle: www.rki.de/DE/Cont...ob=publicationFile

          Wie kann bei solchen Zahlen von einer großen Gefahr gesprochen werden?



          Die Frage ist ernst gemeint. Sollte ich ein entscheidendes Faktum übersehen haben?

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Sehr geehrter Hanibal,

          ich hoffe Ihre Aufforderung zur Diskussion ist ernst gemeint.



          Ich nehme die Aufforderung ernst und stelle zwei Gedanken zum



          Themenkomplex Corona in den Raum. (Aufgeteilt in zwei Posts)

          Zuvor noch eine Anmerkung und Entschuldigung:

          Pauschal zu sagen "'die Linke' lässt keine Debatte zu" ist genauso verkehrt,



          wie jede pauschale Aussage. Nicht jeder in der Linken ist gleich,



          daher bitte ich um Verzeihung, falls sich jemand _fälschlicherweise_ angesprochen fühlte.

          Auch sollte diese Aussage keine Beleidigung sein, sondern eine (subjektive) Beschreibung



          der Debattenkultur. Daher bitte ich auch hier um Verzeihung.

          Für den ersten Gedanken ein Vortrag:



          www.youtube.com/watch?v=qtYrYWPAtB8

          Der Redner beschreibt in den ersten Minuten eine Verweigerung der Debatte vonseiten der Bündnis90/Die Grünen-Bundestagsfraktion.

          Hat es diese Verweigerung Tatsächlich gegeben? Auf der Homepage der Grünen Bundestagsfraktion konnte ich dazu nichts finden.



          Auch kein Dementi, was bei einen solch heftigen Vorwurf zu erwarten wäre.

          Daher gehe ich von der Wahrheit der Aussage aus. Andernfalls rate ich zu einer Strafanzeige (Verleumdung) und einem öffentlichen Dementi.

          Damit ist zumindest in einem Fall eine Diskursverweigerung nachgewiesen.



          Anzumerken ist, dass dies natürlich meine persönliche Einschätzung ist.

          • @Ku Wert:

            "Ein Grünen-Kommunalpolitiker ist wegen seiner Rede auf einer Demonstration gegen die staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen am Samstag in Berlin aus der Fraktion in der Flensburger Ratsversammlung ausgeschlossen worden. Dies teilte der Fraktionsvorsitzende Clemens Schmidt am Montagabend mit."

            • @Nina Hallmann:

              Hallo Nina,

              danke für deine sachliche Antwort.

              Du bist leider nicht auf meine Frage eingegangen. Vielleicht habe ich die Frage nicht präzise genug gestellt.

              Meine Frage lautet, gab es das Treffen mit Mitgliedern der Landes- und Bundestagsfraktion?



              Und hat der Redner den Ablauf korrekt wiedergegeben?

              Sollte die Darstellung des Redners eine Unwahrheit sein erwarte ich ein öffentliches Dementi der Bundestagsfraktion, auch um weiteren Schaden abzuwenden.

              Da ich nichts dergleichen fand, gehe ich davon aus, dass es sich so zugetragen hat.

              Dies ist ein sehr interessanter Vorgang, der leider kein gutes Licht auf die Verfasstheit der grünen Partei wirft. Da der Dialog mit Parteimitgliedern nur gesucht wird, diese wieder auf Kurs zu bringen und nicht um verschiedene Sichtweisen kennenzulernen.

              Der anschließende Ausschluss aus der Fraktion ist ebenfalls interessant.

              Als Grund wird genau diese Rede angeführt.

              Der Redner ist, meiner bescheidenen Meinung nach, niemanden beleidigt, hat die Zuhörer Motiviert selbst in die Politik zu gehen und wählen zu gehen. Der Redner hat keinerlei rechtes Gedankengut verbreitet und hat die Politiker zum Dialog aufgefordert.

              Was daran soll verwerflich sein? Was wird dem Redner vorgeworfen?