Demos gegen Abtreibungsverbot in Polen: Solidarität aus Deutschland
Claudia Roth stellt sich auf die Seite der Protestierenden gegen das Abtreibungsverbot in Polen. Pro Familia schreibt einen Brief an Maas und Merkel.
![Claudia Roth steht vor dem Deutschen Bundestag Claudia Roth steht vor dem Deutschen Bundestag](https://taz.de/picture/4476434/14/Claudia_Roth_Polen_Solidaritaet-1.jpeg)
Der Sender zitiert sie mit den Worten: „Es ist Zeit, dass die Bundesregierung und die Europäische Union den politischen Druck auf die polnische Regierung maximal erhöhen und die europäischen Menschenrechtsstandards einfordern.“ Diesen Text postete Roth auch auf ihrer Facebookseite.
Der Staatssekretär der Regierungspartei PiS im polnischen Außenministerium zeigte sich laut TVP Info „entsetzt“ über Form und Inhalt von Roths Beitrag. Der Slogan „Das ist Krieg“ im Munde einer deutschen Politikerin wecke schlimmste Assoziationen. „Druck“ von Seiten der Bundesregierung oder der EU auf Polen entbehre außerdem jeder rechtlichen Grundlage.
Die polnischen Demonstrierenden kritisieren mit dem Slogan den „Krieg“ des Staates gegen ihre Körper. Roths Büroleiterin sagte, vor dem historischen Hintergrund sei es zwar unsensibel gewesen, ausgerechnet dieses Bild der Bewegung auszuwählen. Deshalb habe man es auch von der Facebookseite genommen. Die Solidarität mit den streikenden Frauen bleibe aber selbstverständlich bestehen.
„Exzessive Gewalt“ gegen Demonstrierende
Zudem hat sich die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung Pro Familia wegen des Verbots von Abbrüchen in dem Nachbarland an die Bundesregierung gewandt. „Bitte verurteilen Sie Angriffe und Gewalt durch nichtstaatliche Akteur*innen einschließlich rechtsextremer Gruppen“, schreibt Pro Familia in einem offenen Brief an Außenminister Heiko Maas (SPD) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Setzen Sie sich dafür ein, dass diejenigen, die Demonstrant*innen angreifen, zur Rechenschaft gezogen werden.“
Das polnische Verfassunsgericht hatte die ohnehin extrem restriktive Regelung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Polen im Oktober weiter verschärft. Frauen müssen nun auch Föten austragen, von denen sie wissen, dass diese mit schweren Einschränkungen zur Welt kommen oder die Geburt nicht überleben werden. Seitdem allerdings reißen die Proteste von polnischen Frauenrechtsgruppen wie Strajk Kobiet (Frauenstreik) nicht ab. Landesweit werden sie inzwischen von Gewerkschaften, aber auch Taxifahrenden oder Landwirt:innen unterstützt. Großdemonstrationen legen Innenstädte wie die von Warschau lahm.
Gleichzeitig, schreibt Pro Familia, zeige Filmmaterial, wie die Polizei Tränengas und Pfefferspray gegen Protestierende einsetze. „Die Anwendung exzessiver Gewalt durch Strafverfolgungsbeamte“ stünde im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsnormen und der EU-Charta, die das Recht auf friedliche Versammlung garantieren, heißt es in dem offenen Brief. Auch Aktionen rechtsextremer Gruppen seien „beunruhigend, da sie oft ungestraft handeln können, was in krassem Gegensatz zu den repressiven Maßnahmen der Behörden“ stehe.
Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, sagte: „In Polen entlädt sich die Wut gegen die immer autoritäter werdende Regierungspolitik.“ Protestiert werde nicht nur gegen den Gebärzwang, sondern gegen die menschenfeindliche Politik der PiS-Regierung. Leider, so Möhring, sei von der Bundesregierung wenig zu erwarten: Zumindest die Union poche auch hierzulande auf den sogenannten „Lebensschutz“. Umso nötiger sei Solidarität mit den Pol:innen.
Ulle Schauws, die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, sieht die Bundesregierung trotzdem in der Pflicht. „Die Aushöhlung von Grundrechten, die die polnische Regierung gegen Frauen, aber auch gegen LGBTI richtet, ist nicht tragbar“, so Schauws. Auch weil Deutschland derzeit die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union innehat, müsse die Bundesregierung den Druck auf Polen erhöhen und auf die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit im EU-Mitgliedsland Polen pochen: „Die Gewaltanwendung gegen protestierende Frauen und Aktivist*innen muss verhindert werden.“
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