Demonstrationen in Hongkong: Protest in Schwarz
Nun nehmen sogar Beamte des öffentlichen Dienstes an den Protesten teil. Dabei zeigen die Behörden zunehmend Härte gegen die Demokratiebewegung.
Sie zogen über den vorgeschriebenen Endpunkt ihrer Kundgebung hinaus weiter, behinderten den Verkehr und bekräftigen in Sprechchören einen Streikaufruf für Montag. Die Polizei hatte den Demonstrationszug in dem dicht besiedelten Arbeiterviertel zunächst untersagt, musste diesen aber letztlich zulassen.
Bereits am Freitagabend hatten sich im Zentrum der Millionenmetropole erstmals auch Beamte und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes den Kundgebungen gegen die Regierung angeschlossen. Sie widersetzten sich damit der Anweisung der Behörden, politisch neutral zu bleiben. Für Sonntag waren weitere Proteste gegen Regierungschefin Carrie Lam angekündigt, der die Demonstranten zu große Nähe zur Führung in Peking vorwerfen. Regierungskritiker haben zudem für Montag zum Generalstreik aufgerufen.
Die Behörden hatten zuletzt eine härtere Linie gegen die Demokratiebewegung eingeschlagen. Dutzende Demonstranten und Aktivisten wurden in dieser Woche festgenommen. Die chinesische Volksbefreiungsarmee hatte zudem kürzlich in einem Video aus ihrer Hongkonger Garnison gewarnt, sie habe alle „Einsatzmöglichkeiten“, um die Sicherheit in der Sonderverwaltungszone und Chinas „nationale Souveränität“ aufrechtzuerhalten.
Gegenkundgebung dämpft die Wut nicht
Im schicken Geschäftsviertel Causeway Bay fand am Samstag auch eine Gegenkundgebung statt. Tausende Menschen signalisierten der Polizei, die wegen ihrer teils massiven Einsätze in der Kritik steht, ihre Unterstützung. Sie trugen überwiegend Weiß.
Beobachter sehen in den derzeitigen Protesten die schwerste politische Krise Hongkongs seit der Rückgabe an China. Auch in der neunten Woche der Proteste gibt es keine Anzeichen, dass die regierungskritische Bewegung abschwächt.
Die Proteste in der Millionenmetropole hatten sich vor rund zwei Monaten an Plänen der Regierung für ein Gesetz zur Auslieferung von Beschuldigten nach China entzündet. Seit Mitte Juni weiten sich die Kundgebungen aus. Die Bevölkerung der früheren britischen Kronkolonie Hongkong genießt seit der Übergabe an China im Jahr 1997 Freiheiten wie zum Beispiel die der Meinungsäußerung, die sonst in der Volksrepublik tabu sind. Diese sehen die Demonstranten gefährdet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“