Demokratie: Berliner haben zweimal die Wahl

Der Energie-Volksentscheid findet erst sechs Wochen nach der Bundestagswahl statt. Der Energietisch und die Opposition sind empört.

Sogar im Winter sammelte der Energietisch Unterschriften - war am Ende alles umsonst? Bild: Frank Schwarz

Die landesweite Volksabstimmung über den Gesetzentwurf des Energietisches findet nicht am Tag der Bundestagswahl statt. Der Senat legte den Termin am Dienstag einstimmig auf den 3. November. CDU-Innensenator Frank Henkel sagte, dies habe organisatorische Gründe. Es brauche noch eine Weile, bis Senat und Abgeordnetenhaus sich zu dem Gesetzesvorhaben positionieren könnten.

Diese Positionen sollen in einer Broschüre jedem Wähler zugeschickt werden, die jedoch nicht vor Mitte September fertig werde. Und wenn die Abstimmung gemeinsam mit der Bundestagswahl auf den 22. September gelegt wird, dann würde die Briefwahl beginnen, bevor die Informationsbroschüre bei den Wählern angekommen sei. Rein rechtlich spreche zwar nichts dagegen. Aber politisch sei das nicht gewollt, weil dann „nur eine interessierte Teilöffentlichkeit informiert“ werde – jene Bürger, die sich in den Medien informierten.

Die Energietisch-Vertrauensperson Michael Efler ist spürbar empört: „Das sind Trickser und Täuscher.“ Der Energietisch habe sich „zwei Jahre mit der Innenverwaltung zusammengesetzt und gesagt: Wir wollen die Abstimmung mit der Bundestagswahl machen, gebt uns einen Zeitplan. Und an den haben wir uns gehalten.“ Er vermutet, dass der Senat mit der Entscheidung die Wahlbeteiligung senken möchte – damit das notwendige Quorum von 25 Prozent der Wahlberechtigten verfehlt wird. Wie will der Energietisch mit der Entscheidung jetzt umgehen? „Das weiß ich nicht, das werden wir sehen“, sagt Efler und klingt fassungslos. „Das müssen wir jetzt erst mal verarbeiten.“

Der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Wolf, kritisiert, die Entscheidung sei „Ausdruck von Dilettantismus und Uneinigkeit der SPD-CDU-Koalition“. Dem Senat fehle der politische Wille, den Regierungsfraktionen der Sachverstand für ein tragfähiges Energiekonzept. Die Terminentscheidung sei „nicht nur eine Missachtung der über 227.000 Berlinerinnen und Berliner, die das Volksbegehren unterstützt haben, sondern auch echte Geld- und Ressourcenverschwendung“. Nach Berechnung von Innensenator Henkel kostet ein getrennter Termin gut 200.000 Euro mehr, nach Angaben von Kritikern ist es rund gar eine Million mehr.

„So geht man nicht mit demokratischer Beteiligung um“, kritisiert auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. „Haben SPD und CDU Angst vor dem Volk?“ Pop hat auch eine Vermutung, warum die SPD die Entscheidung nicht verhindert hat: „Wenn es zum Schwur kommt, verstecken sich Wowereit, Saleh und Stöß hinter dem Koalitionspartner CDU und stehlen sich aus der Verantwortung.“ Die Wähler sollten dem rot-schwarzen Senat am 3. November einen Denkzettel zu verpassen.

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