Demo zur Aufhebung des PKK-Verbots: Neben den Weihnachtseinkäufern
Tausende demonstrieren am Samstag in der Kölner Innenstadt gegen das Verbot der PKK. Dafür mussten die VeranstalterInnen vor Gericht ziehen.
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KÖLN taz | Eigentlich wollten Stephanie und Bakis auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Rudolfplatz Flugblätter der Menschenrechtsinitiative „Kein Mensch ist illegal“ verteilen, auf denen sie ein bedingungsloses Bleiberecht für alle Flüchtlinge fordern. Doch am Eingang stehen Schulter an Schulter PolizistInnen.
Nur nach einem heftigen Wortgefecht haben es Stephanie und Bakis überhaupt durch die Polizeikette auf den Bürgersteig geschafft, um dort an PassantInnen ihre Flugblätter verteilen zu können. Erst als JournalistInnen interessiert zu dem kleinen Wortscharmützel stießen, ließ die Polizei sie durch. „So einen krassen Polizeieinsatz habe ich bei einer angemeldeten Demonstration noch nie erlebt“, sagte Bakis kopfschüttelt.
Im Polizeispalier zogen am Samstagnachmittag etwa 3000 DemonstrantInnen vorbei an Weihnachtsmärkten und Zehntausenden von EinkäuferInnen durch die Kölner Innenstadt, um für eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik und gegen das Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK zu protestieren. Zu der Demonstration hatte ein breites Bündnis aus kurdischen, antirassistischen und linken Gruppen aus Anlass der am 11. Dezember in Köln beginnenden Herbstkonferenz der LandesinnenministerInnen aufgerufen. „Die Politik der Abschottung ist unmenschlich und unwürdig", sagte Bündnissprecherin Anna Kiefer. Die deutsche Regierung müsse sich gegen die Abschottung an den EU-Außengrenzen einsetzen.
Dem Aufruf gefolgt ist eine bunte politische Mischung, die von Mitgliedern der subversiven Politi-Spaßtruppe „Pappnasen“, der Linkspartei und der Grünen über MenschenrechtsaktivistInnen, radikalen Linken, Autonomen, türkischen K-Gruppen und PKK-Anhängern reichte. Gegen TrägerInnen von PKK-Symbolen, die in Deutschland verboten sind, schritt die Polizei vor Ort nicht ein. Angesichts der massiven Filmaufnahmen der Polizei könnte aber auf den einen oder die andere noch eine böse Überraschung warten. Angaben zur Zahl der eingesetzten Beamten wollte die Polizei nicht machen.
Erfolgreich vor Gericht
Die Demonstration startete erst mit erheblicher Verspätung. In der Höhe von Siegburg hatte die Polizei einen Bus mit aus Frankfurt anreisenden TeilnehmerInnen gestoppt, die Personalien von 47 Personen überprüft und den Bus ergebnislos durchsucht. „Das war eine ganz normale Personenkontrolle“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Auch andere Reisebusse seien kontrolliert worden.
Am Mittwoch hatte Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers den Demonstrationszug durch die Innenstadt unter anderem mit dem Argument verboten, es lägen Erkenntnisse vor, dass „gewaltorientierte“ Personen aus der autonomen Szene Hessens anreisen würden. Deshalb sollte die Demonstration nur als Standkundgebung stattfinden. Im Vorfeld hatten der Einzelhandelsverband und die Industrie- und Handelskammer in der lokalen Presse massiv Stimmung gemacht und ein Verbot gefordert. Der zweite Adventssonntag gehört zu den umsatzstärksten Tagen im Jahr.
Gegen das Verbot sind die VeranstalterInnen erfolgreich vor Gericht gezogen. Am Freitagnachmittag kassierte das Verwaltungsgericht Köln das Verbot. Die Polizei habe „keine ausreichenden Fakten für eine von der Polizei nicht zu beherrschende Gefährdung“ vorlegen können. Die VeranstalterInnen glauben aber, dass ohne das ursprünglich ausgesprochene Verbot mehr DemonstrantInnen nach Köln gekommen wären. Ursprünglich hatten sie mit 5000 Teilnehmern gerechnet. Kurdische Organisationen hätten die Mobilisierung gestoppt, sagte Bündnissprecherin Kiefer. Die Aufhebung des Verbots am Freitag sei für viele zu spät gekommen.
In der Nähe des Kölner Hauptbahnhofs hatten sich am Samstagmttag rund 100 Anhänger der rechtsextremen „Hooligans gegen Salafisten“ zu einer spontanen Gegendemonstration versammelt. Nachdem die Stadt ihnen einen Aufmarsch verboten hatte, löste sich die Versammlung von alleine auf, sagte ein Sprecherin der Polizei.
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