Demo in Berlin trotz Corona: Kommt alle nicht zur Demo!
Weil die Pandemie Wohnungsnot verstärkt, will das Mietenwahnsinn-Bündnis trotzdem demonstrieren. Allerdings nur mit 49 Leuten und Sicherheitsabstand.
Denn während einige sich auf Twitter und Facebook von ihrem gemütlichen Südbalkon zu Hilfssheriffs aufspielen und ihre Nachbar:innen beim vermeintlich delinquenten Spazierengehen fotografieren und dazu denunziatorische Posts verfassen, müssen andere zu viert auf 70 Quadratmetern klarkommen und werden dann auch noch blöde angemacht, wenn sie draußen unter Einhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands spazieren gehen.
Gerade jetzt ist der Mangel an Wohnraum besonders virulent. So sieht das auch das Mietenwahnsinn-Bündnis, das trotz Corona am Freitag um 14 Uhr vor dem Roten Rathaus eine Kundgebung abhalten will. Zwar ist derzeit und bis zum 19. April neben dem Veranstaltungsverbot auch die Demonstrationsfreiheit eingeschränkt, aber dies gilt nur für Gruppen und Veranstaltungen ab 50 Personen.
Deswegen ruft das Mietenwahnsinn-Bündnis zur Klein-Demo vor dem Roten Rathaus auf. Lediglich 49 Personen sollen kommen und im nötigen Antiinfektionsabstand vor dem Roten Rathaus demonstrieren. Mundschutz und hygienischer Mikrofonschutz sollen ebenfalls mitgebracht werden.
Das Bündnis fordert die Abschaffung von Zwangsräumungen und ein Verbot von Strom-, Gas- und Wassersperren, ein Moratorium für Mieten und Hypothekenzahlungen, die Auflösung von Sammelunterkünften sowie die Beschlagnahmung von Leerstand und Ferienwohnungen für Bedürftige und Obdachlose, einen Solidarfonds für Kleingewerbe und selbständige Kultureinrichtungen.
Von Hilfen für die Immobilienwirtschaft sei hingegen abzusehen, wie es in einem Demo-Aufruf heißt. Der käme schließlich bereits staatliche und europäische Hilfen zugute. Ein Sprecher vom Mietenwahnsinn-Bündnis sagte: „Die Mietforderungen der Immobilieneigentümer werden nicht zurückgehen und somit Millionen von Menschen in Relation zu ihrem sinkenden Einkommen noch mehr ausbeuten. Sie dürfen sie weiter aus ihren Wohnungen vertreiben, bis hin zu Zwangsräumungen, die gegenwärtig eine größere Gefahr der Infektion mit Corona zur Folge hat.“
Die Zwangsräumung einer Person in Corona-Quarantäne wurde am Dienstag erst in letzter Minute abgewendet. Der Senat prüft derzeit, inwiefern die Justiz Zwangsräumungen aussetzen kann.
Die für den 28. März geplante Groß-Demo der Mietenbewegung mit 10.000 angemeldeten Teilnehmer:innen ist bereits abgesagt. Dennoch will das Bündnis am 23. März auf dem Hohenzollernplatz eine Pressekonferenz geben.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott