Dekarbonisierung der Industrie: Stahlkonzern Salzgitter bremst klimafreundlichen Umbau
Das Unternehmen verschiebt Schritte in seinem Projekt für CO2-armen Stahl nach hinten. Die ganze Branche hat Probleme dabei, ökologischer zu werden.

Der Konzern habe deswegen entschieden, die zweite und dritte Stufe seines Salcos-Projekts zeitlich um etwa drei Jahre nach hinten zu verschieben. „Wir werden somit erst im Jahr 2028/29 über die nächsten Investitionen beraten und nicht wie bislang geplant 2026.“
Die erste Stufe werde planmäßig im ersten Halbjahr 2027 umgesetzt, betonte Groebler. Dafür habe der Aufsichtsrat am Donnerstag zusätzliche Mittel in Höhe von etwa zehn Prozent der Gesamtsumme von rund 2,3 Milliarden Euro freigegeben. Dann könne Salzgitter etwa zwei Millionen Tonnen Stahl anbieten mit einer CO2-Einsparung von rund 30 Prozent bezogen auf die Gesamtemissionen.
Eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte, durch die Verschiebung würden Mittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro frei. Die Expert*innen von der Investmentbank Jefferies bewerteten dies positiv. Der Kurs der Salzgitter-Aktie notierte am Freitag zeitweise leicht im Minus.
Stahlbranche stellt Forderungen an den Bund
In der Branche sind in den vergangenen Monaten Zweifel an der Machbarkeit eines grünen Umbaus lauter geworden. Die Schwerindustrie gehört in Deutschland zu den größten CO2-Emittenten.
Im Juni hatte der Stahlriese ArcelorMittal angekündigt, seine milliardenschweren Pläne für den Umbau zu einer klimaschonenden Produktion in den Werken Bremen und Eisenhüttenstadt zu beenden. Der Konzern begründete dies mit der angespannten Marktsituation und der fehlenden Wirtschaftlichkeit einer CO2-reduzierten Stahlproduktion.
Der Chef des größten deutschen Stahlkonzerns Thyssenkrupp, Miguel Lopez, hatte sich zwar kritisch über das eigene Milliarden-Projekt geäußert. Thyssenkrupp treibt die Arbeiten für die Inbetriebnahme einer klimaschonenden Anlage 2027 aber weiter voran.
Salzgitter-Chef Groebler betonte, dass die Bundesregierung sich bei der EU aktiv für einen konsequenten Handelsschutz einsetzen müsse. Der Wasserstoff-Markthochlauf müsse beschleunigt und die Energiekosten gesenkt werden. Der Manager ist auch Präsident des Lobbyverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl.
Das Bundeswirtschaftsministerium wollte auf Anfrage Unternehmensentscheidungen nicht kommentieren. Grundsätzlich liege eine wettbewerbsfähige Stahlindustrie am Standort Deutschland im Interesse des Landes, teilte das Ministerium mit. Die Bundesregierung wolle die Stahlindustrie daher unterstützen, wieder wettbewerbsfähig zu werden. Dazu habe sie bereits Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise veranlasst, die bereits beschlossen oder im parlamentarischen Verfahren seien.
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