piwik no script img

Debatte um SorgfaltspflichtenHabecks Steilvorlage

Die Union will das deutsche Lieferkettengesetz aussetzen, bis die europäischen Regeln greifen. Doch auch die stehen schon wieder unter Beschuss.

Hat die Debatte um das „Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz“ ins Rollen gebracht: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) Foto: Kira Hofmann/imago

BERLIN taz | Die CDU/CSU-Fraktion plant, am Donnerstag ein Gesetz in den Bundestag einzubringen, um das Lieferkettengesetz zu stoppen. Den Entwurf zu einem „Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz“ hat die Fraktion am Dienstag beschlossen. Dieser kritisiert „umfangreiche jährliche Berichtspflichten“ für Unternehmen und weist auf „bestehende Krisen wie insbesondere die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine [und] den Druck auf interna­tio­nale Lieferketten“ hin.

Hintergrund der schnell erstellten Vorlage sind Äußerungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem Kongress der Familienunternehmen vor den Europawahlen. Dort hatte er gesagt, er wolle das Gesetz pausieren lassen, bis die europäische Richtlinie greife, und „deutlich reduzieren“.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist seit 2023 in Kraft. Seit dem laufenden Jahr verpflichtet es Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern, Risiken von Menschenrechtsverletzungen zu analysieren und in Berichten transparent zu machen. Sie müssen Beschwerdemechanismen einrichten und bei Verstößen Abhilfe schaffen. Laut der zuständigen Kontrollbehörde Bafa gilt das Gesetz derzeit für 5200 Unternehmen, ein Bruchteil der rund 3,4 Millionen Unternehmen insgesamt in Deutschland.

Gegenwind aus den eigenen Parteien

Die neue­re europäische Richtlinie muss binnen zwei Jahren in deutsches Recht umgesetzt werden. Hinzu kommt dann etwa, dass von Menschenrechtsverstößen Betroffene zivilrechtlich gegen Unternehmen klagen können.

Die FDP will das Gesetz schon lange stoppen. Dass die Fraktion aber am Donnerstag für eine Aufhebung stimmen wird, ist höchst unwahrscheinlich. Gegenwind zu den Vorschlägen kommt auch aus Habecks eigener Partei. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, und ihr Amtskollege bei der SPD, Rolf Mützenich, sind entschieden gegen ein Pausieren.

Auf ­Table Media kündigten hingegen mehrere großen Wirtschaftsverbände an, sich weiterhin für Abschwächungen der europäischen Regeln einzusetzen. Viele Unternehmen sind aber auch für die Sorgfaltspflichten. Das Bafa hat im ersten Jahr eine positive Bilanz gezogen: Das Gesetz habe zur Verbesserung des Menschenrechtsschutzes in den globalen Lieferketten beigetragen und „fordert Unternehmen, ohne sie zu überfordern“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Schlussendlich geht es darum, ob es in Deutschland für Unternehmen legal bleibt, auch im dunkelgrauen Bereich ganz öffentlich, weiter wegzuschauen.