Debatte um Flüchtlinge: Showdown im Bundesrat
Die Union appelliert an die Grünen, die geplante Verschärfung des Asylrechts nicht zu blockieren. Doch die stellen sich noch quer.
BERLIN taz | Die Innenminister von CDU und CSU haben sich am Freitag in Weimar getroffen. Dabei haben sie sich beim Thema Flüchtlinge auf drei Punkte geeinigt. Erstens wollen sie die Grünen dazu bewegen, die Länder des westlichen Balkans zu „sicheren Herkunftsstaaten“ zu erklären, um „offensichtlich unbegründete Anträge“ von dort pauschal ablehnen zu können.
Zweitens wollen sie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg personell verstärken, um die Asylverfahren zu beschleunigen. Und Drittens wollen sie zunächst kein neues Kontingent für Asylbewerber aus dem Irak beschließen. Ausgerechnet Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte diese Idee kürzlich bei seiner Stippvisite in Erbil ins Gespräch gebracht, auch die SPD hatte den Vorschlag aufgegriffen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl suchen, ist aufgrund der Bürgerkriege im Irak, in Syrien und Afghanistan stark gestiegen. Die Bundesregierung möchte deshalb allen Asylbewerbern aus Bosnien und Herzegowina, Serbien und Mazedonien pauschal die Tür verschließen. Die Union hat dieses Vorhaben schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben, im Juli passierte der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD und Union den Bundestag. Doch im Bundesrat bilden die Grünen, weil sie an sieben Landesregierungen beteiligt sind, jetzt das Zünglein an der Waage.
An die Grünen appellierte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), jetzt, den Gesetzentwurf nicht zu blockieren. Doch die Grünen wollen dem Gesetz nicht zustimmen, wenn die Bundesregierung nicht noch Zugeständnisse macht. Das erfuhr die taz am Mittwoch aus grünen Kreisen.
Verhandlungsangebot steht noch aus
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) habe ein Verhandlungsangebot angekündigt, das aber bislang nicht erfolgt sei, hieß es da. So aber könne man dem Gesetzentwurf nicht zustimmen – darin sei man sich in der Verhandlungsgruppe der Grünen bislang einig. Der Bundesrat tagt am 19. September zum ersten Mal nach der Sommerpause. Dann steht der Gesetzentwurf auf der Tagesordnung.
Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll verstärkt werden. 300 neue Stellen hat die Bundesregierung der Behörde bereits zugesagt. Noch mehr Personal sei aber nötig, erklärte jetzt Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) am Freitag in Weimar. In der vergangenen Woche war das zentrale Aufnahmelager in Zirndorf wegen Überfüllung vorübergehend geschlossen worden. Auch andere Städte und Bundesländer stoßen nach eigenen Angaben an ihre Kapazitätsgrenzen. In Duisburg wurde vor Kurzem eine Zeltstadt aufgebaut. Und Berlin hat am Mittwoch wegen des Andrangs seine Zentrale Aufnahmestelle geschlossen und will sie erst in der nächsten Woche wieder öffnen.
Schon vor dem Treffen am Freitag in Weimar hatte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier (CDU) davor gewarnt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, ohne „die Bevölkerung hinter sich" zu wissen. Die Kommunen hätten bereits große Probleme. Das richtete sich an die SPD-Innenminister, die sich bei ihrem letzten Treffen am vergangenen Freitag für ein Kontingent für Flüchtlinge aus dem Nordirak ausgesprochen hatten. Die Erfahrungen mit Syrien hätten gezeigt, dass das Kontingent-Verfahren „verwaltungsmäßig sehr schwerfällig“, befand jetzt Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) in Weimar. Das normale Asylverfahren sei geeigneter, da es für Flüchtlinge aus dem Irak etwa eine „hundertprozentige Anerkennungsquote“ gebe.
Auch sein Schweriner Amtskollege Lorenz Caffier (CDU) betonte, es gehe „nicht um Aufnahmekontingente für Flüchtlinge, sondern zuallererst darum, vor Ort humanitäre Hilfe und Beistand zu leisten“. So ähnlich hatte es Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bereits vor zwei Wochen formuliert. Die Grünen dagegen fordern von der Bundesregierung, zusammen mit den anderen EU-Ländern möglichst rasch ein gemeinsames Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge zu beschließen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt findet, Europa müsse im Rahmen eines solchen Sofortprogramms mindestens 500.000 Flüchtlinge aufnehmen und seine Hilfen vor Ort aufstocken.
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