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Debatte um Elektro-TretrollerParkplatzpflicht für E-Scooter?

Jan Kahlcke
Gernot Knödler
Kommentar von Jan Kahlcke und Gernot Knödler

In einigen Hamburger Stadtteilen dürfen Elektro-Tretroller künftig nicht mehr wild abgestellt werden. Ein Pro und Contra.

Liegen öfter mal im Weg rum: Elektroroller Foto: Axel Heimken/dpa

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Endlich! Altona und Mitte haben die Faxen dicke von Roller-Rüpeln, die ihre Gefährte am Ziel einfach fallen lassen. Erstaunlich, dass die Lokalpolitik sich so lange von hippen Roller-„Start-ups“ hat auf der Nase rumtanzen lassen, hinter denen in Wirklichkeit Konzerne wie Google, Uber, Daimler oder BMW stecken. Ihr Geschäftsmodell basiert auf der privaten Aneignung öffentlichen Raums, gepaart mit organisierter Verantwortungslosigkeit.

Die Folgen lassen sich – wenn nicht gerade Pandemie ist – am deutlichsten nach Wochenenden auf und um St. Pauli beobachten: Auf manchen Plätzen liegen zehn oder mehr Roller kreuz und quer in der Gegend herum wie Überreste einer Roller-Schlacht. Lauter Stolperfallen. Dann kann es bis zum nächsten Wochenende dauern, bis sie wieder jemand braucht. Vielleicht kommt auch vorher ein scheinselbstständiger Subunternehmer, der ein paar davon zum Laden einsammelt. Nicht selten stehen E-Roller auch quer auf einem engen Fußweg, sodass Fußgänger sich daran vorbeidrängeln müssen. Mit Rollator oder Rollstuhl? Aussichtslos.

Klar, auch andere Verkehrsmittel beanspruchen öffentlichen Raum. Aber nicht mal Autofahrer würden ihre Blechkiste einfach auf der Fahrbahn stehen lassen. Wenn sie falsch parken, droht ein Bußgeld – oder der Autoknast. Und Räder parken schon deswegen am Straßenrand, weil nur da die Chance besteht, sie anzuschließen und auch morgen wieder vorzufinden. Liegen sie im Weg, entsorgt sie die Stadtreinigung genauso wie alte Sofas.

Nur die Roller bewegen sich in einem rechtsfreien Raum. Das mag daran liegen, dass die Politik sie anfangs als Baustein der Mobilitätswende begrüßt hat. Inzwischen hat sich jedoch gezeigt: Sie ersetzen eher Fußwege auf der „letzten Meile“ als Autofahrten. Dafür sind sie nämlich zu teuer. Sie bringen besonders hohe Unfallrisiken mit sich und die Entsorgung der erstaunlich kurzlebigen Akkus ist ein Umweltproblem.

Kann sein, dass die Roller künftig zu unattraktiv sind, wenn man sie nicht mehr vor der Kneipe fallen lassen kann. Kann sein, dass sie irgendwann nur noch von Touristen benutzt werden wie einst die albernen Segway-Roller. Erinnert sich noch jemand? Jan Kahlcke

Contra

Feste Parkplätze für E-Scooter würden eine gute Idee kaputt machen. Der ganze Witz an den Elektro-Tretrollern ist, dass sie überall herumstehen und man sich jederzeit einen schnappen kann. „Niedrigschwelliges Angebot“ nennt man das. Die Initiativen, den Rollern feste Plätze zuzuweisen, zeugen von einem spießigen Bedürfnis nach Aufgeräumtheit und haben die Idee nicht begriffen.

Eine Verkehrspolitik, die Alternativen zum Auto anbieten will, denkt integriert. Sie geht davon aus, dass öffentliche Verkehrsmittel dann optimal funktionieren, wenn die Angebote für unterschiedliche Bedürfnisse miteinander verzahnt werden. Nicht umsonst richtet der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) an U- und S-Bahnhöfen Switch-Points ein, an denen Fahrgäste von einem Verkehrsmittel in eine große Auswahl anderer umsteigen können.

An diesen Knotenpunkten halten Busse; dort stehen Leihwagen für kurze und lange Strecke sowie Leihräder. Dazu kommen Taxen und Sammeltaxen für diejenigen, die nicht auf den Bus warten wollen, oder die die letzte Meile zu ihrem Ziel nicht zu Fuß zurücklegen wollen. In dieses System fügen sich die Elektro-Roller prima ein.

Sie tragen dazu bei, die öffentlichen Verkehrsmittel bequem und schnell zu machen und damit konkurrenzfähig zum eigenen Auto. Denn wenn Fahrgäste erst zehn Minuten zur U-Bahn latschen müssen und dann noch mal zehn Minuten zu ihrem Ziel, verflüchtigt sich der Vorteil, dass die Bahn nicht im Stau steht. Dafür ist es aber auch notwendig, dass man die Roller am persönlichen Start- und Zielpunkt abstellen kann.

Dass die Roller häufig von Touristen genutzt werden, ist kein Fehler, schließlich lebt Hamburg auch von seinen Gästen. Der Kritik an der Haltbarkeit der Scooter sind die Hersteller dadurch begegnet, dass sie diese robuster gestaltet haben. Die Betreiber berichten von zurückgehenden Beschwerden. Wie ein Witz mutet es an, dass nun ausgerechnet zuerst im Schanzenviertel mit seinem Anarcho-Ruf für Ordnung im Roller-Unwesen gesorgt werden soll.

Im Übrigen ist die Klage, dass die E-Scooter überall im Weg herumstünden, stark übertrieben. Klar, ab und zu liegt mal einer umgestürzt irgendwo rum, aber das rechtfertigt nicht die Erregung. Ein Vorschlag zur Güte: Wie wär’s mit aufstellen? Gernot Knödler

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Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
Gernot Knödler
Hamburg-Redakteur