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Debatte über EinwanderungsgesetzKurswechsel im Sturm

Die CSU grantelt, SPD und Grüne frohlocken: Die CDU-Spitze befürwortet ein neues Einwanderungsgesetz. Im September will die Partei darüber diskutieren.

Frau Merkel reißt das Ruder rum und alle machen mit? Foto: dpa

Berlin afp | Kritik von der Schwesterpartei CSU, Lob von SPD und Grünen: Der Kurswechsel des CDU-Parteivorstands beim Thema Einwanderungsgesetz hat am Wochenende eine lebhafte Debatte ausgelöst. Aus der CSU kam Widerstand gegen ein solches Gesetz: „Ich bin der Überzeugung, dass wir kein neues Einwanderungsrecht benötigen, weil wir schon heute über ein modernes und flexibles Zuwanderungsrecht verfügen“, sagte der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), der Passauer Neuen Presse. Er erwarte keine qualitativen Änderungen an den bisherigen Regeln.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hingegen bot dem Koalitionspartner Union an, ein Einwanderungsgesetz noch vor der nächsten Bundestagswahl 2017 umzusetzen. „Ich freue mich, dass die CDU endlich ihren ideologisch motivierten Widerstand gegen ein Einwanderungsgesetz aufgibt“, sagte Oppermann der Bild am Sonntag.

SPD-Vizechef Ralf Stegner erwartet schwierige Debatten innerhalb der CDU/CSU. „Merkel wird es in der Union schwer haben“, sagte Stegner der Welt. Er hoffe aber, dass sich die Vernunft durchsetze. Bei dem neuen Gesetz dürfe es am Ende aber nicht nur um wirtschaftliche Erwägungen gehen, warnte Stegner. „Die SPD hat immer klar Position bezogen: Humanitäre Aspekte sind mindestens genauso wichtig.“

Grünen-Chef Cem Özdemir hob insbesondere die wirtschaftlichen Vorteile eines Einwanderungsgesetzes hervor, das den Fachkräftemangel lindern könnte. „Sie haben zum Teil hochqualifizierte Leute mit Migrationshintergrund, die hier leben“, sagte er in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem Deutschlandfunk. Arbeitgeber müssten offene Stellen bislang aber vorrangig mit Deutschen besetzen. „Das macht alles keinen Sinn. Also auch da freut es mich, wenn etwas mehr Pragmatismus langsam einzieht.“

Der CDU-Parteivorstand will am 14. September über ein Einwanderungsgesetz diskutieren und einen entsprechenden Antrag an den Parteitag beschließen. Hintergrund ist offenbar ein Kurswechsel von Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich in der parteiinternen Debatte auf die Seite der Befürworter eines Einwanderungsgesetzes geschlagen haben soll.

Bislang ist die Zuwanderung durch viele einzelne gesetzliche Vorschriften geregelt, ein einheitliches Einwanderungsgesetz gibt es nicht. Zu den Gegnern eines solchen Gesetzes zählte bislang etwa auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

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3 Kommentare

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  • Deutschland, sagte Herr Peter Tauber (CDU-Generalsekretär), müsse darüber reden, wie viele Einwanderer das Land wolle, unter welchen Voraussetzungen Nicht-EU-Ausländer einwandern und wie sie an Deutschland gebunden werden könnten.

     

    An ein Land kann man einen Menschen nur dann binden, wenn das Wichtigste, was ein Mensch hat, auch an dieses Land gebunden wäre. Nämlich seine Familie. Daher sind die humanitären Aspekte bei der Zuwanderung mindestens genau so wichtig.

  • Warum ist die Erhöhung der Zahl der Zuwanderer notwendig ist?

     

    Deutschland halbiert sich mit jeder Generation, nach ca. 100 Jahren (Vielleicht Auswirkungen einer Leistungsgesellschaft). Es geht um durchschnittliche Geburtenrate einer Familie.

     

    Die Anzahl von Studierenden wächst rasant und im Gegenzug bleiben immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt. Weil die Menschen, die in Deutschland leben, es begriffen haben, dass ein Studium viel mehr Türen öffnet und Möglichkeiten im Leben bzw. Lebensträume wahr werden lässt (Auswirkungen der Evolution der Gesellschaft).

     

    Im Ergebnis, nicht nur nach einer Ende März veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge, wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland bis 2050 von 45 auf unter 29 Millionen sinken.

     

    "Diese Lücke", heißt es in der Studie, "ist ohne Zuwanderung nicht zu schließen."

     

    Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung braucht Deutschland in den kommenden Jahrzehnten durchschnittlich zwischen 276 000 und einer halben Million Einwanderer jährlich - aus Drittstaaten.

  • "… warnte Stegner. „Die SPD hat immer klar Position bezogen:

    Humanitäre Aspekte sind mindestens genauso wichtig.“…"

     

    Da dieser ach so linke Jungdackel -

    Herr Stegner -

    wie für ihn zu hoffen steht - noch

    nicht unter

    Gedächtnisschwund leidet -

     

    Kann ich angesichts der unverhohlen

    entgegengesetzten Rolle - &

    Entscheidung/Mitwirkung der

    SPD bei der Schleifung des Asylrechts 1992

    (& das angesichts - gerade für SH - Mölln!)

    Auch ihn - Herrn Stegner - nur endgültig

    von der ohnehin schmalen Liste der

    glaubwürdigen Politiker streichen.