Debatte im britischen Unterhaus: Trump darf nach Großbritannien
Das britische Unterhaus diskutierte ein Einreiseverbot für Donald Trump wegen rassistischer Äußerungen. Der Antrag bekam aber keine Mehrheit.
Dass die Debatte überhaupt geführt wurde, lag an Suzanne Kelly. Die in Aberdeen lebende US-Amerikanerin hatte im Dezember eine Petition ins Netz gestellt und gehofft, innerhalb eines Monats 100.000 Unterschriften zu bekommen, um die Unterhaus-Debatte in Gang zu setzen. Diese Unterschriften hatte sie binnen vier Stunden beisammen, bis Montag waren es mehr als 570.000 Unterzeichner. Eine Gegenpetition wurde ebenfalls debattiert, obwohl sie nur 40.000 Unterschriften erhalten hatte.
Zwar kann man mit einer Petition eine Debatte erzwingen, aber die Abgeordneten müssen am Ende nicht darüber abstimmen. Das taten sie dann auch nicht. Die meisten Abgeordneten kritisierten Trump heftig für seine Aussagen, aber einem Einreiseverbot wollten sich nur die wenigsten anschließen. Die Debatte fand nicht im Unterhaussaal statt, sondern in einem Nebenraum, der Westminster Hall.
Theoretisch kann Innenministerin Theresa May Einreiseverbote ohne Unterhausvotum verhängen, und ihre Vorgänger haben das auch getan – zum Beispiel gegen den rechtsextremen niederländischen Abgeordneten Geert Wilders. Auf dessen Widerspruch wurde das Einreiseverbot jedoch aufgehoben, und Wilders flog unter grossem Medienrummel nach London.
Einreiseverbot wäre kontraproduktiv
Der britische Premierminister David Cameron sprach sich unter anderem auch deshalb gegen ein Einreiseverbot für Trump aus. Er bezeichnete dessen Bemerkungen über Muslime zwar als „polarisierend, dumm und falsch“, aber er fügte hinzu, dass Trump „alle gegen ihn vereinigen“ würde, käme er nach Grossbritannien.
Der Labour-Veteran Paul Flynn sagte ebenfalls, ein Einreiseverbot könnte sich als kontraproduktiv erweisen. Es würde Trump zu noch mehr Publizität verhelfen, wenn es so aussähe, als ob sich britische Abgeordnete in US-Angelegenheiten einmischten. „Wir liegen vielleicht jetzt schon falsch, indem wir Trump zu viel Aufmerksamkeit widmen“, sagte Flynn.
Trumps Mutter ist Schottin, sie stammt aus Lewis in den äußeren Hebriden. Trump selbst hat bedeutende Geschäftsinteressen in Schottland und wurde lange Zeit von der regierenden separatistischen Scottish National Party (SNP) hofiert. 2008 hob das schottische Parlament das Verbot für eine Luxus-Golfanlage im Wert von einer Milliarde Pfund auf, das die Grafschaftsverwaltung von Aberdeenshire verhängt hatte.
Trump „eine Blamage für Schottland“
Trump durfte gegen den Willen der Anwohner bauen. Doch als der damalige Erste Minister Alex Salmond elf Windturbinen in Sichtweite des Golfplatzes errichten ließ, war es mit dem innigen Verhältnis zwischen Trump und der Regierung vorbei.
Trump beschuldigte Salmond, die Küstenlinie zu ruinieren und „wild entschlossen an der Zerstörung Schottlands“ zu arbeiten. Er schaltete Zeitungsanzeigen, in denen er den Bau der Windturbinen mit dem Bombenanschlag auf das PanAm-Flugzeug 1989 über Lokerbie verglich, bei dem 270 Menschen starben. Salmond bezeichnete Trump im Gegenzug als „dummen Mann“, der „eine Blamage für Schottland“ sei.
„Er will alle Muslime aus den USA fernhalten“, sagte Salmond am Wochenende. „Ich will alle Donald Trumps aus Schottland fernhalten.“ Salmonds Nachfolgerin Nicola Sturgeon hatte Trump nach seiner anti-muslimischen Rede vorigen Monat den Titel als Botschafter für die schottische Wirtschaft aberkannt. Die Robert-Gordon-Universität in Aberdeen entzog ihm zur gleichen Zeit die Ehrendoktorwürde, die sie ihm 2010 verliehen hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?