Debatte Trumps militärische Außenpolitik: Ganz der Alte
Alle Welt verfolgt die politischen Kurskorrekturen von US-Präsident Donald Trump. Wenn überhaupt, dann sind diese rein rhetorisch.
Z umindest rhetorisch hat US-Präsident Donald Trump in den vergangenen neun Tagen einen außenpolitischen Schwenk um 180 Grad vollzogen. Trump, der im Wahlkampf noch das Versprechen einer isolationistischen Politik des „America First“ abgegeben hatte, lässt heute seinen Außenminister Rex Tillerson die alten Töne von den USA als Führungsmacht anschlagen.
Die Nato ist für Trump plötzlich „nicht mehr obsolet“, China ist plötzlich kein Währungsmanipulator mehr, und die Beziehungen zu Russland, dessen Präsidenten Wladimir Putin Trump im Wahlkampf in den höchsten Tönen als starken Leader gelobt hatte, sind nach beiderseitigen Aussagen auf einem neuen Tiefpunkt angekommen.
Für jenen Teil der Trump-Unterstützer, die vor allem die „Kriegstreiberin“ Hillary Clinton ablehnten, ist die Sache klar: Der „Deep State“, also im Verborgenen agierende, mit dem militärisch-industriellen Komplex verbundene Kräfte innerhalb des US-Regierungsapparats, wahlweise auch „Globalisten“ oder „Neocons“, haben Trump kleingekriegt. Für diese Leute, viele davon publizistisch bei Alex Jones’ „Infowars“, aber auch bei „Breitbart News“ angesiedelt, begann diese Niederlage mit dem Rauswurf von Trumps erstem Nationalem Sicherheitsberater, Michael Flynn, und fand mit den Tomahawkraketen auf die syrische Luftwaffenbasis letzte Woche ihren vorläufigen Höhepunkt.
Es ist bizarr, zu verfolgen, wie Syriens Baschar al-Assad jetzt in seinem AFP-Interview genau dieses Denkgebäude wiederkäut, während in den USA und Europa die syrisch-russische Version vom Giftgaseinsatz „unter falscher Flagge“ fleißig geteilt wird.
Globaler Dominanzanspruch bleibt
Schaut man allerdings einmal abseits der Rhetorik, so ist die These von dem angeblichen Riesenschwenk Trump’scher Außenpolitik nicht mehr haltbar.
Trumps Tiraden über die „obsolete“ Nato dienten letztlich nur dem Zweck, die europäischen Mitgliedsländer dazu zu bringen, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Fast alle haben das inzwischen eifrig versichert. Er selbst hatte schon im Wahlkampf erklärt, das Budget des Pentagons deutlich erhöhen zu wollen – sein erster Haushaltsentwurf sieht genau das vor.
Und Trump hatte sich auch im Wahlkampf schon mit radikalen Hardlinern umgeben: Der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, etwa war ihm ein enger Berater und Unterstützer. Falken wie Bushs UN-Botschafter John Bolton waren gar als Außenminister im Gespräch.
Trump, das konnte jeder sehen, meinte keine Sekunde, den globalen Dominanzanspruch der USA aufzugeben. Den aber will er vor allem militärisch aufrechterhalten – aus allem anderen, von Klimaabkommen bis Entwicklungshilfe, will er die USA zurückziehen.
Nur ein kleines bisschen schlimmer als Bush?
Wer trotz alledem in Trumps seinerzeit bekundeter Bereitschaft, auf der Krim und in Syrien die russische Einflusssphäre anzuerkennen, eine Chance für den Weltfrieden sah, legte nicht nur fragwürdige Kriterien zugrunde, sondern hatte zudem auch ziemlich schlecht hingeschaut.
Aber nicht nur solche „Friedensfreunde“ zeigen sich jetzt überrascht, auch die EU- und Nato-Regierungen haben nach den Raketen auf Syrien merklich aufgeatmet. Die Erleichterung ist denkbar fehl am Platz. Trumps Regierung ist heute als Führungskraft genauso ungeeignet wie vor einer Woche. Oder beruhigt es irgendjemanden, dass dieser US-Präsident vielleicht doch nur ein kleines bisschen schlimmer ist, als George W. Bush es war?
Sich Trumps Führungsanspruch und seinen Bedingungen unterzuordnen würde Europa direkt in die Katastrophe führen. Trumps Vision von der Umsetzung westlicher Werte ist ein waffenstarrender, sich abschottender, rassistischer und den Wohlstand seines eigenen reichsten 1 Prozent verteidigender Norden gegen den Rest der Welt. Nachhaltige Politik ist nichts, kurzfristiger Profit alles. Die Welt vor Donald Trump war da noch nicht sehr viel weiter. Aber ein bisschen schon.
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