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Debatte FinanzkasinoFDP und CDU belügen die „Mitte“

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Parteien bedienen Millionäre, anstatt Facharbeiter zu entlasten. Sie werben um die „Mitte“, sehen sie aber nur als Stimmvieh für klassische Klientelpolitik.

Die CDU will mit Steuerentlastungen einen „Mittelstandsbauch“ abschmelzen, entlastet aber Spitzenverdiener Foto: reuters

D ie FDP will in den Bundestag zurückkehren – und am liebsten gleich in die Regierung einziehen. Mehrheiten sind aber ohne die Normalverdiener in der „Mitte“ nicht zu gewinnen, wie auch die Liberalen wissen. Deswegen heißt der zentrale FDP-Slogan jetzt: „Wir sind die Alternative für die ungeduldige Mitte.“

Ein ausgebautes Programm hat die FDP noch nicht, aber es gibt schon einen poppigen Internetauftritt. Diese bunte Werbewelt macht klar: Die Liberalen halten die „ungeduldige Mitte“ für ziemlich dämlich. Denn die FDP hantiert mit einer krassen Steuerlüge und glaubt offenbar, dass die Wähler diesen Betrug nicht bemerken.

Die einzige konkrete FDP-Forderung lautet nämlich: „Endlich Entlastung durch die Abschaffung des Soli bis 2019.“ Die Liberalen suggerieren, dass vorneweg die Normalverdiener profitieren würden, wenn der Solidarzuschlag entfiele. Doch dies ist falsch. Den Solidarzuschlag zahlen vor allem die Besserverdienenden.

Konkret: Eine Familie mit zwei Kindern zahlt überhaupt gar keinen Soli­darzuschlag, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen weniger als 52.000 Euro beträgt. Ein solches Einkommen können aber nur wenige Haushalte verbuchen, denn selbst Vollzeitbeschäftigte verdienen im Mittel nur knapp 42.000 Euro im Jahr.

„Mittelstandsbauch“

Die FDP ist also ganz die alte: Sie bleibt eine Partei für Zahnärzte und Anwälte. Die „Mitte“ interessiert nur als Stimmvieh, um Privilegien für die Besserverdienenden zu sichern. Leider scheint dieses Konzept aufzugehen, denn FDP-Chef Christian Lindner ist aktuell weitaus beliebter als etwa SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

Es zieht immer, „Entlastungen“ bei der Steuer zu versprechen. Auch die CDU hat diesen Trick entdeckt. Finanzminister Wolfgang Schäuble will 15 Milliarden verteilen, aber das reicht vielen Unionsmitgliedern noch nicht. So will Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann den „Mittelstandsbauch“ abschmelzen. „Mittelstand“ klingt ebenfalls nach „Mitte“ und nach Normalverdiener – und wieder werden die Wähler getäuscht.

Der Blick auf die Steuern ist verzerrt – die eigentliche Bürde sind die Sozialbeiträge

Der „Mittelstandsbauch“ soll nämlich vor allem ganz oben korrigiert werden – bei den Spitzenverdienern. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll nicht mehr bei einem Jahreseinkommen von etwa 54.000 Euro greifen, sondern erst ab 60.000 Euro.

Damit auch Normalverdiener dieses Steuergeschenk nachvollziehbar finden, behauptet Linnemann, dass auch die „Mitte“ stark belastet werde: „Unsere jahrzehntelange Untätigkeit hat dazu geführt, dass heute der Facharbeiter an der Maschine den Spitzensteuersatz zahlt, den früher nur sein Chef zahlen musste.“

Diese Behauptung zeigt, dass sich Linnemann zwar Wirtschaftspolitiker nennt – aber die reale Wirtschaft nicht kennt. So schön es wäre: Facharbeiter verdienen nicht so viel wie ihre Chefs. Das offenbart schon ein Blick in die Steuerstatistik: Im Mittel wird ein Jahreseinkommen von 26.152 Euro versteuert. Das ist ganz weit weg von einem Spitzenverdienst – und vom Spitzensteuersatz.

Stabile Steuerquote

Natürlich gibt es auch Haushalte, die den Spitzensteuersatz zahlen. Momentan sind dies etwa 2,69 Millionen Steuerpflichtige, wie das Bundesfinanzministerium schätzt. Aber diese Spitzenverdiener sind eben keine „Facharbeiter“, wie Linnemann behauptet, sondern Ärzte, Notare oder Manager.

Die CDU betreibt klassische Klientelpolitik, will dies aber als „Entlastung“ für die „Mitte“ verkaufen.

Die Deutschen klagen zwar gern über ihre „Steuerlast“, aber tatsächlich ist die Steuerquote in den vergangenen vier Jahrzehnten bemerkenswert stabil geblieben. Seit 1975 schwankt der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt zwischen 22 und 25 Prozent – obwohl zwischendurch eine Wiedervereinigung zu finanzieren war.

Nicht die Steuern an sich sind das Problem, sondern ihre Struktur. In den letzten Jahrzehnten wurden die Reichen entlastet – und die Geringverdiener belastet. Denn die „direkten“ Steuern, die progressiv auf das Einkommen und Vermögen erhoben werden, sanken. Gleichzeitig stiegen die „indirekten“ Steuern, die auf den Verbrauch entfallen und von allen gezahlt werden. Vor allem die Mehrwertsteuer kletterte von einst 10 auf inzwischen 19 Prozent.

Das irritierende Ergebnis: Allein die Steuerreformen seit dem Jahr 2000 führten dazu, dass das ärmste Zehntel der Bevölkerung jetzt 5,4 Prozentpunkte mehr Steuern auf sein Bruttoeinkommen zahlt – während umgekehrt das reichste Tausendstel 4 Prozentpunkte sparen konnte.

4 Prozentpunkte Steuerersparnis mögen harmlos niedrig klingen. Aber wer zum obersten 0,1 Prozent der Bevölkerung gehört, ist oft Einkommensmillionär. Da bedeuten 4 Prozentpunkte also eine Steuerersparnis von mindestens 40.000 Euro im Jahr.

Für die „Mitte“ ist es keine gute Idee, neue Steuerexperimente zu starten. Sie würde garantiert wieder verlieren. Stattdessen wäre Normalverdienern viel eher geholfen, wenn der Staat mehr Geld in Bildung oder Kindergärten investierte.

Gelb-schwarze Klientelpolitik

Zudem ist der Blick auf die Steuern sowieso verzerrt, denn die eigentliche Bürde sind die Sozialbeiträge. Die Abgaben zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sind bei den „Facharbeitern“ der größte Posten. Sie machen rund 20 Prozent des Bruttoverdienstes aus – und zwar ohne Freibeträge gleich ab dem ersten Cent. Doch es passt zur gelb-schwarzen Klientelpolitik, dass über die Sozialabgaben komplett geschwiegen wird.

CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann hat kürzlich ein Buch geschrieben. Unter dem Titel „Die machen eh, was sie wollen“ setzt er sich dort mit „Wut, Frust, Unbehagen“ der Wähler auseinander. Seine Analyse: „Politik muss besser werden.“ Diese Erkenntnis ist zweifellos richtig. Linnemann sollte sich also selbst ernst nehmen und ab sofort keine Steuermärchen mehr erzählen.

Die Wähler sind zwar keine Finanzexperten und schnell zu verführen. Aber sie spüren genau, wenn Gerechtigkeit versprochen wird – und Ungerechtigkeit herauskommt.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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27 Kommentare

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  • War die Partei nicht, welche einer Mehrheit in Deutschland Dekadenz vorwarf?

  • Mythen bleiben Mythen, aber in Deutschland werden sie zur "Wahrheit" weil diese Mythen immer und immer wiederholt werden.

     

    Nicht die Steuerlast, (die war unter Kohl höher) sondern die Abgaben für Rente, Krankversicherung, Arbeitslosenversicherung/Pflegeversicherung belasten die normalen Arbeitsverhältnisse, weil sich Teile der Gesellschaft dank der Beitragsbemessungsgrenzen schon lange aus der sog. "Solidargemeinschaft" ganz legal verabschiedet haben. Zum anderen führen die vielen legalen Steuerausnahmetatbestände dazu, dass man sich in Deutschland ganz legal "arm" rechnen kann. Dann wurde das Stiftungsrecht geändert, was eigentlich umgetauft werden müsste, auf Steuervermeidungsstiftungen. Das dies alles möglich ist hängt auch damit zusammen dass der ISNM oder der sog. "Bund der Steuerzahler" ein Bund von Arbeitgebern regelmäßig dafür sorgen, dass eine Politik für die Wenigen und nicht für die Vielen gemacht wird.

     

    Wenn man sich einmal überlegt, dass in Österreich eine gesetzliche Rente bezahlt wird, welche ca. 800 Euro mehr im Monat als in Deutschland, fragt man sich schon, wieso nicht hunderttausende vorm Kanzleramt protestieren? Warum geht das in Österreich, oder Skandinavien oder Schweiz? Was in Deutschland nicht gehen soll? Weil alle in den o.g. Ländern von A L L E M Einkünften Prozentual in die Kassen einzahlen müssen.

  • Es ist wie im Märchen, man weiß dass es ein Märchen ist, aber trotzdem möchte man doch daran "glauben" Warum sonst werden regelmäßig bei Bundestagswahlen, die gewählt, welche für die Mehrheit keine Politik machen sondern für die Wenigen nämlich den Eliten? Regelmäßig werden nämlich immer über 80% der Stimmen an die CDU/CSU/SPD/Grüne/FDP und jetzt auch noch die AfD gehen? Alle o.g. Parteien haben eins gemeinsam, Neoliberal

  • "Konkret: Eine Familie mit zwei Kindern zahlt überhaupt gar keinen Solidarzuschlag, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen weniger als 52.000 Euro beträgt. Ein solches Einkommen können aber nur wenige Haushalte verbuchen, denn selbst Vollzeitbeschäftigte verdienen im Mittel nur knapp 42.000 Euro im Jahr."

    Die weiter unten ins Spiel gebrachten 84.000 für Mama und Papa vollzeitbeschäftigt müssen immer auch auf die Kinder mit aufgeteilt werden. Inwieweit das über Freibeträge, Steuerklassen etc. gerecht funktioniert, sprich: 84.000/4 zu 42.000/1 (Single, kinderlos) weiß ich nicht, aber das wird, liebe Frau Hermann, nie so richtig erklärt. Weder von den Politikern noch von den Journalisten, die Hugonormal die komplizierte Welt erklären sollen, da sie mehr und bezahlte Zeit für solche Späße haben ;) .

  • Zum ersten: herzlichen Dank Frau Herrmann für diesen Artikel.

    @DR.RER.NAT.HARALD WENK

    Vielleicht sollten Sie mal überdenken, dass Sie hier den Schwamm-drüber-Blues intonieren. Auch unter Fischer/Schröder gab es Menschen, die weiter dachten als von 12 bis zum Läuten. Ich stimme Ihnen zu mit der Anmerkung "Abschaffung von Rechtem aller Art" aber auch hier im Nachsatz praktizieren Sie genau das, was Sie wenige Worte vorher noch zu Recht angriffen. Trotzdem: ein schönes Wochenende.

  • "...die FDP hantiert mit einer krassen Steuerlüge und glaubt offenbar, dass die Wähler diesen Betrug nicht bemerken."

     

    Der Erfolg gibt ihr recht - mit Behauptungen zur Besteuerung lässt sich besonders elegant Demagogie betreiben, ohne "dem Buchstaben nach" zu lügen: Kaum jemand kennt den Unterschied zwischen "Brutto" und "zu versteuerndem Einkommen" und erst recht nicht zwischen "Durchschnittssteuersatz" und "Grenzsteuersatz". Auf diese Weise setzt sich dann beim Wähler leicht der Eindruck fest, ein armer Schlucker (alleinstehend) mit einem Jahresbrutto von 54.000 € müsse tatsächlich 42% davon, also 22.680 €, Jahressteuer zahlen (zutreffend wären max. 14.200 €, also 26%).

     

    Mit exakt solchen Fehlsuggestionen, die peinlicherweise auch in den Qualitätsmedien nicht richtiggestellt wurden, ist es im Wahlkampf 2013 gelungen, das Steuerkonzept der Grünen zu desavouieren.

  • Sorry, aber 2 Vollbeschäftigte mit einem Einkommen von insgesamt 52.000 brutto zählen doch nicht zur sogenannten Mitte.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Danke, Frau Hermann, für diesen Artikel!

    Das Fazit ist aber, alle Parteien veräppeln ihre Wähler.

    Was tun?

  • Bei manchen Kommentatoren, scheint einiges wohl durcheinander gegangen zu sein. Bei einem die Orthografie samt Satzstellung, bei einem anderen haben 2 Verdiener ein Gesamteinkommen von 84000 Euro. Na dann können wir ja auf den Sozialstaat komplett verzichten, wenn es den Bürgern so gut geht. Es sei an dieser Stelle auf die Ausgabe der "Publik" hingewiesen, dem Organ von verd.i, wo in einem Artikel mit diesem Propagandamärchen vom Facharbeiter, der den Spitzensteuersatz zahlt, gründlich aufgeräumt wird. Es ist eine platte Lüge, welche in die Welt gesetzt wurde um den Wähler zu betrügen.

     

    Warum jedoch die SPD, Grünen und Linke dazu schweigen? Warum schweigen Grüne und Linke auch zu dem Abriss des Grundgesetzes und der Transformation zu einem Überwachungsstaat a la Myanmar?

     

    Weil in deren Fieberträumen die SPD ein Koalitionspartner ist. Die SPD dagegen, die will es sich weder mit CDU/CSU noch mit der FDP verderben.

     

    Nun stellt sich am Ende die Frage, wie soll dieses betonierte System eigentlich gesprengt werden? Denn vor diesem erratischen Klotz steht eine Sturmabteilung, die sich AfD nennt und nichts anderes im Sinn hat, als diese neoliberalen Zustände für ein weiteres tausendjähriges Reich zu erhalten.

  • Also, was ich jetzt ziemlich komisch finde an Ihrem Kommentar: Sie sagen zwar, dass ein Ehepaar gemeinsam schon mal locker auf 84 000 € Einkommen kommt. (Wie viele wohl?) Okay. Aber weiter unten führen Sie die "Ehegatten im Nebenjob" quasi als Steuerzahler auf, die einzeln in die Statistik einfließen. Ja watt denn nu? Und wie kommen Sie darauf, dass Studenten Einkommens-Steuern zahlen? Ebenso bezahlen Azubis wohl eher selten Steuern, und auch Rentner versteuern ja nur einen Teil ihrer Rente, die muss also schon erheblich sein. Also insgesamt ist Ihre Argumentation da nicht so schlüssig.

  • "Leider scheint dieses Konzept aufzugehen, denn FDP-Chef Christian Lindner ist aktuell weitaus beliebter als etwa SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz."

     

    Instinktiv spürt auch der potentielle SPD-Wähler, dass er von den Sozis noch mehr besch... werden kann.

     

    Die müssen sich nämlich als relativ frische neoliberale Konvertiten mehr beweisen.

    Was sie auch gewiss tun: https://www.youtube.com/watch?v=c1OomcaIePc (16:35 - 17:50)

    • 6G
      64662 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      Der Mann weiß einfach, wie man sich Vorgesetzten gegenüber zu benehmen hat! Ist ja auch gut für die eigene Karriere.

    • @agerwiese:

      Man kann, mein guter @Agerwiese, Worte und Taten immer nur im jeweiligen Kontext bewerten:

       

      - Mit dem Hinweis auf den "Steuersenkungsrekord" der SPD kontert Steinmeier lediglich die Selbstdarstellung der Union (er nennt speziell Aigner) als besonders arbeitgeberfreundlich.

       

      - Die von ihm genante Steuersenkungsorgie zu Beginn des Jahrtausends ist im Umfeld der damaligen ständigen Erpressung mit Abwanderungsdrohungen der Produktion und der Privatvermögen zu sehen.

  • Jawoll, der "Mittelstandsbauch" muß weg, dann kan man denen den Gürtel nämlich enger schnallen.

  • Nachtrag:

     

    {...} Auf meine Nachfrage bei der zuständigen Sachbearbeiterin und Beamtin, erklärte sie mir: Sie können “Aufstockung beantragen“ und „Sie können in dieser beruflichen Tätigkeit bis zu ihrer Altersrente arbeiten“[sinngemäß]. Das ich von dieser Unterbezahlung, weit unter jeden damals üblichen Tarif, nicht einmal meinen Lebensunterhalt bestreiten konnte und damit auch keine (nennenswerten) Renten-Ansprüche erwerben konnte, darüber wurde seitens der Beamtin der BA nicht gesprochen.

     

    Die materiellen Verhältnisse und die drastische Reduzierung der Arbeitslöhne, um bis zur Hälfte und darüber hinaus, in den Jahren nach 1990 bis in die Gegenwart, hätten bei einer klassenbewussten Arbeiterschaft und einer entsprechenden Gewerkschaft und sozialrevolutionären Partei, gewiss schon zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Bundesrepublik Deutschland geführt!

     

    R.S.: Gewerkschafter der Basis, seit 1969.

  • "denn selbst Vollzeitbeschäftigte verdienen im Mittel nur knapp 42.000 Euro im Jahr" - und weniger als die Hälfte davon!

     

    Ein früherer Auszubildender, als Zimmerer, am Oberstufenzentrum für Bau- und Holztechnik in Berlin Spandau, arbeitete Ende der 1980er Jahre am Elefantentor für den Berliner Zoo. Er hatte bei dieser Facharbeit, im Jahr 1988, einen Arbeitslohn von 22 DM-Std. brutto. Etwa 16 Jahre später, im Jahr 2004, lag der tarifliche Arbeitslohn für gelernte Holzmechaniker (Tischlergesell*innen) unter 11 Euro-Std. brutto. Häufig wurden nur bei Neueinstellungen Brutto-Stundenlöhne von 7-9 Euro gezahlt. Die Arbeitslosigkeit im Holz- und Tischlereigewerbe lag im Jahr 2004 bei etwa 40 Prozent in Berlin-Brandenburg.

     

    Im Jahr 2005 war ich im befristeten Zeitvertrag als Tischlermeister im Martin-Gropius-Bau Berlin beschäftigt und bekam (nur) einen Stundenlohn zwischen 14 und 15 Euro brutto. Damit lag bereits mein Arbeitslohn um 38 Prozent unterhalb der ursprünglichen mündlichen Vereinbarung mit dem Direktor es MGB Berlin. Infolge meines befristeten Arbeitsvertrages befand ich mich 2006 als älterer Tischlermeister in Arbeitslosigkeit (ALG I.).

     

    Im März 2006 bekam ich über die zuständige Sachbearbeiterin der Arbeitsagentur Berlin-Tempelhof ein Arbeitsplatzangebot als Tischlermeister und Projektleiter, in Berlin Tempelhof-Lichtenrade/Marienfelde. Erst vor Ort -bei der Firma BITAN- erfuhr ich genaueres über die tatsächliche Unter-Bezahlung. In der Umrechnung lag der Arbeitslohn bei 7,35 Euro-Std. brutto. Damit bei weniger als 40 Prozent, für eine angemessene Bezahlung und bei vergleichbarer Arbeit.

     

    Nachtrag folgt: {...}

  • Ich habe gerade nochmal nachgerechnet wer als Single 3.000 im Monat verdient bezahlt auch schon einige Hundert Euro Soli. Das sind 36.000 Jahresgehalt und damit das was völlig normale Jobs wie Journalisten, Lehrer oder Angestellte mit Tariflohn verdienen.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik verdeutlichen eklatant die Schwäche der SPD. Der Ball liegt ja nicht auf dem Elfer, sondern auf der Torlinie. Was macht Schulz? Er läuft, Fußballer der er ist, Richtung Mittellinie. Man mag kaum mehr glauben, dass das Politik in Deutschland ist. Es ist ein Tollhaus gefüllt mit Schlipsträgern, die aus ihrem Hamsterrad der Sachzwänge und ungeplanten Nebenfolgen nicht herausfinden. Oops Finanzcrash, Demokratie- und Eurokrise, we did it again and again...

  • So lange Hartz-Parteien gewählt werden,

    wird sich nichts ändern.

  • Was Besseres...

     

    Warum lässt sich die Mitte dauernd belügen?...

    Standesdünkel, Bequemlichkeit, Faulheit, Dummheit... Und vor allem der heisse Wunsch, sich gegen die unten abzugrenzen. Um selbst was Besseres zu sein...

    Das wird natürlich teuer.

  • Danke, für diesen erhellenden Kommentar, der mehr als deutlich zeigt, wie wir als Normalos gelockt und belogen werden von denen, die nur die Begünstigung ihrer Klientel im Auge und im Kopf haben.

     

    Schade nur, dass weder die GRÜNEN noch die SPD da dagegen halten, sondern schon viel zu oft - siehe Regierungen Schröder, siehe Massnahmen in der GroKo usw - mitgemacht haben.

     

    Und schade, dass sich die LINKE gerade selbst aus dem politischen Spiel rausgekegelt hat.

    • @Der Allgäuer:

      Der Kommentar ist aber auch nicht ehrlich. Die kalte Progression belastet sehr wohl die mittleren Einkommen. Einkommen oberhalb 55.000 sind davon nicht betroffen. Und die Familie mit zwei Kinden müsste schon eine Ehe ohne Patchwork sein.

  • das geheimnis sind die KONTRABENUTZTEN linken mherheiten aus spd grüne LINKE die aufgrund vor allem der sPD, aber unter fischer/schröder schon im tandem spd/grüne und den ausgeslaassen grüne stopmöglichekeiten im bundesrat.

     

    POSTDEMOKRTAIE: entfunktioinasiertung der intessensvetetrung mit abschaffung von rechtem aller art!! von den sozialdemokraten,dei dei grüne da imermehr ins schlepptau genommen haben.

  • in diesem Artikel wird ein haufen Zahlen wild durcheinandergewürfelt umd ein BIld zu zeichnen, das so gar nicht vorhanden ist.

     

    "Eine Familie mit zwei Kindern zahlt überhaupt gar keinen Solidarzuschlag, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen weniger als 52.000 Euro beträgt. Ein solches Einkommen können aber nur wenige Haushalte verbuchen, denn selbst Vollzeitbeschäftigte verdienen im Mittel nur knapp 42.000 Euro im Jahr."

     

    In welchem Haushalt gibt es heutzutage denn bitte noch nur einen Beschäftigten?

    Bei zwei Berufstätigen haben wir schon ein Durchschnittsbrutto von 84000. Damit wird die Grenze von 52000 locker gerissen.

     

    Zudem ist 42000 nur der absolute Durchschnitt. Zur Mittelschicht wird aber auch gezählt, wer zwischen 60% und 200% dieses Meridians verdient. Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 60.000 kommt also sehr wohl der Mittelschicht zu gute.

     

    Das versteuerte Jahreseinkommen von 26.152 zählt als Durchschnitt aller eingereichten Steuererklärungen. Hierzu gehören Azubis, Studenten, Renter, Ehegatten im Nebenjob. Das diese PErsonen weniger verdienen als der erwähnte Facharbeiter sollte logisch sein.

     

    Zum Thema Sozialabgaben gebe ich der Autorin allerdings zu 100% recht.

    • 2G
      25726 (Profil gelöscht)
      @Lain Lainsen:

      "Bei zwei Berufstätigen haben wir schon ein Durchschnittsbrutto von 84000. Damit wird die Grenze von 52000 locker gerissen. "

       

      Wie einfach strukturiert muß man sein? Ja,ja, ich kaufe für zwei Euro, dann verkaufe ich für vier Euro. Und von den zwei Prozent lebe ich...

    • @Lain Lainsen:

      Ein bißchen seltsam ist Ihre Rechnung schon. Erst wollen Sie uns erzählen, dass ein berufstätiges Ehepaar locker auf ein Durchschnittsbrutto von 84000 € kommt. Weiter unten zählen Sie aber Ehegatten (im Nebenjob) als einzelne Steuerzahler auf. Ja watt denn nu? Und seit wann zahlen Azubis und Studenten Einkommenssteuer?

    • @Lain Lainsen:

      Exakt.

       

      Ich bin wirklich kein Freund von der FDP und Steuersenkungen sind oft populistisch, aber dieser Artikel ist fast noch schlimmer.

       

      Ein Facharbeiter bei Porsche verdient sehr wohl auch mal 52.000 im Jahr. Gehört der jetzt nicht mehr zur Mitte der Gesellschaft? In der Software-Entwicklung sind solche Gehälter auch schnell erreicht. Wollen wir jetzt jeden Software-Entwickler in die Oberschicht stecken?

       

      Zur Familie mit 2 Kindern: Was ist mit Singles? Ist man als Durchschnittsverdiener jetzt Oberschicht, wenn man keine Familie hat?

       

      Dazu kommt: Mit "die Mitte" ist ja nicht der untere Teil der Gesellschaft gemeint. Dass die alleinerziehende Mutter, die in teilzeit als Putzfrau arbeitet davon nicht profitiert mag falsch sein, aber das hat an der Stelle ja auch niemand behauptet.

       

      Wirklich traurig, dass die taz hier mangelndes Niveau beklagt und dann die selbe Faktenverdrehung in eine andere Richtung betreibt...