Datenweitergabe von Facebook: Sorry? Das sagt sich leicht
Mark Zuckerberg entschuldigt sich für den Daten-Skandal. Am Grundprinzip des Konzerns ändert sich aber nichts, denn er verdient damit sein Geld.
Er ist ein aalglatter Typ, dieser Zuckerberg. Kein Wunder, dass ihm inzwischen in verschwörungstheoretischen Kreisen der Ruf anhaftet, in Wirklichkeit ein Reptilienmensch, eine Mischung aus Alien, Gestaltwandler und Reptil, zu sein. Als er 2016 zu seiner wahren Gestalt befragt wurde, bügelte er die Frage ab – aalglatt. Ähnlich gewunden hat sich der Facebook-Gründer und CEO jetzt auch im jüngsten Skandal rund um Cambridge Analytica, die Firma, die sich Daten von 50 Millionen Facebook-Usern erschlichen hat. Worüber Facebook seit Jahren Bescheid wusste.
Dem US-Sender CNN hat Zuckerberg ein Interview gegeben – und sich entschuldigt. „Das war ein heftiger Vertrauensbruch und es tut mir leid, was passiert ist“, sagte der Facebook-Chef.
Das es ihm wirklich leidtut, mag stimmen. Aber auf die unbeteiligte Art: Keine Schritte unternehmen, um ein Unglück zu verhindern, aber ehrlich mit den Betroffenen mitfühlen. Zuckerberg kündigte zwar Veränderungen an – so soll die Menge an Daten, auf die App-Entwickler zugreifen können, radikal verringert werden. Aber am Grundprinzip von Facebook ändert sich nichts: „Dass Facebook kostenlos bleibt und dafür ein Geschäftsmodell hat, das auf Werbung beruht, bleibt wichtig und gehört für uns zusammen“, sagt Zuckerberg. Für viele steht aber fest: Solange das System Facebook so bleibt, sind Nutzerdaten niemals sicher.
Facebook wird seit Jahren vor den bestehenden Problemen der Datenschutzregeln gewarnt, von innen wie außen. Gemessen an dem, was möglich wäre, hat das Unternehmen wenig bis gar nichts getan – weil es sich damit selbst abschaffen müsste. 2014 erfolgte zwar eine Einschränkung, dass Apps nicht mehr Daten Dritter abgrasen können. Aber aufs Daten-Abgrasen komplett verzichten wird Facebook eben nicht können – weil es mit Daten sein Geld verdient. Und deshalb klingt auch manch anderes Statement aus Zuckerbergs Entschuldigung hohl: „Wir haben eine grundsätzliche Verantwortung, die Daten von Menschen zu schützen. Und wenn wir das nicht können, verdienen wir es nicht, euch zu dienen.“
Die Lüge der Community
Moment mal – „uns zu dienen“?! Vielleicht glaubt er tatsächlich, dass das, was Facebook tut, vor allem ein Dienst an der Community ist – der ihn nebenbei zum Multimilliardär gemacht hat. Geld, nochmal, das Facebook nicht von seinen Usern einnimmt, sondern von den Firmen, die auf der Seite werben, verkaufen und die Daten ansammeln, mit denen sie ihre Werbung verfeinern.
Wo wir gerade bei Community sind: Es ist eins von Zuckerbergs Lieblingswörtern, meistens in der Kombination „unsere Community“. Damit meint der freundliche Mark von nebenan: sich, dich, mich, euch – die ganze große Facebook-Gemeinde. Eine rührende rhetorische Figur, mit der er uns zeigen will, dass er fühlt und denkt wie wir. Was soll das für eine Community sein, in der sich der verschwindend geringe Teil dieser Community auf Kosten des großen Teils der Community bereichert? Das erklärt Zuckerberg nicht. Auch nicht, dass Bereicherung eben nicht nur ein Beiwerk der Plattform, sondern fester Kernbestandteil ist. Vielleicht meint er Community ja ganz anders: nicht diese warme, inklusive Vorstellung von Gemeinschaft, sondern einen kalten, analytischen Begriff, analog zu „Gesellschaft“ – erklärt Mark uns den Kapitalismus?
Erstaunlich, dass sich Zuckerberg auch jetzt noch als der selbstlose Guru einer „Community“ inszeniert. Von „Mission“ spricht, versucht, bei seinem Publikum weiter Bilder von einer vernetzten Zukunft unendlicher Likesolidarität zu erzeugen – ein Wolkenschloss.
Das Traurige ist, dass es langfristig funktionieren könnte. Zwar ist die Empörung gerade groß und Zuckerberg wird sich vor etlichen Ausschüssen verantworten müssen – aber über kurz oder lang könnte das alte Image wieder in den Vordergrund treten: Facebook, irgendwie undurchschaubar, aber letztliche harmlos. Und wahnsinnig nützlich. Die halbherzige Entschuldigung von heute ist da so etwas wie eine Investition in die Zukunft. Zuckerberg spekuliert darauf, dass es gerade zwar viel Empörung geben mag, aber bisher kaum echte Möglichkeiten des Widerstands.
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