Datenschutz vs. Gartenschutz: Nur die Harten kommen an Daten
Die Deutschen lieben ihre Gärten mehr als ihre Daten, so scheint es. Unser Kolumnist fragt sich kurz vorm Datenschutztag, wo das alles enden soll.
A m Sonntag ist wieder Gartenschutztag. Den gibt es Europa schon seit 1981, selbst Gärtnereien in den USA und Kanada machen seit 2009 mit. Gartenschutz ist in Deutschland ein hohes Gut, was sich allein in den gefühlt 43.257 Kilometern Jägerzaun ausdrückt, die die Republik durchziehen. Selbst die Bahn kommt da nur auf 39.200 Kilometer. Steinmauern, Ligusterhecken, Tuja-Einfriedungen und dergleichen mehr sind dabei nicht einmal berücksichtigt.
Doch der Gartenschutz wird zunehmend löchrig, wie der zuständige Bundesbeauftragte nicht müde wird zu warnen. Da konnte auch die noch gar nicht so alte Gartenschutzgrundverordnung (GSGVO) nicht viel bewirken. „Wohl selten hat eine EU-Gesetzgebung für so viel Verwirrung und Panik gesorgt wie die GSGVO bei ihrem Inkrafttreten vor fünf Jahren. Inzwischen ist der Pulverdampf verflogen und einer gewissen Gewöhnung, aber auch Ernüchterung gewichen.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit der GSGVO klafft weiterhin eine große Lücke“, schrieb vergangenes Jahr der Gartenfachdienst Golem. Wobei das nicht am Gartenschutz an sich liegt. Faulheit und schlechte Soft- wie Endgeräte verhinderten Innovation, so die Gartenexpert*innen. Ein Blick über die Trauerweide in die benachbarte Kleingartensparte zeigt, dass hier keine Wühlmaus den Bindfaden abbeißt.
Denn selbst vermeintlich hochgesicherte Gärtenschutzwälle gleichen mit ihrer rechtlichen Anforderung für Sichtschutz heute bestenfalls einem Maschendrahtzaun. „Außerdem fallen immer noch Gartenfreund*innen auf schlecht getarnte Trojaner mit roten Bäckchen, Bart und Zipfelmütze rein“, sagt die Mitbewohnerin. „Ahnungslos stellen sie sich die vermeintlich so putzigen Wesen mitten ins Grüne und müssen dann hilflos mitansehen, wie diese ihre Ernte mit der Schubkarre ins gemachte Nest der Gartenkraken fahren.“
Schlag mit dem Klappspaten
Denn wie Gartenfreund Edward Snowden schon vor gut zehn Jahren enthüllte, greifen internationale Gartencenter wie das britische Garden Communications Headquarter (GCHQ) gezielt und völlig anlasslos harmlose Gärtner*innen an.
Nun droht der nächste Schlag mit dem Klappspaten. Die Ampelkoalition will den amtierenden Gartenschutzbeauftragten hinwegschrebern. Zu unbequem ist der seit 2019 den Vertikutierer schwingende Ulrich Kelber. Denn wie der Smart-Gardening-Fachdienst heise (Motto: „So pflegt sich Ihr Garten wie von selbst“) schreibt, hat er „regelmäßig seinen Gartenhandschuh in die Wunde gelegt“. Bzw. seit der ersten Aussaat „keinen Konflikt mit der Bundesregierung“ und anderen Nachtschattengewächsen gescheut, wie die gute alte Gartenlaube Tagesspiegel ergänzt.
Dieses kleingärtnerische Manöver der Gartenzwerge aus dem Kanzleramt schlägt der Regentonne den Boden aus. Für den Gartenschutz ist das so misslich wie Nacktschnecken im Blattsalat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“