Daten-Affäre wird konkret: Die Nummern kamen aus Berlin

Half der BND, deutsche Islamisten im Ausland zu orten? Der Geheimdienst weist den Vorwurf der Beihilfe zu gezielten Tötungen jetzt zurück

Brisante Informationen: Telefondaten von Terrorverdächtigen können tödlich sein. Bild: dpa

FREIBURG taz | Langsam wird klar, warum der BND seine enge Zusammenarbeit mit US-Partnerdiensten wochenlang unter der Decke hielt. Er muss sich nun nämlich fragen lassen, ob er mit der Weitergabe von über 500 Millionen Datensätzen pro Monat Beihilfe zur gezielten Tötung von Islamisten in Afghanistan, in Pakistan und im Jemen leistet.

Mit dieser Frage muss sich am Montag auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags beschäftigen. „Es wäre schlimm, wenn der BND zu solchen Tötungen beiträgt“, sagte SPD-Innenexperte Thomas Oppermann, der auch das Gremium leitet.

Der BND liefert den Amerikanern nicht nur Mobilfunknummern von Verdächtigen, sondern auch Funkzellendaten aus Afghanistan. Zum einen gibt der BND Mobilfunknummern von Islamisten an die Amerikaner weiter. Mit Hilfe dieser Nummern können die Amerikaner den Aufenthalt der Betroffenen in Afghanistan, Pakistan oder im Jemen orten. Denn ein betriebsbereites Handy nimmt laufend Kontakt mit der örtlichen Funkzelle auf.

Zum anderen gibt der BND allein in Afghanistan monatlich rund 80 Millionen Kommunikationsdaten an die Amerikaner weiter. Viele dieser Daten betreffen den Standort (also die Funkzelle) von Mobilfunkgeräten.

Der BND verteidigt sich

Am Wochenende verteidigte sich der Geheimdienst, dass die bloßen Funkzellendaten noch keine „zielgenaue“ Ortung eines Verdächtigen zulasse. „Mobilfunknummern sind für eine zielgenaue Lokalisierung nicht geeignet“, betonte der BND betont nun auf Anfrage der taz. Das gleiche gelte für Funkzellendaten, denn die Funkzellen seien, insbesondere in Afghanistan, viel zu groß.

Der BND betont außerdem, er gebe Daten an „ausländische Partnerdienste“ nur mit einer schriftlichen Zweckbeschränkung weiter. Danach dürften die Daten „nicht als Grundlage oder Begründung“ für Folter, Strafverfolgung oder Todesurteile benutzt werden. „Eine Verwendung zum Zwecke des Einsatzes körperlicher Gewalt ist nur dann zulässig, solange und soweit ein gegenwärtiger Angriff vorliegt oder unmittelbar droht.“

Die gezielte Tötung eines Islamisten in Afghanistan mit Hilfe von BND-Handy-Daten wäre demnach also nur dann möglich, wenn dieser gerade dabei ist, einen Anschlag auszuführen. Die Bundesregierung hat Ende 2011 im Bundestag erklärt, sie habe „keinen Zweifel daran, dass sich auch die US-Partnerbehörden“ an solche Zweckbeschränkungen halten, heißt es in Drucksache 17/8088.

Beihilfe zum Mord?

Laut Spiegel hat der BND seit 2011 in vier Fällen maßgebliche Hilfe geleistet, um Anschläge auf deutsche Soldaten in Afghanistan zu verhindern. Ob die Anschläge mit Hilfe von US-Drohnenangriffen unterbunden wurden, blieb dabei aber offen.

Der BND wehrt sich auch gegen den Vorwurf, BND-Präsident Schindler habe in seiner Behörde gegen internen Widerstand eine neue US-freundliche Linie durchgesetzt. Das hatte die Süddeutsche Zeitung geschrieben. Schindler, der seit Dezember 2011 im Amt ist, habe weder die Dienstvorschriften noch die Übermittlungspraxis geändert, so der BND. Die Erlasslage beim BND sei auch nicht laxer als beim BKA oder dem Verfassungsschutz.

Bernd Riexinger, der Vorsitzende der Linkspartei, bezeichnete Drohnentötungen als „Mord“. Die Bundesanwaltschaft solle Ermittlungen prüfen. Generalbundesanwalt Range hat jüngst allerdings erklärt, dass die USA sogar deutsche Staatsbürger in Afghanistan rechtmäßig töten dürfen, wenn diese auf Seiten der Taliban oder anderer Aufständischen kämpfen. Ermittlungen sind damit eher unwahrscheinlich.

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