Das war: Der Rabensenator schweigt
Die Bombe ging dann doch nicht hoch. Zum Glück gab es sie gar nicht. Doch die Drohung, die am Donnerstagvormittag bei der Schulleitung der Ida-Ehre-Schule in Hamburg einging, war nur der Schlusspunkt einer unwürdigen Entwicklung, die mit rechtspopulistischer Hetze begann und mit der Bombendrohung mit „rechtsextremem Hintergrund“, so die Schulleitung, vorläufig endete. Die Schule, die nach der von den Nazis verfolgten Theaterchefin Ida Ehre benannt ist und deren SchülerInnen für Schulprojekte mehrfach mit dem Bertini-Preis gegen Ausgrenzung und Unterdrückung ausgezeichnet worden sind, diese Schule war von der AfD ins Visier genommen worden.
In der Schule hatte ein Unbekannter eine Pinnwand mit antifaschistischen Aufklebern fotografiert und der AfD-Fraktion in der Bürgerschaft zugespielt. Seit vorigen September betreibt die Fraktion die Online-Plattform „Neutrale Schulen Hamburg“, auf der „Verdachtsfälle“ auf Verstöße gegen das Neutralitätsgebot der Schulen gemeldet werden sollen. Die AfD richtete eine schriftliche Kleine Anfrage an den Senat – und die Schulaufsicht ließ während der Frühjahrsferien die Pinnwand entfernen, ohne mit der Schulleitung Kontakt gesucht zu haben. Was sie nicht wusste: Die Wand war Teil eines Schulprojektes zur Europawahl.
Von der AfD eingeweihte Medien griffen den Tenor der Rechtspopulisten auf: Von „Linksextremen“ an der Schule war die Rede und von einer linken Kaderschmiede. So auch in der von der AfD angemeldeten Debatte in der Bürgerschaft am Mittwoch. AfD-Fraktionschef Alexander Wolf begann seine Rede mit dem Hinweis, an der Ida-Ehre-Schule prange ein Schild: „Schule ohne Rassismus“ – und erntete minutenlangen ironischen Beifall von SPD, Grünen und Linken.
Hart gingen diese drei Fraktionen mit „dem Denunziationsportal“ der AfD ins Gericht und stellten sich ausdrücklich vor die Ida-Ehre-Schule und ihre antifaschistische Ausrichtung, auch die CDU schloss sich an, lediglich die FDP kämpfte sich an ihrem eigenen Weltbild der Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus ab.
Nur einer schwieg: SPD-Schulsenator Ties Rabe ergriff nicht das Wort, stellte sich nicht hinter Schule, LehrerInnen und SchülerInnen, verteidigte das pädagogische Konzept, Kinder zu mündigen BürgerInnen zu erziehen, nicht gegen die Hetze der AfD. Und als tags darauf die Bombendrohung einging, schwieg Rabe ebenfalls. Man darf das als unterlassene Hilfeleistung werten. Oder als Feigheit. Sven-Michael Veit
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