Das war die Woche in Berlin II: Eine Meldung und viel Getöse
Eine Zeitung berichtet, der Senat wolle für viel Geld Flüchtlinge in Hotels unterbringen. Ob das stimmt, ist völlig unklar – trotzdem beginnt eine erschreckende Debatte.
Wenn es um Flüchtlinge geht, braucht es nur noch erschreckend wenig, um öffentliche Erregung in gleichfalls erschreckendem Maße zu erzeugen. Bestes Beispiel ist die Meldung vom Dienstag in der FAZ, dass der Senat mit einer Hotelkette über die Anmietung von 22 Häusern verhandelt. Zu einem stattlichen Preis pro Nacht, wie das Frankfurter Blatt erfahren haben will: Von 50 Euro pro Person ist die Rede und 10.000 Betten.
Das sei zu viel, so der Tenor des Berichts. Die rechte AfD sprach postwendend von Steuerverschwendung. Selbst die als besonnen bekannte einstige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John kritisierte die vermeintliche Höhe der Kosten.
Die Verhandlungen gebe es, bestätigte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) am selben Tag. Doch wie die Gespräche ausgehen, sei völlig offen. Er strebe einen Preis von 10 Euro pro Nacht und Nase an.
Nun mag man dieses Ziel des Senators für illusorisch halten angesichts des Drucks auf die Politik durch die schiere Zahl der ankommenden Flüchtlinge: Auch 2016 werden mindestens 50.000 Menschen erwartet. Doch genau deswegen ist eigentlich die Idee, mit einer großen Hotelkette über viele Unterkünfte zu verhandeln, sinnvoll: Man könnte das als Versuch des Senats werten, aus der Defensive herauszukommen und sich auf die Herausforderungen von 2016 vorzubereiten.
Dass weitere Plätze für Flüchtlinge gebraucht werden, ist jedem klar; dass diese Geld kosten, auch. Nun allein aufbauend auf die Forderungen der Hotelkette vor Abschluss der Verhandlungen eine Diskussion über den Zimmerpreis loszubrechen, ist blanker Populismus, der sich nicht nur gegen den Senat, sondern gegen die Flüchtlinge richtet – und zwar gegen alle.
Am Mittwoch deutete sich dann an, dass von der Nachricht noch weniger stimmte: Es gehe, so erklärte die Hotelkette, inzwischen lediglich noch um Verhandlungen über zwei Häuser. Aber reden darüber kann man ja mal.
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