piwik no script img

Das war die Woche in Berlin IDie späte Rache des Herrn Czaja

Der Sozialsenator hatte nie ein stringentes Konzept für die Unterbringung von Flüchtlingen, viele der aktuellen Pannen sind selbst verschuldet.

Hier spielt er mal den Kümmerer: Noch-Sozialsenator Mario Czaja (CDU) Foto: dpa

Am Ende kam zur Unfähigkeit auch noch Pech dazu, so muss man die Bilanz von Sozialsenator Mario Czaja wohl überschreiben. Der CDUler ignorierte erst alle Warnungen vor steigenden Flüchtlingszahlen, später Beschwerden über die intransparente Auftragsvergabe seines Amts an dubiose Flüchtlingsheimbetreiber.

Dann brach seine Verwaltung unter dem Ansturm von Flüchtlingen zusammen und muss Turnhallen großteils bis heute belegen, weil sie nicht imstande war, den Betrieb von Ersatzbauten nach Recht und Gesetz auszuschreiben. Nun kam am Freitag auch noch heraus, dass die neuen Containerdörfer bauliche Mängel haben, sodass ein bereits bezogenes wieder geräumt werden muss.

In gewisser Weise hängt all dies zusammen. Natürlich kann Czaja nichts dafür, dass die Container offenbar Schrott sind. Aber die Notwendigkeit, Containerdörfer aufzustellen, ist auch die Quittung dafür, dass Czaja nie ein stringentes Unterbringungskonzept hatte.

Dessen ungeachtet hat der Senator die Schuld an dem Versagen immer anderswo gesucht. Niemand habe die hohen Flüchtlingszahlen vorhersehen können, hieß es im vorigen Jahr. Und nun: Dieses EU-Ausschreibungsrecht sei einfach zu kompliziert für seine Mitarbeiter.

Dazu Folgendes: Ebenso wenig wie steigende Flüchtlingszahlen, auf die Experten seit Jahren hinweisen, ist die Komplexität von EU-Recht neu. Fitte Kommunen holen sich längst externen Sachverstand, um rechtssicher auszuschreiben. Berlin hat auch hier geschlafen – nicht zuletzt, weil sich Czajas Amt jahrelang gar nicht ums Vergaberecht geschert und fröhlich „freihändig“ Aufträge zum Betrieb von Flüchtlingsheimen vergeben hat.

Dass es ausgerechnet jetzt seine Liebe zur korrekten Ausschreibung entdeckt – wo es primär darum geht, die Flüchtlinge schnell aus den Turnhallen zu bekommen –, scheint wie eine späte Rache Czajas an seinen Kritikern aus der bisherigen Opposition, die die Suppe nun auslöffeln dürfen. Dass die Leidtragenden am Ende wieder die Flüchtlinge sind, hat ihn ja nie interessiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!