Das war die Woche II: Senat mal mit Geschick
Der ausbleibende Protest der Bezirke gegen die Standorte von Flüchtlings-Unterkünften zeigt: Die Einsicht, dass etwas geschehen muss, setzt sich durch.
Dass die Sache einigermaßen geräuschlos über die Bühne gehen würde, war nicht zu erwarten. Zu groß ist normalerweise die Aufregung, wenn es um Unterkünfte für Flüchtlinge geht – not in my backyard, lautet die Standardantwort. Nach diesem Motto schienen auch die Bezirke zu verfahren, als sie mit den Senat um die Standorte feilschten, an denen sogenannte MUFs (Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge) sowie Containerdörfer entstehen sollen.
Noch vor zwei Wochen war das Geschrei groß, als der Finanzsenator eine erste Liste mit Adressen veröffentlichte. Am Dienstag wurde nun eine aktualisierte, nur wenig veränderte Liste bekannt, und aus den Bezirken kam – nichts. Kein Protest, kein Aufstand „besorgter“ Lokalpolitiker, die vor einer „Überforderung“ ihres Wahlvolks warnen, das jetzt „Ausländer“ als Nachbarn bekommt. Stattdessen Bekenntnisse, man wolle selbstverständlich seinen Teil zur Lösung beitragen.
Dieser „Stimmungswechsel“ heißt nicht, dass die Politiker dieser Stadt nun alle begeisterte Anhänger einer Willkommenskultur geworden sind. Aber offenbar macht langsam die Einsicht die Runde, dass man die Realität anerkennen und die Menschen unterbringen muss. Sie können nicht ewig in Turnhallen und Hangars campieren.
Zudem hat der Senat geschickt agiert, indem er Bedenken der Bezirke gegen einzelne Standorte Rechnung getragen hat: In Heckeshorn zum Beispiel wird es doch keine Massenunterkunft mit fast 2.000 Plätzen geben; der Neuköllner Mitmachzirkus kann auch bleiben. Dennoch wird es Opfer geben: etwa die Wagenburg „Kanal“, auf „deren“ Grundstück in Neukölln ebenfalls eine MUF entstehen soll. Andererseits: Ist nicht auch hier mit etwas gutem Willen eine Lösung denkbar? Warum sollten auf 8.000 Quadratmetern nicht alle Platz haben: 20 Wagenburgler und 500 Flüchtlinge?
Ein solches Geeinschaftsprojekt könnte sogar Vorbildcharakter haben und zeigen, dass und wie das Zusammenleben funktionieren kann. Denn daran zweifeln weiterhin viele. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass die demonstrative Zufriedenheit, die Bezirke und Senat nun zur Schau stellen, am Ende auch mit einem Zugeständnis erkauft wurde: Man baut jetzt erst mal mehr Containerdörfer und weniger MUFs.
Offenkundig meinen nicht wenige Lokalpolitiker, Container, die immer nur ein Provisorium sind, könne man den Wählern besser verkaufen. Das aber ist nicht nur integrationspolitisch fatal, sondern auch stadtpolitisch dumm: Nur die MUFs werden, sofern sie wirklich so günstig und komfortabel werden wie versprochen, allen BürgerInnen zu Gute kommen – den neuen und den alten.
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