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Das neue Öko-Prüfzeichen bevorzugt deutsche ProduktePflicht statt Kür

Na endlich! Nach vielen Jahren gibt es ein einheitliches ökologisches Prüfzeichen auf dem Markt. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen der Verbraucher sich in der Öko-Landbauszene auszukennen hatte, um zu wissen, ob das vor ihm liegende Siegel echte Bioprodukte etikettiert. Ab jetzt, so die Vision, können die Verbraucher zugreifen: Wo das Öko-Prüfzeichen drauf ist, ist Bio drin, kein Zögern, kein Suchen.

Eigentlich müssten die Unternehmen bei Bioland, Naturland und wie sie alle heißen das Siegel umgehend neben ihr eigenes pappen. Mit einem einheitlichen ÖPZ können neue Kunden gewonnen werden – und es würde auch eine Barriere für das Wachstum der Biobranche entfernt. Genau das werden sie aber nicht tun. Warum, so die Logik, soll ich ein Siegel annehmen, das nicht meines ist, wenn meine Kunden mich doch kennen? So werden viele Anbieter weiter lieber im eigenen Kundenkreis schmoren, statt die Idee in den Vordergrund zu stellen: die verbraucherfreundliche Kampagne für die Bioproduktion.

Unternehmen, die das Siegel nicht nehmen, haben immer noch nicht begriffen, dass Ökolandbau nicht nur eine Umweltschutzphilosophie ist, sondern ebenso Politik, in der strategisches Verhalten eben manchmal vor Betriebswirtschaft steht. Es geht nicht darum, ein paar erleuchtete Ökos bei der Stange zu halten, sondern Käufermassen zu motivieren, und die wollen es nun mal einfach und bequem. Die klassische Landwirtschaft mit ihren Pestiziden, Massentierhaltung, Monokulturen muss ersetzt werden durch eine umweltschonende Landwirtschaft, sprich Ökolandbau, das ist das Ziel, nicht der fürs eigene Einkommen ausreichende Verkauf. Deswegen sollte das bisher freiwillige ÖPZ Pflicht für alle echten Ökoprodukte auf dem Markt werden.

Zudem sollen mit dem ÖPZ bevorzugt deutsche Produkte ausgezeichnet werden. Nur wenn es keine einheimische Alternative gibt, kann es auch von ausländischen Anbietern beantragt werden. Dabei haben wieder die Verbraucher das Nachsehen – obwohl wir in dem Europa leben, in dem Menschen, die italienische Ökonudeln wollen, diese nicht nur kaufen, sonden auch erkennen können sollten, dass die Teigwaren aus echtem Ökoanbau sind. Politische Visionen kennen keine nationalen Grenzen, das ÖPZ offensichtlich schon. Schade, dass es noch kein weltweites Pflichtzeichen für Ökoprodukte gibt. Wie viel einfacher wäre doch das Leben für uns Verbraucher – und wie viel besser ginge es dem ökologischen Landbau.

Maike Rademaker

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