Das kommt auch: Holsten braut los
Was hätte er auch sagen sollen? Sie „gehören zu Hamburg wie HSV und St. Pauli“ – diesen Vergleich fand Olaf Scholz im Juni 2016 in seinem Redemanuskript vor und gemünzt war er auf die Biersorten Holsten und Astra. Scholz war da noch Erster Bürgermeister am nämlichen Pils- und – inzwischen – Zweitligafußballstandort, und der Anlass für das Statement war ein für ihn freudiger. Der Stadt war es gelungen, den mit Abwanderung liebäugelnden Bierbrauer zu halten. Und dazu hatte man auch gleich noch einen Investor gefunden für die Entwicklung des Geländes, auf dem seit 1879 die Holsten-Kessel standen.
Natürlich gibt’s zu dieser schönen Geschichte das eine oder andere anzumerken: Dass ein paar Jobs eben doch verloren gehen würden, das zeichnete sich ab; auf Zahlen festlegen mochte sich Carlsberg eher nicht. Und was den Stolz angeht: Holsten ist seit 2004 Teil des internationalen Carlsberg-Konzerns, also Hamburger*in nur noch irgendwie. Zuvor bereits wurde das konkurrierende Astra-Pils, das seit 1897 ein paar Kilometer weiter südöstlich im Stadtteil St. Pauli produziert wurde, zusammengeschnurrt zur bloßen Holsten-Marke. Das war für manche*n in der Stadt, um im Bild zu bleiben, als hätte der Fußballverein mit der Raute den mit dem Totenkopf geschluckt.
Und wer konnte vor inzwischen über drei Jahren wirklich garantieren, dass alles klappt, wie man es sich vorgenommen hatte? Der Produktionsbeginn am neuen Standort verschob sich – allerdings nur um ein halbes Jahr. Das ist in der Stadt mit der ewigen Elbphilharmonie-Zitterpartie kaum der Rede wert. Und dass auch Filetgrundstück-Großinvestoren wieder von Bord gehen können: Auch dafür gibt es in Hamburg Beispiele, ein prominentes gar nicht weit weg vom Konzerthaus, im sogenannten Überseequartier.
Am Montag nun wird der neue Holsten-Standort in Hamburg-Hausbruch feierlich eröffnet, und dabei ist neben allerlei Carlsberg-Granden auch Scholz’Amtsnachfolger Peter Tschentscher, ein Sozialdemokrat freilich von ganz anderem Schlag als es einst Gerd Schröder war, der sich 2005 beim Brauereibesuch demonstrativ allen kleinen, Bier trinkenden Männern verbunden gab; ein Pils zischte damals für die Kameras auch – Olaf Scholz.
Am Montag und Mittwoch können sich auch die Bald-Ex-Nachbar*innen informieren, was werden soll, wo nun nicht mehr gebraut wird: Der Bezirk Altona planungsdialogt öffentlich über den Stand der Dinge bei all den neuen Büros und Wohnungen auf dem „Holstenareal“. Alexander Diehl
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