Doller Knall von Holsten

■ Konzern plant Schließung der St. Pauli-Bavaria-Brauerei und Immobiliendeal

Aus unternehmerischer Sicht kommt die Entscheidung sicher nicht überraschend – für den Hamburger Standortsenat ist sie jedoch ein Schlag ins Gesicht. Nur zwei Jahre nach der Übernahme der St. Pauli-Bavaria-Brauerei durch die Holsten-Gruppe plant der Konzern den über 350 Jahre alten Traditions-Braustandort plattzumachen. Das haben sich die Holstenaktionäre auf ihrer Hauptversammlung vor Weihnachten geschenkt. Lediglich ein kleines neues Brauhaus als Touristenattraktion für die Marke „Astra“ soll vielleicht auf dem Terrain erhalten bleiben.

Begründet wird der Kahlschlag mit den Verlusten der Bavaria-Brauerei. „Mit der Marke Astra können wir Geld verdienen – mit der Brauerei nicht“, sagt Holsten-Chef Andreas Rost. Angeblich belaufen sich die jährlichen Defizite auf vier Millionen Mark, vertraute er dem Hamburger Abendblatt an. „Astra ist Kult – nicht die Bavaria – und den wollen wir pflegen“, so Rost. „Wir werden 2002 die Abfüllung auf St. Pauli stilllegen und die meisten Aktivitäten zur Holstenbrauerei nach Altona verlegen.“ Die Biermarke „Ratsherrn“ soll nach Informationen der taz hamburg entweder abgestoßen oder eingestellt werden.

Doch nicht die angeblichen Verluste dürften für die Holsten-Aktionäre Motor der Entscheidung gewesen sein. Das Bavaria-Gelände am Hafenrand soll einen Buchwert von 65 Millionen Mark haben. Angeblich möchte Kiez-Immobilienkönig Willi Bartels das Areal kaufen, um dort ein Gastronomie- und Unterhaltungscenter zu errichten.

Vor Ende 2002 dürften diese Pläne allerdings nicht realisierbar sein. Denn bis zum 2. Januar 2003 besteht für die Bavaria eine Standortgarantie. Die hatte Holsten 1998 beim Kauf der Bavaria von der Stadt für den Spottpreis von 110 Millionen Mark akzeptiert. Der Hamburger Senat hatte aufgrund der zahlreichen massiven Proteste der Bavaria-Belegschaft und den St. Paulianern im Frühjahr 1998 die Bavaria vom maroden Dortmunder Konzern „Brau und Brunnen“ (Dortmunder Union, Schultheiss) übernommen. Ziel dieses Schrittes war es, die 220 Arbeitsplätze durch die Produktion von „Astra“ und „Ratsherrn“ dauerhaft zu sichern. Dafür hatten die Bavarianer Lohneinbußen als „Sanierungsbeitrag“ hingenommen. Magda Schneider