Das bleibt von der Woche (1): Bis zum nächsten Aufschrei

Die junge CDU-Politikerin Jenna Behrends erhebt in einem offenen Brief Sexismusvorwürfe gegen die eigene Partei – und wird zur vermeintlichen Täterin gemacht.

Jenna Behrends (CDU) wehrt sich gegen Sexismus in ihrer Partei Foto: DPA

Was für eine Aufregung zu Beginn der letzten Septemberwoche. Da veröffentlicht die junge CDU-Politikerin Jenna Behrends, gerade frisch ins Bezirksparlament Mitte gewählt, einen offenen Brief, in dem sie harte Sexismusvorwürfe gegen die eigene Partei erhebt: Statt sie als junge Frau zu fördern, würden Gerüchte gestreut, sie habe sich auf ihren Posten „hochgeschlafen“. Am Tag danach folgen Interviews, in denen sie insbesondere Innensenator Frank Henkel scharf angeht: Er habe sie als „große süße Maus“ bezeichnet und einen Parteikollegen gefragt: „Fickst du die?“

Für ungefähr fünf Minuten sind die Sympathien auf der Seite der 26-jährigen Jurastudentin. Dann kippt die Stimmung, und Behrends wird vom vermutlichen Opfer zur vermeintlichen Täterin gemacht: Sie sei selbst schuld, habe sich Männern geradezu „auf den Schoß gesetzt“, ließ Sandra Cegla, Vorsitzende der Frauen-Union Mitte, wissen.

Dass Sexismus ein grundsätzliches Problem ist, und zwar mit Sicherheit nicht nur in der CDU, dürfte kaum überraschen. Was deprimierend ist: wie immer gleich diese Sexismusdiskussionen ablaufen. Am Ende hätte sich die Frau besser die Bluse zugeknöpft („Schlampe!“) und ist selbst schuld, weil sie nicht einfach über einen „Herrenwitz“ – die Journalistin Laura Himmelreich über Rainer Brüderles Dirndlwitz, Behrends über die Maus – lachen konnte.

Am Ende der Woche steht Behrends als zweifelhafte Person da. Auch ihrer politischen Karriere dürfte der Brief eher geschadet haben. Und so zeigt die Behrends-Debatte vor allem eines: Wer als Frau aufschreit, verliert – immer noch.

Die Berliner Frauen-Union will nun eine Arbeitsgruppe Sexismus einrichten. Grundsätzlich, heißt es, wolle man solche Vorfälle künftig „intern“ klären. Mit anderen Worten: Thema erledigt. Bis zum nächsten Aufschrei. Und der ist, so viel ist jetzt schon klar, bitter nötig.

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