Das Portrait: Glänzend orientiert auf der Wüstenpiste
■ Jutta Kleinschmidt
Ihr Name fehlt, wenn alljährlich der Kreis möglicher Kandidatinnen für die Sportlerin des Jahres abgezirkelt wird. Jutta Kleinschmidt, diplomierte Physikerin aus München, leistet dennoch Beachtliches. Sie arbeitet als Rallyefahrerin. Anfang der Woche wußte die französische Sportzeitung L'Equipe über sie zu jubeln: „Hochachtung“.
Die 34jährige Deutsche hatte just als erste Frau eine Etappe der 19. Rallye Paris- Dakar gewonnen. Bei der neunten Etappe der ökologisch durchaus fragwürdigen Veranstaltung durch die „bizarrsten Landschaften“ (eigenlöbliches Versprechen der Veranstalter) des nordwestlichen Afrikas hängte sie in ihrem von ihrem Lebensgefährten Jean-Louis Schlesser konstruierten Buggy die übermächtigen Konkurrenten aus dem Mitsubishi- Rennstall ab: Die Wüstenhatz von Agades nach Oclan schaffte sie „aufgrund der hervorragenden Fahreigenschaften“ ihres Gefährts und ihres „guten Orientierungsvermögens in der Landschaft“ (Kleinschmidt) knapp fünf Minuten schneller als die Etappenzweiten – mit einer Fahrzeit von knapp zweieinhalb Stunden.
Kleinschmidt, die ob ihrer zierlichen Figur bei Rallyebeginn schon mal für ein Groupie eines ihrer männlichen Konkurrenten gehalten wurde, hat sich zeitlebens für alles interessiert, was mit Automobilen zu tun hat. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst als Instruktorin für Fahrerlehrgänge bei BMW. Danach hatte sie offenbar so sehr den Eindruck gewonnen, das Touren- und Fahrergeschäft ebensogut zu beherrschen wie Männer, daß sie sich „auf eindrückliche und unverfrorene Weise“ (Auto Motor Sport) in das Rallyeteam des Millionenerben Sven Quandt empfahl – und ihren Chef bei der Dubai-Tour sogar abhängte.
Ihren Etappensieg hat sie sich nach Meinung von Rallyekollegen redlich verdient, schließlich hat Kleinschmidt schon 1987 mit einem Motorrad am Trip nach Dakar teilgenommen. Danach profilierte sie sich als eine Art Steffi Graf des Rallyewesens: Nahezu jeden Frauenwettbewerb ihres Sports gewann sie.
Als Feministin – wie Anfang der achtziger Jahre ihre französische Kollegin Michèle Mouton – möchte sie sich aber nicht sehen. „Ich bin glücklich“, teilte sie nach ihrem Erfolg mit, aber damit sei auch ihr Ehrgeiz gestillt. Ambitionen auf einen Sieg auch in der Gesamtwertung hegt sie keine: „Nein, daran denke ich nicht.“ JaF
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