Das Portrait: Roma als kirchlicher Märtyrer anerkannt
■ Ceferino Jiminez Malla
Der selig gesprochene Ceferino Jimenez Malla
Eine von der katholischen Kirche seit Jahrhunderten vernachlässigte Gruppe, die Sinti und Roma, haben seit gestern ihren ersten kirchlich anerkannten Märtyrer, den Spanier Ceferino Jimenez Malla. Papst Johannes Paul II. sprach El Pelé, wie Jimenez von den Seinen genannt wird, gestern vor 5.000 aus aller Welt angereisten Sintis und Romas selig.
1861 in einem kleinen Dorf in Nordspanien geboren, hinterließ El Pelé nur wenige offizielle Spuren. Nicht einmal im Taufregister ist er eingetragen. Seine Eltern verschwiegen die Geburt des Sohnes, um dem Neugeborenen den späteren Gang zur königlichen Armee zu ersparen. So überlebte das Andenken von El Pelé, der sich als Pferdehändler in Barbastro in der Nordprovinz Huesca niederließ, nur in den Erzählungen der Gitanos, wie Sinti und Roma in Spanien heißen. Schon zu Lebzeiten war der hochaufgewachsene, stolze Mann in der ganzen Region bekannt. Pfarrer Gabriel Campos Villegas, auf dessen Initiative die Seligsprechung zurückgeht, sammelte ganze Aktenordner von mündlich überlieferten Geschichten über El Pelé. Wo Not herrschte, gab er von dem wenigen, was er besaß, ab, so die überlieferten Erzählungen. Analphabet El Pelé hatte aber auch einen Riecher fürs richtige Geschäft. Er erstand billig Pferde bei der französischen Armee und verkaufte sie auf der anderen Seite der Pyrenäen weiter. Als er 1922 wegen einer besonders gewagten Transaktion verhaftet wurde, versammelten sich Hunderte Gitanos in Barbastro und verlangten die Freilassung ihres Pelé, den sie kurzerhand zum „Bürgermeister aller Nomaden“ erklärten. Die Proteste hatten Erfolg. Sein Sinn für Gerechtigkeit sollte El Pelé dennoch zum Verhängnis werden. 75 Jahre war er alt, als General Franco 1936 gegen die junge spanische Republik putschte. Der Bürgerkrieg entzweite ganze Dörfer und Familien. Das mußte El Pelé am eigenen Leib erfahren, als er am 25. Juli ins Dorf marschierte. Wenige Meter vom Rathaus entfernt sah er, wie eine Gruppe von republikanischen Milizionären einen jungen Priester festnahm: „Mutter Gottes, steh mir bei, so viele Männer gegen einen alleine und dann auch noch unschuldig“, soll er gerufen haben. El Pelé wurde ebenfalls verhaftet und in der Nacht des 2. Mai 1936 als „Faschist“ auf dem Dorffriedhof, den Rosenkranz in der Hand, erschossen verscharrt. Reiner WandlerFoto: AP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen