Das Portrait: Vom Milliardär zum Cowboy
■ Chung Ju-Yung
Chung Ju-Yung, 82jähriger Chef des südkoreanischen Hyundai-Konzerns, zielt jetzt auf seine Heimat Nord- Korea Foto: AP
Mit 501 Rindern von einer Farm des Hyundai-Konzerns ist gestern Chung Ju-Yung per Lastwagenkonvoi über die innerkoreanische Grenze in den Norden gezogen. Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, daß der Gründer und Ehrenvorsitzende des Hyundai-Konzerns einen Rindertreck in das von einer schweren Hungersnot gezeichnete Nord-Korea führt. „Ich bin froh, wieder in Nord-Korea zu sein“, sagte der 82jährige Tycoon, als er die normalerweise unpassierbare Grenze in Panmunjom überschritt.
Chung stammt aus dem nordkoreanischen Dorf Tongchon. Von dort hatte er sich 1933 als 18jähriger gegen den Willen seines Vaters nach Seoul abgesetzt. Die Reise finanzierte er sich durch den Verkauf eines Rindes, das er zuvor seinem inzwischen längst verstorbenen Vater entwendet hatte. Mit dem Geschenk von tausend Rindern versucht Chung nun seine persönliche Schuld zu begleichen.
Doch Nord-Korea reagierte anders als erwartet. Denn als 71 von 500 Kühen der ersten Ladung starben, sprach Pjöngjang von einem Komplott, nahm den Vorwurf allerdings später zurück. Jetzt hat Chung in seinem Treck auch 20 Hyundai-Luxuslimousinen dabei, die wohl die nördlichen Kader besänftigen sollen. Denn Chung hofft bei seinem viertägigen Besuch nicht nur auf ein Treffen mit Nord-Koreas Führer Kim Jong Il, sondern auch auf Fortschritte bei geplanten Tourismusprojekten und anderen Geschäftsvorhaben.
Nord-Korea ist für Chung die letzte große Herausforderung. In der Vergangenheit gelang dem Tycoon fast alles. In Seoul fing Chung als Fahrradbote eines Reisgeschäfts an und übernahm schließlich den Betrieb, als der Boß schwer krank wurde. Er investierte in eine Autowerkstatt, die US-Autos für japanische Kolonialherren reparierte. Nach dem Koreakrieg wurde Chung Bauunternehmer, wobei sich seine Nähe zur US- Army auszahlte. Zum Großkonzern entwickelte sich Hyundai durch Chungs gute Beziehungen zu Süd-Koreas Diktatoren. Die fanden in ihm einen ehrgeizigen Unternehmer, der mit staatlichen Bürgschaften und niedrigen Löhnen den größten Konzern des Landes aufbaute.
Als Chung 1992 selbst zum Präsidentenamt griff, gaben ihm Süd-Koreas Wähler einen Korb. Jetzt hofft er auf mehr Sympathie in Nord- Korea. Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen