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Das Leid der SchlachttiereTierwohl auf der Strecke

Großbritannien verbietet, lebende Schlacht- und Maststiere zu exportieren. Tier­schüt­ze­r sehen das als Vorbild für eine neue EU-Gesetzgebung.

Von wegen gute Reise! Kälber auf einem Lkw-Transport Foto: dpa

Berlin taz | Großbritannien verbietet die Ausfuhr lebender Schlacht- und Masttiere ins Ausland. „Endlich, nach mehr als 50 Jahren unermüdlicher Kampagnen, werden die Exporte lebender Tiere in die Geschichtsbücher verbannt“, äußerte sich die britische Tierschutzorganisation Animal Aid erleichtert zu dem neuen Gesetzestext.

Damit ist Großbritannien das erste Land in Europa, in dem es ein solches Verbot geben wird. Australien hatte am 11. Mai verboten, Schafe zu exportieren.

Auch für Deutschland fordert die Tierschutzstiftung Vier Pfoten ein Verbot von Schlachttiertransporten in Länder außerhalb der EU. „Während der Transporte leiden die Tiere meist unter enormer Hitze oder Kälte, Durst, Hunger, Stress und Angst“, betont Nadine Miesterek gegenüber der taz. Miesterek ist Kampagnenverantwortliche für Tiertransporte bei Vier Pfoten.

Die Organisation setzt sich sowohl für ein nationales Verbot in Deutschland als auch für ein EU-weites Verbot ein. Bis zu den EU-Außengrenzen gelten für den Transport die Tierschutzbestimmungen der EU. Schon die sind laut Vier Pfoten allerdings unzureichend. In Drittstaaten sei die Einhaltung der Bestimmungen nicht mehr kontrollierbar.

Immer noch werden beispielsweise Kühe von Deutschland aus per Lkw und Schiff in Staaten wie Marokko, Algerien und die Türkei gebracht. „Bis zu 300 Stunden quälen sich die Tiere: eine einzige Tortur, die die Transporte zur Höllenfahrt macht“, erklärt Miesterek. In den Zielländern würden sie meist geschlachtet. Eigentlich sollen mit den Kühen Zuchtpopulationen für Milch aufgebaut werden. „Die klimatischen Bedingungen und die Versorgungssituation für deutsche Hochleistungsrassen sind dafür aber nicht geeignet“, beschreibt Miesterek die Lage.

Auch Transporte innerhalb der EU problematisch

Aufgrund des geltenden EU-Rechts seien nationale Einschränkungen von Tiertransporten nur in begrenztem Maße möglich, heißt es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Tiertransporte aus Deutschland in Drittländer werden aber beschränkt, soweit das für Deutschland möglich ist, betont er weiter. Es brauche striktere EU-weite Regeln, für die das BMEL sich einsetzen würde.

Die Organisation Vier Pfoten weist darauf hin, dass auch Transporte innerhalb der EU und Deutschlands problematisch seien. Hier gibt es zwar die Tiertransportverordnung, die die Tiere schützen soll. „Sie ist in der Praxis aber viel zu schwach, „um den Schutz der Tiere beim Transport wirklich zu garantieren“, sagt Miesterek.

Auch innerhalb Deutschlands würden regelmäßig Tiere während der Transporte verenden, zum Beispiel bei zu hohen Außentemperaturen, die zu einem Herz-Kreislauf-Kollaps führen können. Zwei Forderungen von Vier Pfoten sind deshalb eine Beschränkung des Tiertransports innerhalb Deutschlands auf eine maximale Dauer von vier Stunden sowie ein Verbot des Transports bei Außentemperaturen von über 25 Grad Celsius.

Die Tierschutzorganisation Animal Aid hofft, dass das Verbot in Großbritannien als Vorbild für die EU dient. Die EU sei derzeit der größte Exporteur von lebenden Tieren, aber es bestehe die Möglichkeit, „dass ein Verbot im Vereinigten Königreich die Haltung vor den bevorstehenden EU-Wahlen beeinflussen wird“.

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4 Kommentare

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  • Vielen Dsnk für Ihren Artikel! Kälber werden pft über 20 Stunden per Sammelstrllen-Hopping allein in Europa transportiert und dann später weiter in afrikanische Drittstaaten. Da sie noch nicht fressen und nur Muttetmilch trinken können, die auf den Transportern aber meist nicht angrboten wird (sie würde verderben), leiden die Tiere sehr unter Angst, Hunger, Durst und Hitzestress.

    Marocco importiert Rinder vorgeblich zur Zucht, sie werden aber geschlachtet unter Bedingungen, die hierzulande nicht erlaubt sind. Solange Tierschutz dort nicht sichergestellt werden kann (und das ist nicht der Fall, das Gegenteil nachweislich die Regel!), sollten diese Transporte verboten werden. Davon unabhängig sollten vermeidbare Qualen vermieden werden - und diese sind vermeidbar. Fleisch oder Sperma können anstelle lebender Tiere exportiert werden, notfalls könnte man hier mit Kurzzeitbetäubung, durch die das Tier nicht stirbt, schächten. Eine Halal-Zertifizierung ist auch hierzulande möglich.

    Ich selbst verzichte auf Milch, solange die Milch-Kälber behandelt und so qualvoll weit trabsportiert werden!

    • @Petras:

      Eine grundlegende Frage ist meiner Ansicht nach, inwieweit mensch insbesondere den ausgebeuteten Tieren tatsächlich ein Wohl zugestehen und ihre Bedürfnisse (Leben in Sozialgefüge der jeweiligen Tierart, Nahrungssuche, Körperpflege) und ihr Wesen (Bewusstsein, Schmerzempfinden) berücksichtigen möchte. Problematisch sind da sicher Tiertransporte und die Trennung von Kälbern von den Mutterkühen. Bei näherer Betrachtung und Abklopfen nach Widersprüchen/Übereinstimmung sollten mehr Aspekte an der Tierausbeutung kritisch erscheinen, als das von Ihnen genannte. Entsprechend könnte mensch die Ablehnung von Milch- und Fleischkonsum u.a. auf eine breitere Basis stellen.

    • @Petras:

      Übrigens: Was hier erlaubt ist oder nicht, kümmert auch noch lange nicht jeden.



      Bei den hiesigen Gewohnheiten von Kontrolle und Ahndung von Verstößen können sich die Tierleidsgewinnler und Ausbeuter der Arbeitskräfte noch lange beruhigt zurücklehnen, ab und zu mal ein Augenwischerurteil ändert nichts.

    • @Petras:

      Das alles ist den meisten schon seit langem bekannt - gut, dass wir darüber gesprochen haben.



      (Ausnahmsweise: Achtung, Zynismus!)

      Hannes Jänicke bei Maischberger: "Der Mensch ist eine dumme "weibliches Borstentier".



      Und eine Besserung ist nicht in Sicht.