Das Kleingedruckte eines WLAN-Anbieters: Du sollst nicht lügen
Wer sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht durchliest, wird manchmal zur Strafe zum Kloputzen verdonnert.
Es gibt eine bestimmte Sorte von Humor, die unter Grundschulkindern manchmal „Flachwitz“ genannt wird und deren erwachsene Variante wohl am besten mit „Bürohumor“ umschrieben werden kann. Man muss gar nicht in einem „Stromberg“-ähnlichen Arbeitsirrsinn stecken, um diese Witze zu kennen.
Zum Beispiel der mit der Waschmaschine. Sie unterschreiben etwas – sagen wir eine Geburtstagskarte für die Kollegin –, und die Person mit der Karte in der Hand beglückwunscht Sie zu der soeben erworbenen neuen Waschmaschine. Lol.
Die britische Firma Purple bietet öffentliches WLAN an, zum Beispiel für Restaurants, und hatte einen Einfall: Jede Person, die einen ihrer Internethotspots nutzt, erklärt sich dazu bereit, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Also öffentliche Klos putzen und Parks von Hundescheiße befreien. Das stand zwei Wochen lang in ihren AGBs, über 20.000 Menschen stimmten zu. #sofunny
Wollen Sie dieses Programm öffnen? Ja. Haben Sie die Nutzungsbedingungen gelesen? Jaja.
Sascha Lobo schrieb einmal, es sei „die größte Lüge im digitalen Zeitalter“. Sind Sie schon mal Bahn gefahren? Niemand, wirklich niemand liest die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zum Beispiel Bekanntmachung Nr. 48 226/2016 aus den Beförderungsrichtlinien der Deutschen Bahn. Da geht es um das „Edeka Panda Gewinnspiel“ für Bahncard-Kund*innen. Wahrscheinlich nicht so wichtig. Aber auf den anderen 204 Seiten der Beförderungsbedingungen steht bestimmt auch Relevantes. Wahrscheinlich, wer weiß, keine Ahnung, auch egal. Nirgendwo sonst fällt lügen leichter.
AGB von WhatsApp
Dabei ist AGB lesen gar nicht so unspaßig. Bei WhatsApp heißt es zum Beispiel so schön: „Respekt für deine Privatsphäre ist in unseren Genen programmiert“. Das bedeutet: „Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deine sonstigen Kontakte in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen.“
Man kann sie nicht ignorieren, man kann sie nicht ändern oder nur teilweise zustimmen. Offline bleiben ist der einzige Ausweg. Ich hab noch einen: Haben Sie unsere Nutzungsbedingungen gelesen? Manche Witze werden nie alt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben