Das Coverversionen-Duo „Black Shampoo“: Lieder von Glück und Verlust
So herzzerreißend wie -erwärmend: „Black Shampoo“ spielen die Songs von anderen. An Ironie ist das Duo so wenig interessiert wie an Virtuosität.

Nein, es war nicht der Auftakt zum diesjährigen Hamburger Musikfest: Das begann erst Ende April. Aber sein in der halben Stadt plakatiertes Thema grundierte auch schon etwas früher, Ende März, ein Konzert im kleinen Off-Kunstort Hinterconti: Hier, also im schmuddeligeren Teil von Hamburg-St. Pauli, ging es, wie dann später im glitzerfunkelnden Konzerthaus, um: die „Liebe“.
Allerdings nicht ungebrochen: „Es lebe die Misstönigkeit! Es lebe die Liebe!“, so hatten es Black Shampoo in die Einladungen geschrieben (oder schreiben lassen?) zu ihrem überhaupt erst zweiten Auftritt, auf den jetzt am Freitag der dritte folgt (wenn wir in der Zwischenzeit keinen verpasst haben).
Black Shampoo, das ist ein Duo mit Kunsthochschul-Hintergrund: Simone Scardovelli ist ansonsten Fotografin und Illustratorin mit einigen wirklich großen Auftraggebenden. Nun – mit 50, so wurde es draußen erzählt – singt sie im Sitzen und spielt: angejahrtes Casio-Keyboard, Klanghölzchen, Frequenzglas und sogar Querflöte.
Daneben, auch sitzend: Alexander Rischer, ebenfalls Fotograf, Fotografie-Lehrender, forschender Künstler, in dieser Zeitung zuletzt als Filmemacher erwähnt; ferner Besitzer eines kleinen Bestands exquisiter Gitarren und als Teil etwa der längst verblichenen „herzzerreißenden Liedgutsammler“ Cardiophon vergleichsweise konzertbühnenerfahren.
Konzert: Freitag, 14. 7., 21 Uhr, Hamburg, Westwerk
Die beiden nun spielen „zwei knappe Hände voll Coversongs“, von Morissey/The Smiths, Felt, Townes van Zandt oder auch Tuxedomoon/Martin L. Gore/Nouvelle Vague („In a manner of speaking“): Lieder von Glück und Verlust und beider Nähe also, anrührend und ohne sonderliches Interesse an irgendwelchem Virtuositätsgehuber in Szene gesetzt; nicht zu verwechseln mit irgendwelcher längst wieder zur Pose erstarrten Ironie. Nein, hier lassen sich zwei aufs Traurige des Materials ein und zugleich sein Tröstliches, mit offenem Visier und vollem Ernst und dabei lächelnd.
Im März, im schmuddeligen Teil von St. Pauli, wurden irgendwann Tarotkarten gezogen, temporäre Tattoos und Outfits aus einem nahen Kiezladen enthüllt, reichlich Glitter flog. So was gab es beim Musikfest ganz sicher nicht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!