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Das Attentat auf Charlie HebdoMa vie en Charlie

Unsere Autorin leitete die deutsche Ausgabe von „Charlie Hebdo“. Heute trauert sie um die toten Kol­le­g:in­nen – und hadert mit Charlie von heute.

Bild: Burkhard Fritsche

Schneebedeckte Alpengipfel auf 3.200 Meter Höhe. Dieses Foto wird mir am 7. Januar als automatisch generierte Erinnerung auf meinem Handy angezeigt. Trügerische Idylle. Das Jahr 2015. Aufgenommen habe ich es mit zitternden Beinen mitten im Urlaub, der hier jäh enden sollte. Ich arbeitete damals frei fürs Newsfernsehen, und nun hatte ich zwei Stunden in ­einer Telefonschalte Fragen zur Terrorgefahr in Frankreich beantwortet.

Soeben waren die Redaktionsräume der Satire­zeitung Charlie Hebdo von zwei Islamisten gestürmt worden. Kalaschnikow, Allahu akbar, viele Tote, die Täter auf der Flucht, pure Angst. Hinter mir der unberührte Schnee, vor mir die neue, die blutige Realität.

10 Jahre nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo

Am 7. Januar 2015 drangen zwei Islamisten in die Redaktionsräume vom Satire-Magazin Charlie Hebdo ein und erschossen 12 Menschen. Was genau ist passiert? Dieser Text zeichnet den Terroranschlag und die Folgen nach. Er ist Teil eines Schwerpunkts, in dem die taz auch auf die Auswirkungen auf Meinungsfreiheit und den Umgang mit Humor und Satire blickt.

Seitdem denke ich, wie viele in Frankreich, in einer anderen Zeitrechnung: vor und nach Charlie Hebdo. In den ersten Stunden und Tagen war da für mich eine „Lage“, die journalistisch gecovert, beschrieben, erklärt und eingeordnet werden musste.

Am 11. Januar stand ich mit 1,5 Millionen trauernden Menschen auf den Straßen von Paris, berichtete über die Dutzende angereisten Staats- und Regierungschefs und über ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, mit dem man Hass und Terror die Stirn bieten wollte. Ich ahnte nicht, dass es der Beginn einer beispiellosen Serie islamistischer Anschläge werden sollte. Und ich ahnte nicht, dass für mich der Satz „Je suis Charlie“, den ich damals skandierte, einige Zeit später einen ganz neuen Klang bekommen sollte.

Pseudonym und Panikraum

Anderthalb Jahre später, im Sommer 2016, saß ich in einem Pariser Res­taurant. Mir gegenüber der neue Charlie-Chef, der Zeichner Riss, einer der schwerverletzten Überlebenden des Attentats. Es war ein ungewöhnliches Vorstellungsgespräch, eingerahmt von mehreren bewaffneten Polizisten. Wir scherzten über Deutsche, schauten in ein paar Charlie-Exemplare, schwadronierten über Karikaturen und Übersetzungen, waren ziemlich planlos, aber neugierig, ob solch ein Experiment gelingen könnte.

Plötzlich war ich die Chefredakteurin der deutschen Ausgabe von Charlie Hebdo, und am 1. Dezember 2016 erschien die erste Nummer. Ich entschied mich für ein Pseudonym, denn außerhalb der Redaktionsräume wollte ich mich frei bewegen, anonym und damit ungefährdet bleiben. Bald schon ging mir „Minka Schneider“ problemlos von den Lippen, und nur die anderen deutschen Übersetzer:innen, der Lektor und Grafiker, die alle aus der Ferne mit­arbeiteten, wussten, wer hinter dem Namen steckte.

Gewöhnt hatte ich mich auch an die aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen an jenem unbekannten Ort, den es offiziell gar nicht gab und der so gut geschützt war, dass ein erneuter Anschlag in den Redaktionsräumen nahezu unmöglich erschien. Beim Betreten der Redaktion, beim Mittagessen im Res­taurant, auf Reportagereisen: Waffen waren allgegenwärtig. In dem eigens konstruierten Panic Room, einem hermetisch abgeschlossenem Raum mit Stahltür, fand ab und an ein Probealarm statt. Einmal sangen wir hier zusammengepfercht „Joyeux anniversaire“ für Riss.

Und da sind die Toten, die fehlen und allgegenwärtig sind. Das hätte Charb gefallen, sagte Riss manchmal. Sie erzählten davon, wie Tignous häufig Stifte mitgehen ließ und Cabu angeblich sogar in seiner Hosentasche zeichnen konnte

So wie damals am 7. Januar findet auch heute noch jeden Mittwoch zur gleichen Zeit die Redaktionskonferenz statt. Irgendjemand hat immer Croissants dabei, irgendwer ist immer besonders gut oder besonders schlecht gelaunt. Es wird leidenschaftlich gestritten, mitunter gerungen. Über Themen, Haltungen, Schwerpunkte. Und Humor. Worüber lachen wir und über wen? Aber nicht erst seit dem Attentat, sondern schon seit 2006, nach der Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen, schwebte der islamistische Terror wie ein Damoklesschwert über der Redaktion.

Die Vergangenheit vergeht nicht

Ab 2015 dann feierte der IS in Frankreich fette Jahre. Die Liste wurde stetig länger, von Nizza über Dutzende kleinere Attacken bis zu viel beachteten Gräueltaten wie der Enthauptung des Lehrers Samuel Paty. Getötet, weil er seinen Schülern Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte, was den Hass von Fa­na­ti­ke­r:in­nen auf sich zog. Vieles aus diesen Jahren wird nach und nach juristisch verhandelt und landet als gezeichnete Prozessreportage wieder im Blatt. Charlies Vergangenheit vergeht nicht. Sie ist nur mal mehr, mal weniger aktuell.

Und da sind die Toten, die fehlen und allgegenwärtig sind, weil man auch für sie weitermacht, ihre Werke neu herausgibt, in Texten an sie erinnert. „Das hätte Charb gefallen“, sagte Riss manchmal. Sie erzählten davon, wie Tignous häufig Stifte mitgehen ließ und Cabu angeblich sogar in seiner Hosentasche zeichnen konnte. Wir, die Nachgerückten, spürten stets eine Grenze zu einem kollektiven Trauma, das uns ausschloss. Neue, junge Zeich­ne­r:in­nen wurden engagiert, um in Fußstapfen zu treten, die viel zu groß und respekteinflößend waren. Immerhin schienen sie anfangs freier und unbefangener auf die Welt zu blicken.

Bild: Dorthe Landschulz

Wenn ich heute die große rote Plastikkiste mit 54 Ausgaben von Charlie en allemand hervorhole, die jede Woche genau 24 Stunden nach dem Original erschien, dann sehe ich viel Martin Schulz, Angela Merkel, Putin, Erdoğan, Trump, Macron oder Marine Le Pen. Wir fuhren nach Deutschland, machten Interviews und Reportagen, die als Zeichengeschichten auch ins französische Blatt kamen. Ein Wahnsinnspensum für dieses einmalige Printpresse-Experiment mit Leuten, die Tag und Nacht an nichts anderes dachten als an diese Aufgabe.

Heute, zehn Jahre später, schaue ich mir mit Unbehagen und meist nur in den sozialen Medien ihre Karikaturen an. Ich sehe typische Charlies – der berühmte Pipi-caca-Humor, wie wir auf Französisch sagen. Nackig, frivol, provozierend, krass. Es trifft Monsieur le Président bien sûr und seine wechselnden Regierungen. Es geht naturellement um die Rechtsextremen, Charlies Evergreens, Le Pen und Co. Kürzlich waren zeichnerische Anleihen an den Mazan-Prozess ein Aufreger: Gisèle Pelicot, die einen Weihnachtsbaum mit abgeschnittenen Hoden dekoriert.

Feldzug gegen den Islam

Abgestoßen reagierten viele auf eine Karikatur von Charlie-Zeichnerin Coco, die Libération abdruckte und die einen Jungen im Gazastreifen zeigt, der ausgehungert eine Ratte jagt, aber – es ist Ramadan – von seiner Mutter ermahnt wird, damit bis zum Sonnenuntergang zu warten. Coco erhielt daraufhin Morddrohungen, Charlie stellte sich an ihre Seite, und ganz Paris diskutierte wieder über das, was man sagen, was man zeichnen kann. Eigentlich ist ja alles wie immer. Hart an der Grenze des guten Geschmacks und mitunter auch darunter. Darf man das? Ja. Muss man das gut finden? Nein.

Aber es gibt noch etwas, das mich stört. Charlie hat sich seit einigen Jahren auf die Linksaußenpartei La France Insoumise und ihren Anführer Jean-Luc Mélenchon eingeschossen. Ein permanentes Dauerbashing wegen der angeblichen Sympathien für die Terror­organisation Hamas und einen allgemein herrschenden Antisemitismus? Ja, natürlich. Bei Charlie zählt man sich zur laizistischen Linken, die Trennung von Staat und Kirche ist heilig. Doch mittlerweile wirkt dieser unerbittliche Feldzug mit dem Zeichenstift mitunter wie ein Feldzug gegen den Islam. Das Lebensthema von Charlie seit dem Überleben vor zehn Jahren.

Für eine Zeitung zu arbeiten, die unfreiwillig zum weltweiten Symbol der Meinungs­freiheit wurde, bedeutet nicht automatisch, auf der richtigen Seite zu stehen

Wenn ich heute gefragt werde, ob ich noch Charlie bin, dann sage ich deshalb: Ja, ABER. Bei Charlie hat das Aber jedoch keinen Platz mehr. 2025 genauso wenig wie 2015. Damals, so mittendrin, mit Kolleg:innen, die zu Freun­d:in­nen wurden, sah ich vieles, was in der Welt geschah, durch die Charlie-Brille. Im Elfenbeinturm, hinter Stahltüren, mit Polizisten scherzend, fiel mir nicht auf, wie die einst so anarchische Zeitung selbst zum Teil einer Meinungselite geworden war, die sich nicht mehr über alles, sondern häufig über das Gleiche lustig macht und die nicht dazu beiträgt, dass linke Kräfte im Land zueinanderfinden, um die etablierte Ordnung zu überwinden.

Abschied in die Freiheit

Für eine Zeitung zu arbeiten, die unfreiwillig zum weltweiten Symbol der Meinungsfreiheit wurde, bedeutet nicht automatisch, auf der richtigen Seite zu stehen. Heute macht es mir Charlie schwer, noch Charlie zu sein, auch wenn mich am Jahrestag des Anschlags eine große Traurigkeit überkommt und ich der toten Kol­le­g:in­nen gedenke, die ich nie kennen lernen durfte.

Nach einem Jahr wurde die deutsche Ausgabe wieder eingestellt. Die Redaktion hatte den Aufwand, der mit einer zweiten Zeitung einherging, unterschätzt, und in Deutschland war Charlie eben doch nur ein Ding für ein paar tausend Nerds. So hieß Minka wieder Romy, doch mein Kopf war noch lange ein irres Gewirr aus Sprechblasen, Buchstaben, Zeichnungen und ausgelassenem Gelächter. Aber ich war wieder frei. Fast so wie auf 3.200 Metern über schneebedeckten Alpengipfeln.

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16 Kommentare

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  • Nein, wer ernsthaft behauptet, die Funktion einer Satirezeitschrift sei, die politisch korrekten Kräfte "zueinander zubringen" hat wirklich nichts mit Charlie Hebdo gemein.

  • Zu erwähnen ist auch die einzigartige Form von „Charlie Reporter”: eine gezeichnete Reportage. Hierbei geht es nicht um Humor, sondern um Dokumentation. Unvergesslich die Seiten über Polen, über eine Notfallaufnahme in Paris, die Prozessberichterstattungen über die Attentäter von 2015, Mazan (Gisèle Pelicot), oder die Hintermänner des Mörders von Samuel Paty. Die Aussagen der Beteiligten im Spiegel des Blicks der Zeichner, die einem das Prozessgeschehen näher bringen als jede andere Erzählform. Reportagen, die treffgenauer sind als es ein Dokumentarfilm je sein kann.

    Dazu kommt der hervorragende journalistische Teil und die Kolumnen in Charlie.

    Das Edito von Riss, ein brillanter Kopf, dessen unabhängige Sichtweise immer wieder einen anderen Blick öffnet auf das tagesaktuelle Geschehen. Recherchen zu Themen außerhalb der gewöhnlichen Berichterstattung: Reportagen über Hexenverbrennungen in Nigeria, Zensur in amerikanischen Buchverlagen, die Frage was ist Humor u.v.a.m. Einen festen Platz haben die Umweltrecherchen von Fabrice Nicolino.

    Wer gut genug französisch kann, der oder dem empfehle ich ab und zu mal eine Prise Gedankenfreiheit zu nehmen, auch wenns in der Nase brennt.

  • Romy Straßenburg scheint an dem Punkt angekommen zu sein, den die Karikatur von Dorthe Landschulz großartig karikiert:



    Verharmlosung von Verbrechern, um ja niemandem auf die Füße zu treten - sei er noch so menschenverachtend wie Irans Mullahs.



    Islamismus mit dem Islam gleichzusetzen - es werden Islamisten durch den Kakao gezogen - ist nicht grenzwertig, sondern einfach nur falsch.



    Über Geschmack lässt sich streiten, über Meinungsfreiheit nicht.

    • @e2h:

      Beides stimmt:



      Islamisten verhöhnen wie alle Fanatiker mit unguten Auswirkungen.



      Dabei sie nicht größer machen, indem man sie mit allen Muslimen in einen Topf zeichnet.

  • "mittlerweile wirkt dieser unerbittliche Feldzug mit dem Zeichenstift mitunter wie ein Feldzug gegen den Islam."



    Kann nur schreiben, wer Islam und Islamismus sowie Religionskritik und Rassismus nicht auseinanderhalten kann. Charlie kann das.

  • Erinnerung an 4 der Cartoonisten

    www.flickr.com/pho...72157650166766342/

  • Ich glaub der Burkhard Fritsche hat sich verschrieben, da sollte wohl "Großartig" statt "Grenzwertig" unter dem Titelcomic stehen xD.

  • Nebenpunkt: Im voraufgeklärten Christentum wurden "Ketzer" hingegen zumeist durch Feuer "gereinigt".



    Köpfen ist hingegen die Strafe bei feineren Menschen für Kapital(!)-Verbrechen.



    Hauptpunkt: Man kann zugleich gegen Hamas' und Netanyahus Untaten sein und zeichnen. Gegen die Unmenschlichkeit von ungehemmter Macht sowieso. Charlie Hebdo wird dabei wohl immer an die Grenze des Geschmacks gehen und uns auch so zum Nachdenken bringen.

  • "Doch mittlerweile wirkt dieser unerbittliche Feldzug mit dem Zeichenstift mitunter wie ein Feldzug gegen den Islam."

    Das kommt zumindest Leuten so vor, die meinen, der Islam sei besonders schutzwürdig. Ist er nicht. CH legt nur den Finger in eine schmerzhafte Wunde.

    • Romy Straßenburg , Autorin des Artikels,
      @Markus Weber:

      Es geht darum, dass 10% der französischen Bevölkerung muslimischen Glaubens (oder zumindest nach muslimischer Tradition) leben. Diese Bevölkerung ist sowieso schon strukturell diskriminiert - hat schlechteren Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt und wird stigmatisiert. Dies wird leider allzu wenig thematisiert - und dabei geht es nicht um Sympathie mit Fundamentalisten, sondern darum, eine Minderheit zu sehen und ihre Probleme. Die französischen Eliten reproduzieren sich selbst - und das schließt leider Teile der Bevölkerung aus. Ein konstruktive linke Politik müsste dem Rechnung tragen. Und ein linkes Magazin könnte das auch.

  • Starker Text. Als ich die erste deutsche Ausgabe im Kiosk sah, wusste ich sofort, dass das eine kurze Sache werden würde. Die Deutschen haben ja schon Titanic, die Ostdeutschen Eulenspiegel. Der Humor ist ein überschaubares Gelände, wo nur einzelne herausstechen (Max Goldt, Rattelschneck, Guido Sieber).

    Ich habe die Charlie gekauft und in meine WG mitgenommen. Dort haben wir sie ungefähr eine Woche lang am Küchentisch gelesen, beim Frühstücken reingekrümelt, mit Butterfingern umgeblättert. Irgendwann lag sie dann auf dem Klo. Wir haben keine neue Ausgabe gekauft. Hat sich also auch bei uns nicht etabliert. Schade irgendwie. Aber erwartbar.

    • Romy Straßenburg , Autorin des Artikels,
      @Feodor Fiorina:

      Schade schade, denn in den weiteren Ausgaben haben wir vielen deutschen Zeichner:innen Platz geboten und sind von einer Übersetzung immer mehr zu einem eigenständigen Blatt geworden. Und das, was die Leute, die an Bord waren, geleistet haben, ist in der Pressegeschichte und in den deutsch-französischen Beziehungen einmalig. Aber klar, wir hätten vieles auch anders angehen können und den französischen Humor zu transportieren, ist ein wirklich schwieriges Unterfangen. Lieber Gruß, Romy

  • Die Islamisten hatten vollen Erfolg.

    Nahezu alle Islam-Kritiker, und da sind nur noch ganz wenige von übrig, stehen seit Jahren 24 Stunden am Tag unter massivem Polizeischutz. Kritische wissenschaftliche Islam-Analysen finden in nahezu keinen Medien statt. So manche mutige Zeitgenossen geben auf wenn ihnen der arabische Taxifahrer zum Abschluss der Fahrt zumurmelt: "Jetzt wissen wir wo du wohnst".

    Einen Teil dieser Nicht-Analyse schiebe ich auf sympathisierende "progressive" Postkolonialisten, in Frankreich sagt man wohl Islamo-Gauchisten dazu. Einen anderen Teil vermute ich mal sehr stark, geht auf Angst zurück, die sich europaweit beobachten lässt.

    Die Zeitungen langweilen. Rechtsextreme werden massiv verdammt, doch sobald diese arabisch sprechen, hält man den Mund (ein Joke, den ich bei Sascha Lobo im SPIEGEL abgeschrieben habe, ein wirklich mutiger, kraftvoller, intelligenter Typ).

    Charlie Hebdo hat sich auf Linksaußenpartei La France Insoumise und ihren Anführer Jean-Luc Mélenchon eingeschossen?

    Was sonst? Man denke nur an die antisemitische Hetze von Rima Hassan. Das hält man nicht aus. Die LFI profitiert enorm davon. Für Frankreich ein beispielloser Absturz.

  • Als wir Kinder waren, gab es Kommunisten im Exil aus Lateinamerika, arabischen Ländern und Griechenland. Selbstverständlich waren diese Menschen säkular, atheistisch und fortschrittsgläubig. Charlie Hebdo ist ein Relikt aus dieser Zeit, als man an nichts glauben musste und alle Autoritäten verspotten durfte. Im Westen, in den demokratischen Gesellschaften, engagiert man sich auch heute noch gegen den Einfluss der Religion, für ein wissenschaftliches Verständnis (zuletzt gegen die Verschwörungstheorien der Impfgegner), für die Rechte von Frauen und LGBT. Ob das genau so ist, wenn es um andere Kulturen geht, ist nicht mehr selbstverständlich. Genau dafür ist die France Insoumise mit ihrem systematischen Bündnis mit dem politischen Islam ein Sinnbild, inklusive Kampf für das Recht auf Verschleierung der Frauen. Man kann natürlich aus wahltaktischen Gründen sagen, nein, die France Insoumise soll man nicht kritisieren. Man kann aber auch hoffen, dass irgendwann der regierungsfähige, demokratische Teil der französischen Linken sich nicht mehr dem Kamikaze-Kurs der France Insoumise aus Total-Boykott und Regierungssturz unterwirft. Und etwas mehr säkulare Tradition schadet auch nicht.

  • Peinlich. La France Insoumise hat nicht angeblich, sondern tatsächlich immer wieder den Hamas-Terrorismus verharmlost, heruntergespielt und gerechtfertigt. Nicht nur "Charlie", sondern jeder, dem es Ernst ist mit Ablehnung von Antisemitismus, Terrorismus und religiös motiviertem Rechtsextremismus, sollte dieselbe Haltung einnahmen wie "Charlie".

    • @yohak yohak:

      Sehr richtig.



      Und nur die beharrlich Denkfaulen sortieren solche politischen Kräfte nach wie vor unter "links" oder "progressiv" ein.