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Dalai LamaRot-Rot gibt sich weltlich

Der Dalai Lama besucht Berlin. Zur Tibet-Kundgebung wird die Prominenz der Stadt erwartet. Nur die rot-rote Koalition bleibt fern. Wowereit lässt Grußbotschaft verlesen. Linke fehlt ganz.

Der Dalai Lama besucht am Montag Berlin. Bild: ap

Eine einseitige schriftliche Grußbotschaft, die vor Ort vom Moderator verlesen wird. Mehr Engagement hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) für den Dalai Lama nicht übrig. Wenn das geistliche Oberhaupt der Tibeter heute zu seinem eintägigen Berlin-Besuch eintrifft, wird ihn Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zum Gespräch empfangen. Zur Solidaritätskundgebung am Brandenburger Tor wird der Tibeter von den Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus begrüßt. Allerdings nur von der Opposition aus Grünen, CDU und FDP. Die Regierungskoalition aus SPD und Linkspartei bleibt der Veranstaltung ebenso fern wie der Bürgermeister selbst.

Offiziell heißt es aus dem Senat, man habe bislang keine offizielle Terminanfrage erhalten. Sollte der Dalai Lama einen Termin wünschen, werde man sich nicht verweigern, ließ der Bürgermeister über seine Sprecher verlauten. Das sieht der Grüne Fraktionschef Volker Ratzmann ganz anders: "Der Regierende Bürgermeister duckt sich weg. Dabei vergibt er die Chance für Berlin, in der Menschenrechtsfrage Flagge zu zeigen."

HEILIG UND EILIG

Der Dalai Lama landet in Tempelhof und bleibt nur einen Tag. Zunächst trifft er die Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Das Volk bekommt ihn zwischen 16 und 18 Uhr vor dem Brandenburger Tor zu Gesicht. Bei der von der Tibet Initiative Deutschland (TID) veranstalteten Solidaritätskundgebung sprechen u. a. Heiner Geißler und Tilman Zülch von der Gesellschaft für bedrohte Völker. Mit einem Gebet und einer Schweigeminute wird der Opfer der Unterdrückung in Tibet gedacht, 3.000 Luftballons steigen zum Himmel auf. Nach Konzerten von 2Raumwohnung, Wir sind Helden und der tibetischen Sängerin Ani Choyling u. a. wird der Dalai Lama selbst sprechen. Prominente wie Hannelore Elsner und Christoph Schlingensief verlesen Grußbotschaften - auch die vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Parallel haben chinesische Gruppen insgesamt zehn Demonstrationen in der Innenstadt angemeldet. Das LKA rechnet aber nicht mit Ausschreitungen. Dem Dalai Lama, der mit zwei Leibwächtern reist, wird die niedrigste Sicherheitsstufe zugedacht. In Berlin leben rund 6.000 Chinesen und 40 bis 50 Tibeter.

Ratzmann ist einer von vier Politikern, die bei der Kundgebung in einem kurzen Appell das Ende der tibetischen Unterdrückung und die Freilassung von Dissidenten fordert. Neben den Fraktionskollegen von CDU und FDP wird auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler sprechen. Nur die Regierungsparteien glänzen durch Abwesenheit.

"Wir hätten es sehr begrüßt, Vertreter aller Parteien dabeizuhaben", sagt Gudrun Henne von der veranstaltenden Tibet Initiative Deutschland. Der Regierende habe seine Absage nicht begründet. "Vermutlich", sagt Henne, "will er seinen Besuch bei den Olympischen Spielen und die Beziehung zur Partnerstadt Peking nicht gefährden." Bei der Linkspartei, deren Wirtschaftssenator Harald Wolf gerade in China weilt, gibt man sich zugeknöpft: Man werde den Dalai-Lama-Besuch bei der heutigen Vorstandssitzung "ausführlich diskutieren", sagte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. Bisher sei dafür keine Zeit gewesen. Im Übrigen habe sich die Linkspartei auf Bundesebene eindeutig zu den Menschenrechten positioniert.

Das reicht nicht, findet die frühere Kultursenatorin Adrienne Goehler. "Den Dalai Lama nur mit einer Grußbotschaft willkommen zu heißen, riecht nach parteipolitischer Taktik", sagte sie der taz. "Das ist keine Haltung, die Wowereit an den Tag legen müsste. Der Dalai Lama ist schließlich nicht irgendwer." Auch Julius Schoeps, Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, versteht die Haltung des Regierenden nicht. Der Dalai Lama sei eine moralische Instanz. Jeder müsste ihn empfangen, auch Klaus Wowereit, sagte Schoeps. "Natürlich verstehe ich, dass deutsche Politiker auf China Rücksicht nehmen müssen. Aber es irritiert mich, mit welcher Angst an dieses Thema herangegangen wird.

Inzwischen scheint der Berliner SPD zu dämmern, welchen Imageschaden die mickrige Grußbotschaft angerichtet hat. Laut Gerüchten will der Fraktionsvorsitzende Michael Müller direkt vom Urlaub doch noch aufs Podium eilen. Ob er auf den letzten Metern noch Gesellschaft von der Linken-Fraktionsvorsitzenden Carola Bluhm bekommt, wird sich zeigen.

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