Dänische Zeitung mit Flüchtlingsausgabe: Schreiben statt beschrieben werden
Die dänische Zeitung „Information“ lässt in einer Sonderausgabe Flüchtlinge schreiben. Sie stellen Fragen, die sonst zu kurz kommen.
Am vergangenen Freitag veröffentlichte die linke dänische Tageszeitung Information eine Flüchtlingsausgabe, in der die Texte auf allen 48 Seiten von Geflüchteten geschrieben wurden. Darin argumentierte Zach Khadudu, Flüchtling aus Kenia, warum es in diesem Jahr eigentlich gar keinen Friedensnobelpreis hätte geben sollen. Den Literaturpreis für die weißrussische Autorin Swetlana Alexijewitsch würdigt Mustafa Ismail, der nicht nur syrischer Flüchtling in Dänemark ist, sondern ein bekannter kurdischer Poet.
Aufmacher der Ausgabe war ein Text der aus dem kurdischen Teil des Irak stammenden Lawja Jawad Mohammadi über eine oft unterbeleuchtete Konsequenz des Flüchtlingsstroms: Was passiert mit denen, die zurückbleiben? „Drei Viertel der Flüchtlinge aus dieser Region sind junge Männer. Die Frauen zahlen einen hohen Preis für deren Flucht.“ Die Autorin hat mit mehreren von ihnen gesprochen. Darüber, wie es ist, hochschwanger verlassen zu werden und den Ehemann nie mehr wiederzusehen.
Darüber hinaus erschien ein Erfahrungsbericht, was ein Jahr im dänischen Asyllager mit den Menschen macht, und ein Text darüber, wie der IS seinen Krieg mit dem illegalen Handel mit Kulturgütern finanziert.
„Wir hören sie ja sonst zu selten und sporadisch“, begründet Information-Chefredakteur Christian Jensen die Initiative: „Für Politiker sind Flüchtlinge nur ein Problem, das so schnell wie möglich gelöst werden soll. Und die meisten haben es am liebsten, wenn sie den Betroffenen dabei nicht in die Augen schauen müssen.“ Zwei Wochen lang arbeitete die Redaktion mit den Flüchtlingen zusammen, half, die Artikel zu redigieren und zu übersetzen. Abgesehen davon, dass bei der Redaktionskonferenz die neuen Mitarbeiter mit am Tisch saßen, sei es eigentlich wie immer gewesen, so Jensen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!