Dänemarks Gründe für Fehmarnbelt-Tunnel: Schneller nach Hamburg

Dänemark will sein Zentrum näher an die zentraleuropäischen Wirtschaftsräume rücken. Der Fehmarnbelt-Tunnel soll dabei helfen.

Ein Fährschiff und eine Baustelle im Meer

Die Fähre nach Fehmarn im August Foto: Marie Odgaard/Ritzau Scanpix/reuters

KIEL taz | „Schneller am Ziel – näher zusammen“: Mit diesem Slogan wirbt die dänische staatliche Projektgesellschaft Femern A/S für den Bau des Tunnels zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn. Ein Projekt der Superlative – es geht um den längsten Absenktunnel der Welt, eines der aktuell größten Bauprojekte Europas und mit rund elf Milliarden Euro Kosten eines der teuersten.

Während in Deutschland rund 12.600 Einsprüche gegen die Pläne eingingen, will Deutschlands nördlicher Nachbar die Anbindung. In den vergangenen Jahren sendete Dänemark oft Signale der Abschottung: Das Reich der Königin Margrethe verwehrte Geflüchteten die Einreise, führte an der Autobahn bei Flensburg Grenzkontrollen ein und baute einen 70 Kilometer langen Zaun durch Felder und Wiesen, um Wildschweine abzuwehren. An anderer Stelle aber soll sich ein Tor weiter öffnen: Mit der festen Querung über die Meerenge zwischen Lolland und Fehmarn will Dänemark sein wirtschaftliches und politisches Zentrum, das auf der Ostseeinsel Seeland liegt, dichter an die zentraleuropäischen Wirtschaftsräume heranrücken. „Mit dem Zug fahren Sie künftig in rund zweieinhalb Stunden von Hamburg nach Kopenhagen“, wirbt Femern A/S. Heute dauert die Fahrt fast doppelt so lange. Auch Warentransporte per Lastwagen sollen beschleunigt werden. Im Jahr 2030 könnten täglich rund 12.000 Fahrzeuge auf Straßen und Schienen durch die Tunnelröhren rollen, erwarten Befürworter*innen des Projekts.

Seit Langem träumt Dänemark von dem schnellen Weg nach Deutschland. Aus dänischer Sicht ist es eine logische Route: Seit 2000 verbindet die Öresundbrücke Dänemark mit Schweden. Um die Linie Stockholm–Kopenhagen nach Hamburg zu verlängern, wünscht sich Dänemark die feste Verbindung. Seit den 90er Jahren gibt es Gespräche darüber, im Jahr 2008 unterschrieben Deutschland und Dänemark einen Staatsvertrag, seither laufen die Planungen in Dänemark auf vollen Touren. Auf Lolland ist bereits ein Arbeitshafen entstanden, die Bauarbeiter*innen warten ungeduldig darauf, loslegen zu können. Dänemark trägt den größten Teil der Kosten, über sieben Milliarden Euro.

Für Deutschland viele Nachteile

Das Problem: Mehr Verkehr – jede neue Straße erzeugt neuen Verkehr, auch wenn Kritiker*innen die Zahlen der Befürworter*innen für übertrieben halten – bringt auf deutscher Seite fast nur Nachteile. Lärm und Staus belasten die Orte des Hinterlands, auf der Ferieninsel Fehmarn könnten Tourist*innen ausbleiben. Die Natur, vor allem die geschützten Riff-Biotope unter Wasser und die Herden der Schweinswale, leiden unter dem Bau und den Folgen. Die Fährlinien, die bisher Waren und Menschen zwischen Fehmarn und Lolland transportierten, werden deutlich weniger Schiffe auslasten können, auch wenn sie ihre Fahrten nach heutigem Stand nicht einstellen werden. Um alle diese erwarteten Nachteile und Schäden ging es bei den Klagen, über die in Leipzig beraten und die letztlich abgewiesen wurden.

Die Grünen halten den Bau für übertrieben und hätten ihn am liebsten gestoppt

Vor allem die Fragen des Umweltschutzes standen im Mittelpunkt des Verfahrens. Die Kieler Landespolitik hatte erwartet, dass das Projekt unter anderem wegen des Riffschutzes Auflagen bekommen würde. Gerade die Grünen, die mit CDU und FDP in einer Jamaikakoalition regieren, hätten das begrüßt: Sie halten den Bau für übertrieben und hätten ihn am liebsten gestoppt. Doch die Proteste aus Schleswig-Holstein zählen wenig gegen den gemeinsamen Beschluss der Staatsregierungen in Berlin und Kopenhagen – das machte das Leipziger Gericht deutlich.

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