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DNA-Analyse für die StrafverfolgungStigmatisierung verbieten

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Erweiterte DNA-Analysen sollte man nicht pauschal verurteilen. Aber ihre Zuverlässigkeit müsste erstmal sichergestellt werden.

Sollen bei der Fahndung weiterhelfen: menschliche Chromosome Foto: ap

D ie Pläne der neuen Justizministerin Christine Lambrecht werden noch für viel Diskussionen sorgen. Künftig sollen Tatortspuren eines mutmaßlichen Täters auch auf Hautfarbe, Alter und andere Merkmale untersucht werden können.

Vor allem die Hautfarbe ist umstritten. Denn nützlich für die Fahndung ist nur eine ungewöhnliche Hautfarbe. War der Täter wahrscheinlich hellhäutig, ist dies in Deutschland meist kein allzu interessanter Hinweis. Ein dunkelhäutiger Täter ist dagegen die Ausnahme. Also ist die Information polizeilich relevanter.

Das allein spricht aber noch nicht gegen die neue Methode. Denn natürlich darf die Hautfarbe für Fahndungszwecke genutzt werden. Wenn ein Zeuge einen Dunkelhäutigen gesehen hat, kann die Polizei diese Information nicht ignorieren..

Es wäre kontraproduktiv, wenn eine Technik nur deshalb abgelehnt würde, weil mit ihrer Hilfe auch äußere Merkmale eines Menschen festgestellt werden können. Dies würde nur zum Vorwurf führen, bestimmte Gruppen würden gezielt vor Strafverfolgung geschützt.

Falls die Ermittler die neue Technik anwenden, müsste sich auch nicht automatisch eine Öffentlichkeitsfahndungen anschließen. Die Polizei könnte das Testergebnis auch erst einmal als Informationen für die nicht-öffentlichen Ermittlungen nutzen. Wenn sich aus einem Fasergutachten ergibt, dass der Täter vermutlich einen blauen Pullover trug, steht das am nächsten Tag auch nicht in der Zeitung.

Bedenklich wäre aber, wenn die Feststellung der wahrscheinlichen Hautfarbe des Täters regelmäßig zu Massen-Gentests in der jeweiligen Gruppe führen würde. Es kann nicht sein, dass jedes Mal, wenn ein Täter schwarze Hautfarbe hat, alle schwarzen Männer der Gegend zum Gentest aufgefordert werden.

Hauptkritikpunkt ist aber die bisherige Kommunikation über die erweiterte DNA-Analyse. Hier wird viel zu sehr der Eindruck erweckt, dass die neue Methode verlässliche Ergebnisse liefert. Immer wieder heißt es aus Polizeikreisen, so könne die Zahl der möglichen Täter „eingeschränkt“ oder „eingegrenzt“ werden. Das stimmt eben nicht. Die Technik liefert nur Wahrscheinlichkeiten. So können „blonde Haare“ nur mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Die Gesetzgebung kommt wohl einfach noch zu früh. Hier soll eine offensichtlich unausgereifte Technik eingeführt werden. Und zwar nicht, weil sie polizeilich erforderlich ist, sondern weil es in bestimmten Kreisen chic erscheint, die Hautfarbe für Fahndungszwecke zu nutzen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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10 Kommentare

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  • Jede Datenbank die angezapft wird diskriminiert die jenigen die erfasst sind aber nicht der Täter waren, also meist 99,9 % der in den Datenbank erfassten. Die nicht erfassten sind ja außen vor und in dieser Logik vor Diskriminierung gefeit.

    Die Art und Weise einer Datenerfassung sowie die Nutzung von Datenbanken für wen oder was ist dann grundsätzlich zu bewerten.



    So wie ich das sehe geht es meist um Ausschluss von Tatverdächtigen um dann auf den richtigen zu schließen.



    In dieser Logik ist das für mich daher akzeptabel, da dann bei den sowieso meist weißen Tätern alle dunkelhäutigen Menschen außen vor sind. In der (Gewalt-) Kriminiltätsstatistik sind dunkel und hellhäutge Menschen gleich verteilt auch daher ist das nicht diskriminierend.

  • ...irgendwann kommen dann die Pflicht-Genanalyse von jedem Bürger und es kann ganz easy mit der Datenbank abgeglichen werden und voilà wir haben die Identität des Täters!

    Wem das jetzt doch als gute Idee erscheint, dem empfehle ich dringend den Film "Gattacca"

    • @Schrauberlehrling:

      Ich bin nicht sicher ob ich das falsch verstehe, aber genau das ist die Realität. DNA spüren werden mit einer Datenbank abgeglichen und bei einem Treffer hat man den Täter. Die Datenbank jetzt besteht halt von Leuten die vorher aufgefallen sind.

      In dem Artikel geht es nur darum die Informationen die evtl. durch die Tests ermittelbar sind für eine tätersuche zu benutzen. Eine Datenbank ist nicht im Gespräch.

      • @Struppi:

        Das Problem ist noch ein anderes. Polizeien diverser Bundesländer, besonders aber in Bayern, führen Schattendatenbanken. Ganz konkret: die Datensätze werden auf USB-Sticks geladen und im Schreibtisch gebunkert. Da kommt kein Datenschutzbeauftragter dahinter.



        Diese Daten werden natürlich nicht Gerichts-verwertbar. Aber man kann es als "Kommissar Zufall" tarnen.



        Im Übrigen werden immer wieder Personen genötigt, "freiwillig" Speichelproben abzugeben, auch wenn es dazu keine richterliche Anordnung gibt. Besonders interessiert sind die Staatsschutz-Kommisariate...

      • @Struppi:

        Nun, ich gebe z ich habe meine Gedanken weiterschweifen lassen wie der Inhalt des Artikels es zulässt...

        Thematisch zwar noch verwandt, aber wie du sagst, nicht Bestand des Artikels. Sorry dafür!

        Nur soviel noch: bei der jetzigen Datenbank ist halt der springende Punkt _wodurch_ man auffallen muss damit man darin landet?



        Ich habe die Befürchtung dass das irgendwann ausgeweitet wird und in einer totalen Überwachung bishin zur DNA-Ebene führt.



        Wer Wissen und Mittel hat wird sich dem immer entziehen können, aber erstmal steht dann jeder unter Generalverdacht.



        Die Vision behagt mir gar nicht :/

  • Zitat: "Hier soll eine offensichtlich unausgereifte Technik eingeführt werden. Und zwar nicht, weil sie polizeilich erforderlich ist, sondern weil es in bestimmten Kreisen chic erscheint"

    Diesen Satz darf man bitte 1:1 für die Gesichtserkennung übernehmen!

  • Neben der Zuverlässigkeit ergibt sich auch das Problem, dass dann weitere Merkmale in den Datenbanken von Polizei etc. gespeichert werden (müssen), um Abgleiche bei zukünftigen Tests zu ermöglichen.

    Das nimmt - nach den Fingerabdrücken auf dem Chip-Ausweis - immer größere Ausmaße an.

  • »Hier soll eine offensichtlich unausgereifte Technik eingeführt werden. Und zwar nicht, weil sie polizeilich erforderlich ist, sondern weil es in bestimmten Kreisen chic erscheint, die Hautfarbe für Fahndungszwecke zu nutzen.«, heißt es im Artikel zum Schluss. Danke für diese Info und die Hintergründe, Herr Rath! Ich bin kein Mediziner oder Biologe, aber wenn DNS-Analysen nur Wahrscheinlichkeiten liefern, dann ist ihr Einsatz für die Fahndung zumindest fragwürdig. Kommt dieser Vorschlag ursprünglich aus der rechten Ecke? Es scheint so. Die Regierung sollte den Vorschlag umgehend zurückweisen.

    Im Übrigen: Ich verstehe nicht, wieso in letzter Zeit in deutschsprachigen Texten so oft von DNA statt von DNS (DesoxyriboNukleinSäure) die Rede ist. In »Desoxyribonukleinsäure« kommt kein einziges A vor. Wieso wird Säure mit A abgekürzt? Das wäre doch Englisch: acid. S und A sind auf der Tastatur benachbart und das S liegt sogar zentraler als das A. Das ist für mich ziemlich unverständlich. Am Tippen kann es jedenfalls kaum liegen. Eine Verwechslung mit Domain Name Service oder Domain Name Server, beide auch DNS abgekürzt, scheidet aufgrund des Kontextes aus, denn bei Desoxyribonukleinsäure geht es in aller Regel nicht ums Internet. Vielleicht erscheint die Anglisierung in bestimmten Kreisen einfach als chic.

    • @ReiPar:

      Troll-Diskussion!

      Ganz einfache Antwort: Englisch ist die Wissenschaftssprache der Biologie geworden und die bezeichnung DNA wird schon verwendet, seitdem über die Möglichkeiten zur Identifikation von Personen diskutiert wird. Das war schon deutlich bevor der Eröffnung des WWW und daher war Domain Names Server noch kein bekannter Begriff.

  • Die DNA-Analyse sollte wieder ganz verboten werden!

    Tatsächlich hat diese Methode mehr Schaden als Nutzen gebracht. Als Fahndungsmittel war sie einige male erfolgreich, aber immer um den Preis, dass mengen Unschuldiger in ihren Rechten eingeschränkt wurden. Denn "Freiwillig" ist nicht freiwilli. Das hat mir so ein Polizist direkt ins Gesicht gesagt. Wer sich "drückt", macht sich verdächtig, und schxxß auf die Gesetzeslage!



    DAS ist die Realität.



    Außerdem ist Realität, dass irre Gen-Datenbanken angelegt werden. Und maßlos vile Proben an tatorten genommen werden, die das gar nicht rechtfertigen. Das"Phantom von Heilbronn" ist derklare Beweis dafür.