DIE NÄCHSTE RUNDE IM NAHOSTKONFLIKT GEHT WIEDER AN DIE RADIKALEN: Auch Scharon will kein Palästina
Es klingt spekulativ, aber es ist wahr: Wäre Benjamin Netanjahu der israelische Ministerpräsident und Ariel Scharon sein Herausforderer, wir hätten mit Sicherheit fast das gleiche Ergebnis bei der Abstimmung im Zentralkomitee der Likud-Partei gehabt. Nur die Rollen der beiden Kontrahenten wären vertauscht. Denn beide Politiker sind sich in der Ablehnung eines palästinensischen Staates einig. Der Unterschied besteht nur darin, dass Ariel Scharon sich an der Macht befindet und Netanjahu nach ihr trachtet.
Gewiss ist das Votum gegen die Errichtung eines palästinensischen Staates nicht der Strohhalm, der das Kamel zu Fall gebracht hat. Der Traum der Palästinenser von Souveränität und Unabhängigkeit steht nicht unmittelbar vor der Erfüllung. Ariel Scharon selbst betrachtet diese Frage momentan als irrelevant. Der Beschluss hat jedoch politische und psychologische Effekte.
Die Likud-Ppartei hat dem Friedensangebot, das am Sonntag von Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien wiederholt wurde, eine klare Absage erteilt. Die Offerte war ein deutliches Signal gegen Selbstmordanschläge in Israel, die ohne die aktive Mitwirkung der arabischen Länder nicht zu verhindern sind. Diese aber können mit „Likud-Beschlüssen“ nicht die antiisraelische Stimmung in ihren Ländern eindämmen. Von dieser Situation profitieren auch die Radikalen auf arabischer Seite. Sie fühlen sich bestätigt: Likud scheint zu belegen, dass der Weg zur politischen Macht nur durch Radikalität und Verachtung der elementarsten Rechte der anderen Seite geht.
Politisch ist Israel nun manövrierunfähig. Sein Verhältnis zu den USA, die sich zum ersten Mal in ihrer Geschichte für einen palästinensischen Staat aussprachen, ist gestört. Für die US-Bemühungen, eine internationale Friedenskonferenz einzuberufen, ist die israelische Ablehnung eines palästinensischen Staates fatal. Die Gefahren, dass das Beispiel von Benjamin Netanjahu Schule macht, versprechen dem Nahen Osten keine friedlichen Zeiten. ABDEL MOTTALEB HUSSEINI
Freier Journalist aus dem Libanon; lebt in der Eifel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen