DFL-Debatte über Investor: Verkauf der Zukunft
Die Deutsche Fußball Liga will im Mai über die Beteiligung eines Investors entscheiden. Der Deal steht auf wackligen Beinen. Die Fans äußern Unmut.
„Zu ihrer Suche gibt es leider keine Ergebnisse.“ Diese Nachricht erhält man, wenn man auf der Website der Deutschen Fußball Liga (DFL) das Wort Investor eingibt. Kurios. Nichts wird in den vergangenen Wochen in der DFL heißer diskutiert als die Frage, ob man sich auf Investoren und deren Geschäftsinteressen einlassen soll. Am Montag war Bewerbungsschluss. Seit Dienstag berät nun das Präsidium und der Aufsichtsrat der DFL darüber, welches Angebot am lukrativsten ist und wie das Geld unter den Vereinen verteilt werden soll.
Die DFL will neues Kapital, um insbesondere die Gesamtvermarktung im Ausland zu verbessern. Man sieht sich im Hintertreffen zur den großen Ligen in Europa. Vor allem bei der Digitalisierung möchte man Fortschritte erzielen. Mit dem frischen Geld soll den Vereinen auch die Möglichkeit gegeben werden, in neue Spieler zu investieren, um eine größere sportliche Attraktivität zu schaffen.
Von sechs sogenannten Private-Equity-Unternehmen weiß man, die der DFL sofort zwei bis drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen würden, um dann im Gegenzug dafür an zukünftigen Gewinnen der nationalen und internationalen Medienvermarktung beteiligt zu werden. Von mindestens 12,5 Prozent für eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren ist die Rede. Der Verkauf der eigenen Zukunft etabliert sich als Geschäftsmodell im internationalen Fußball. Die spanische Fußballliga hat bereits vor zwei Jahren elf Prozent ihrer Einnahmen für die folgenden 50 Jahre verkauft und dafür etwa 2,67 Milliarden Euro vom luxemburgischen Finanzunternehmen CVC zur Verfügung gestellt bekommen.
CVC zählt neben Advent, Blackstone, Bridgepoint, EQT und KKR zu den Interessenten, die bei der DFL mit einem Angebot vorstellig geworden sind. Dass die Deutsche Fußball Liga bislang die Investorendebatte vorzugsweise hinter verschlossenen Türen führt, hat mit der gespaltenen Stimmungslage der Vereine zu tun. Eine Zweidrittel-Mehrheit unter den 36 Klubs bräuchte es für den Investorendeal. Mitte Mai soll auf einer DFL-Mitgliederversammlung entschieden werden.
Suche nach Kompromissen
Um die notwendigen Stimmen zu erhalten, dürfte der Geldverteilungsschlüssel eine entscheidende Rolle spielen. Die Vorstellung des FC Bayern München etwa, gemäß der Bundesligatabelle den Besten auch das meiste Geld zukommen zu lassen, dürfte kaum mehrheitsfähig sein, leidet der sportliche Wettbewerb und damit die Vermarktung doch schon seit Jahren an der Zementierung ungleicher Verteilung von Gelderlösen. Die Suche nach Kompromisslösungen dürfte in vollem Gange sein.
Seit Anfang April schaltet sich die aktive Fanszene immer sicht- und vernehmbarer in die Debatte ein. Auch am vergangenen Spieltag demonstrierten etwa die Anhänger von Borussia Dortmund auf der Stehtribüne ihren Unmut über das geplante Investorengeschäft und die positive Haltung ihrer Vereinsführung dazu. In einem offenen Brief wandte sich das Bündnis „Südtribüne Dortmund“ sowie das Fanzine „Schwatzgelb“ an das Präsidium.
Sie erinnerten an den noch nicht lange verabschiedeten Grundwertekodex der Vereins, mit dem der geplante Investoreneinstieg in die DFL nicht vereinbar wäre. Darin bekenne sich der Klub etwa dazu, sämtliche Spiele „auf dem jeweiligen Verbandsgebiet“ auszutragen. Die Erfahrung anderer Ligen, die sich auf Private-Equity-Unternehmen eingelassen haben, zeige aber, dass aufgrund des Investoreneinflusses dann zur Gewinnmaximierung auch Spiele ins Ausland verlegt werden. Die spanische Supercopa wurde beispielsweise im Januar in Saudi-Arabien ausgetragen.
Und die Fans erinnerten daran, dass Borussia Dortmund vor zwanzig Jahren aufgrund eines solchen Geschäftsmodells mit einem Investoren um die eigene Existenz bangen musste. Der Protest aus den Fankurven dürfte in den nächsten Wochen weiter an Wucht zunehmen. Die Investorendebatte hat nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine fußballkulturelle Dimension.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs